Bodenvorratspolitik I: Münchner Stadtanleihe zur Finanzierung von Vorkaufsrechten und für die finanzielle Grundausstattung eines Bodenfonds
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 23.6.2021
Antwort Stadtkämmerer Christoph Frey:
In Ihrem Antrag vom 23.6.2021 führen Sie Folgendes aus:
„Der Stadtrat möge beschließen, einen neuen Social Bond in der Höhe von bis zu 300 Millionen Euro zu emittieren, um die Ausübung von Vorkaufsrechten zu finanzieren und die finanzielle Grundausstattung für den Bodenfonds sicherzustellen. Wie durch den erfolgreichen Social Bond 2020 soll damit bezahlbarer Wohnraum erhalten werden.
Begründung
‚Die Landeshauptstadt München hat als erste europäische Großstadt im Jahr 2020 erfolgreich eine Münchner Stadtanleihe als sogenannten Social Bond emittiert‘ – so schreibt es die Kämmerei in ihrer Finanzinformation im April 2021. Schon zwei Stunden nach der Eröffnung wurde die Kauf- möglichkeit geschlossen und das Ordervolumen der Stadtanleihe mit rund 630 Millionen Euro mehr als fünffach überzeichnet. Durch die Anleihe konnte unter anderem ein großes Vorkaufsrecht für 90 Millionen Euro in der Plinganserstraße in Sendling finanziert werden. Knapp 300 bezahlbare Wohnungen wurden dadurch erhalten. Die Stadtanleihe hat eine positive Wirkung auf die Einhaltung der Nachhaltigkeitsziele und wurde mehrfach prämiert, u.a. mit dem mtn-i Award. Die Kämmerei äußert sich durchwegs positiv in ihrer Analyse der Anleihe.
Im Gegensatz zu den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag von Grün-Rot, Vorkaufsrechte konsequent zu nutzen, stimmte die Regierungskoalition in den letzten Monaten vermehrt gegen den Schutz von Mieter*innen. Dies hat zum einen zur Folge, dass die Betroffenen durch Mieterhöhungen und Entmietungsstrategien aus ihren Wohnungen vertrieben werden. Zum an- deren wird durch die Nicht-Nutzung des Vorkaufsrechtes die Abwendungserklärung geschwächt. Nur durch das konsequente Ausüben von Vorkaufsrechten kann ein weitgehender Mieter*innenschutz gewährt werden. Wenn Grün-Rot aufgrund der momentan angespannten Haushaltslage von ihren Überzeugungen abrücken, müssen alternative Wege gefunden werden, um den Schutz von Mieter*innen zu gewährleisten. Als teuerste Stadt des Landes können wir nicht zulassen, dass weiter in großem Stil bezahlbarer Wohnraum verloren geht. Stadtanleihen können dies verhindern.“Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 23.6.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Die Refinanzierung getätigter Investitionen über „Social Bonds“ ist grundsätzlich möglich und bleibt eine unter mehreren Möglichkeiten der Mittelbeschaffung neben der Eigenfinanzierung, der Aufnahme von Förderdarlehen, klassischer Kommunalkredite, der Emission von sonstigen Anleihen oder Schuldscheindarlehen im Rahmen der Gesamtdeckung des Haushaltes. Die Auswahl der Finanzierungsinstrumente trifft die Stadtkämmerei als zuständiges Fachreferat im Rahmen ihres Verwaltungshandelns als laufende Angelegenheit – die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen – unter kommunalrechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten.
Angelegenheiten der laufenden Verwaltung obliegen dem Oberbürgermeister, der diese im Rahmen der Geschäftsverteilung an die Referatsleitung der Stadtkämmerei zur Erledigung übertragen hat. Nach Beschlussfassung des Stadtrates über die Höhe der Kreditermächtigung wird die Stadtkämmerei ermächtigt und beauftragt, Mittel im Rahmen des in der Haushaltssatzung bzw. Nachtragshaushaltssatzung festgesetzten und rechtsaufsichtlich genehmigten Betrags zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen entsprechend dem Liquiditätsbedarf als Fremdkapital aufzunehmen, Anschließend ist es dann eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung, den Zeitpunkt und die Modalitäten (Struktur, Laufzeit, Kommunalkredit, Förderdarlehen, Stadtanleihe, etc.) festzulegen.
Über die Ausübung von Vorkaufsrechten in Erhaltungssatzungsgebieten entscheidet der Stadtrat der Landeshauptstadt München im Einzelfall. Eine Vorratsaufnahme an Fremdfinanzierungsmitteln für zukünftige Ankäufe mittels eines zertifizierten Social Bonds ist unzweckmäßig, da weder die Ausübungen von Vorkaufsrechten in Erhaltungssatzungsgebieten zum Emissionszeitpunkt mehrheitlich durch den Stadtrat beschlossen noch eine konkrete Veranschlagung im städtischen Haushalt erfolgt ist.Eine Refinanzierung beschlossener und getätigter Ankäufe (investiver Anteil) im Nachgang ist u.a. auch über einen Social Bond möglich, sofern die Voraussetzungen einer entsprechenden Zertifizierung erfüllt werden. Das Mindestvolumen für Anleiheemissionen beträgt in der Regel 100 Millionen Euro. Ein Social Bond als alternativer Weg stellt aber keine Finanzierung außerhalb des städtischen Haushalts dar, da auch für die ausgegebenen Bonds die Stadt als Schuldner in der Haftung steht und dies einer Kreditaufnahme wirtschaftlich und kommunalrechtlich gleich kommt. Bei einer angespannten Haushaltslage erweitert daher auch die Ausgabe eines Social Bonds nicht den finanzpolitischen Handlungsspielraum.
Ich möchte Sie um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen bitten und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.