Kinderbetreuung immer noch Frauensache? Die Stadt München als Arbeitgeberin wird Vorreiterin bei Equal Care!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Beppo Brem, Mona Fuchs, Dr. Hannah Gerstenkorn, Judith Greif, Gudrun Lux, Marion Lüttig, Angelika Pilz-Strasser, Julia Post (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Kathrin Abele, Barbara Likus, Christian Müller, Lena Odell, Dr. Julia Schmitt-Thiel, Micky Wenngatz (SPD/Volt-Fraktion) vom 15.3.2021
Antwort Personal- und Organisationreferent Dr. Alexander Dietrich:
Der oben genannte Stadtratsantrag fordert die LHM auf, ein Konzept zu erarbeiten, um die Beschäftigten – Frauen wie Männer gleichermaßen – in Betreuung und Pflege zu unterstützen. Ziel ist es, die ungleiche Aufteilung von Care-Arbeit bei ihren Beschäftigten aufzuweichen und gerechte Aufteilung der Care-Arbeit zu erreichen beziehungsweise zu unterstützen.
Hierzu soll eine Umfrage unter den Beschäftigten der LHM durchgeführt werden, die keine zusätzlichen finanziellen Mittel benötigt. Das Personal- und Organisationsreferat erarbeitet aus den Ergebnissen und Erfahrungen anderer Kommunen Maßnahmen zur Neubewertung und Neuverteilung von Care-Arbeit und nimmt diese in die nächsten Leitsätze zur Gleichstellung von Männern und Frauen auf.
Zudem wird das POR aufgefordert, den jährlich stattfindenden Projekttag im Jahr 2022 zum Thema „Gender“ und zur Verteilung von Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern sowie zur Frage von Entlastungsmöglichkeiten von Eltern und Pflegenden zu konzeptionieren.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Erledigung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag können wir Ihnen jedoch Folgendes mitteilen:
Das Thema Care-Arbeit (Sorgearbeit) und die Verteilung zwischen den Geschlechtern ist durch die Corona-Krise weiter in den gesamtgesellschaftlichen Fokus gerückt. Frauen verbringen täglich deutlich mehr Zeit mit Sorgearbeit als Männer (Vergleiche: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): Frauen und Männer in Deutschland, August 2020). Dass sich diese Verteilung auch unter den Beschäftigtender Landeshauptstadt München widerspiegelt, zeigen erste Erkenntnisse der im letzten Jahr unter den Beschäftigten durchgeführten Umfrage zum Thema Home-Office. So wurde festgestellt, dass sich – wie im Antwortschreiben auf die Stadtratsanfrage vom 25.11.2020 beschrieben – deutlich mehr Frauen zur Betreuung von Kindern oder Angehörigen mit Pflegebedarf während des ersten Lockdowns freistellen ließen oder die Arbeitszeit reduziert haben.
Die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist im Gleichstellungskonzept der Landeshauptstadt München seit langem als wichtiges Ziel verankert. Das bestehende Unterstützungsangebot bei der Betreuung von Kindern und Angehörigen mit Pflegebedarf wird kontinuierlich weiter ausgebaut, um eine gute Work-Life-Balance der Mitarbeiter*innen zu ermöglichen. Die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern ist dabei ein Aspekt der stets Berücksichtigung findet.
Die anhaltende Corona-Krise mit ihren mannigfaltigen Herausforderungen für Arbeitgeberin und Beschäftigte hat deutlich gemacht, dass in der betrieblichen Gleichstellungsarbeit insbesondere die Verteilung der Sorgearbeit und die eventuell durch ungleiche Verteilung entstehenden Benachteiligungen in den Blick genommen werden müssen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Beschäftigten weiterhin gut fördern zu können. Als größte Kommune Deutschlands kann die Landeshauptstadt München hier Vorreiterin beim Thema Equal Care werden und zusätzlich ein Signal im gesamtgesellschaftlichen Kontext setzen.
Bereits im Antwortschreiben auf den Stadtratsantrag Nr. 20-26/A 00377 – Auswirkungen von Corona bedingter Freistellung und reduzierter Arbeitszeit auf die Karrieren in der Stadtverwaltung darstellen – der Stadtratsfraktion Fraktion Die Grünen – Rosa Liste vom 20.8.2020 haben wir erklärt, dass die Arbeitgeberin unter den Beschäftigten eine Studie durchführen will, um zu ermitteln, welche Auswirkungen die stärkere Übernahme von Sorgearbeit auf die Karrieren der Beschäftigten der Landeshauptstadt München hat und wie Nachteile gegebenenfalls durch die Arbeitgeberin ausgeglichen werden können.
In dieser Studie sollen Aspekte abgefragt werden, die aufgrund der Nähe zur Thematik des aktuellen Stadtratsantrags hier ebenfalls eine Rolle spielen. Im Zuge der bereits laufenden Arbeiten der Stabstelle Betriebliche Gleichstellung – Demografie – Interkulturelle Öffnung (POR - P5.02) in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt wurde geprüft, inwieweit es methodisch möglich, sowie hinsichtlich der sinkenden Teilnahmebereitschaftder Beschäftigten bei zeitlich eng hintereinander folgenden Befragungen sinnvoll ist, eine für beide Themenkomplexe umfassende Umfrage durchzuführen. Dabei wurden auch Synergieeffekte bei Fragebogenerstellung, Studiendurchführung und der Vermittlung des Untersuchungszwecks festgestellt.
Aus den genannten Gründen werden wir beide Themen in einer Onlinebefragung zusammenführen. Fragen, die in der stattgefundenen Umfrage zum Thema Home-Office bereits eruiert wurden, werden Außen vor gelassen. Die im Stadtratsantrag vorgeschlagenen Fragen fließen überwiegend in den gesellschaftspolitischen Teil der Befragung ein. Wegen der großen Anzahl an zu Befragenden wird im ersten Schritt die Zielgruppe der Beschäftigten mit Corona bedingter Freistellung oder reduzierter Arbeitszeit im Herbst diesen Jahres befragt, um die Kriterien der benötigten Vergleichsgruppe zu identifizieren und erste Ergebnisse zu erhalten. In einem zweiten Schritt werden dann die verbleibenden und gegebenenfalls auch die Beschäftigten ohne Zugang zum städtischen Netz sukzessive zur Teilnahme eingeladen. Mit dieser Vorgehensweise soll eine hohe Beteiligung und Akzeptanz des Umfragethemas gesichert werden.
Die Auswertung der Befragung erfolgt großteils durch die Stabstelle POR – P 5.02 in Kooperation mit dem Statistischen Amt. Anschließend werden die Erkenntnisse genutzt, um im Rahmen der Leitsätze zur Gleichstellung von Männer und Frauen 2022 die bestehenden Konzepte zur Unterstützung bei Betreuung von Kindern und Angehörigen mit Pflegebedarf zu ergänzen. Sofern es für die Landeshauptstadt München in ihrer Funktion als Arbeitgeberin möglich ist, werden außerdem Maßnahmen entwickelt, die eine positive Neubewertung der Sorgearbeit und deren geschlechtergerechte Verteilung fördern. Dabei wird sowohl die Erfahrung anderer Kommunen einbezogen als auch im Speziellen die Situation der alleinerziehenden Beschäftigten in den Blick genommen. Mit der Gleichstellungsstelle der Bundesstadt Bonn wurde bereits Kontakt aufgenommen.
Bereits im Zuge der Fragebogenerstellung aber auch im gesamten Studienverlauf erfolgt ein Austausch mit der Gleichstellungsstelle für Frauen. Ebenso wird der Gesamtpersonalrat, der bereits im Rahmen des Stadtratsantrags vom 20.8.2020 in die Arbeiten eingebunden ist, sowie der Datenschutzbeauftragte des POR über die Zusammenlegung der Untersuchungsthemen in einer Befragung informiert.
Des weiteren wird das Personal-und Organisationsreferat den im Antrag enthaltenen Vorschlag, den jährlich stattfindenden Diversity-Tag im Jahr2022 unter das Motto „Gender“ zu stellen, umsetzen. Die Themen „Verteilung der Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern“ sowie „Entlastungsmöglichkeiten für Eltern und Pflegende“ werden in die Konzeption aufgenommen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.