Digitales Bürgerengagement ermöglichen – Vereine durch zentrale Plattform-Lizenz entlasten
Antrag Stadtrats-Mitglieder Leo Agerer, Sabine Bär, Fabian Ewald, Alexandra Gaßmann, Hans Hammer, Heike Kainz und Dr. Evelyne Menges (CSU-Fraktion) vom 24.3.2021
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Zu Ihrem Antrag kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Digitale Mitgliederversammlungen waren für Vereine auch vor der Pandemie zulässig, sofern sie in der Satzung vorgesehen waren.
Während der Pandemie wurden durch das „Gesetz zu Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie“ für viele Vereine vorübergehende Erleichterungen geschaffen, u.a. die Möglichkeit der virtuellen Mitgliederversammlung oder Vorstandssitzung oder der Verschiebung von eigentlich zwingend vorgeschriebenen Wahlen und Versammlungen auf einen Zeitpunkt nach der Pandemie. Diese Ausnahmeregelungen liefen Ende 2021 aus und wurden im Spätsommer 2021 durch das Aufbauhilfegesetz bis 31. August 2022 verlängert.
Danach können digitale Mitgliederversammlungen wie vorher nur durch entsprechende Festlegung in der Satzung zugelassen werden. Diese müssen entweder in der Satzung explizit vorgesehen sein oder in der Satzung muss bezüglich der Durchführung auf eine Geschäftsordnung, die Näheres regelt, verwiesen werden.
Voraussetzung für eine virtuelle oder hybride Mitgliederversammlung sind selbstverständlich eine gründliche rechtliche und praktische Vor- und Nachbereitung sowie ein Telefon- oder Videokonferenz-Tool und ein rechtssicheres Abstimmungsverfahren.
Einen guten Überblick über rechtliche Grundlagen, Möglichkeiten und Fallstricke gibt es bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt1.Dieses Angebot wird von der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement aktiv über muenchen.de/engagiert-leben und den Newsletter BE kommuniziert.
Für Videokonferenz-Tools existiert ein großer Markt. Nutzer*innen haben hier im Verlauf der Pandemie nach den jeweilig priorisierten Anforderungen eigene Vorlieben entwickelt. Die Systeme werden entweder kommerziell oder gemeinwohlorientiert betrieben.
In München steht mit Freifunk Meet2 für Vereine ein kostenfrei nutzbares, datensparsam arbeitendes Videokonferenztool, das ehrenamtlich betrieben wird, zur Verfügung. Dieses und andere Systeme werden von Organisationen und Vereinen nach ihren jeweilig priorisierten Bedarfen genutzt.
Im Hinblick auf Abstimmungssysteme ist die Entscheidung für eine bestimmte Software von der Mitgliederanzahl und von der Bedeutung der Beschlussfassungen abhängig. Was für eine Organisation viel zu überdimensioniert ist, reicht anderen nicht zur Sicherstellung geheimer Abstimmungsgänge.
Einige Verbände haben ihren Mitgliedsorganisationen Lizenzen und Support zur Verfügung gestellt.
Es existieren Plattformen, die für kleine Veranstaltungen, z.B. bis 50 Teilnehmende, kostenfrei (oder gegen eine geringe Kostenbeteiligung oder Unterstützungsleistungen) nutzbar sind.
Ich bitte um Verständnis, dass eine rechtliche Beratung diesbezüglich seitens der Fachstelle BE nicht geleistet werden kann.
Wie im Antrag richtig dargestellt, müssten sowohl ein Konferenz- als auch ein Abstimmungssystem nicht nur lizensiert, sondern auch beworben und supportet werden.
Ein Support wäre durch eine – im Handlungskonzept BE beschriebene, aber bisher nicht eingerichtete Stelle – „Beratung Digitalisierung BE“ zu leisten. Die aktuellen Personalressourcen bei der Fachstelle BE reichen hierfür nicht aus.
Die Fachstelle wird jedoch weiterhin Organisationen über geänderte Rahmenbedingungen und Beratungsmöglichkeiten informieren.
Soweit im Rahmen der jeweiligen Förderrichtlinien die Kosten für die Durchführung notwendiger Versammlungen förderfähig sind, können auch eventuell anfallende Lizenzkosten für Online-Tools gefördert werden. Die Fachstelle BE hat die Fachreferate gebeten, im Rahmen der Bewilligungvon Förderungen auch etwaige Kosten für notwendige Konferenz- und Abstimmungstools grundsätzlich anzuerkennen.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1http://www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de/aktuelles/virtuelle-mitgliederversammlungen (16.7.2021)
2https://meet.ffmuc.net