Steigende Energiepreise: Wer zahlt die Zeche und wer profitiert?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 26.11.2021
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 26.11.2021 führten Sie als Begründung aus:
„Anfang November haben die Stadtwerke München (SWM) eine saftige Preiserhöhung für Strom (M-Strom) und Erdgas (M-Erdgas) für das neue Jahr angekündigt1. Allein für Erdgas müssen die Kund*innen ab dem 1. Januar durchschnittlich satte 25 bis 30 Prozent mehr bezahlen. Ein Münch- ner Durchschnittshaushalt bezahlt in Zukunft jährlich 300 Euro mehr als zuvor. Für viele Menschen ist diese zusätzliche Belastung, neben stetig steigenden Mieten, höheren Lebensmittelpreisen und finanziellen Folgen durch die Corona-Pandemie, kaum mehr zu leisten. Gerade Geringerverdiener*innen sowie Bezieher*innen von Arbeitslosengeld, Rente und Bafög trifft diese Entwicklung besonders hart!
Die SWM begründet die Preiserhöhungen mit den in diesem Jahr stark angestiegenen Gaspreisen, die sich auch auf den Strompreis auswirken. Zuvor war der Erdgaspreis mehr als zehn Jahre lang gesunken. Im Januar 2010 waren die Erdgaspreise in etwa auf dem heutigen Niveau. Im Jahr 2008 waren die Preise kurzfristig mehr als doppelt so hoch wie heute2. In dieser Zeit sind die SWM in das Erdgas- und Erdöl-Geschäft eingestiegen. Daraus hervorgegangen ist die Beteiligungen an der Bayerngas GmbH und an Spirit Energy Limited, die in der Nordsee Erdöl- und Erdgas explorieren und fördern. Während die Energiepreise für die Kund*innen der SWM steigen, werden die SWM durch ihre Beteiligungen von den steigenden Gas- preisen profitieren.
Wie die Antwort auf eine Anfrage der LINKEN im Stadtrat aus dem Jahr 2019 gezeigt hat3, verlief der Ausbau der Erneuerbaren Stromerzeugung in der Region zwischen 2008 und 2018 nur sehr schleppend. Die regionale Stromerzeugung ist dadurch zu großen Teilen noch durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe geprägt. Die steigenden Gaspreise sowie die eben- falls im letzten Jahr stark gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate schlagen dadurch stärker auf die Preisgestaltung der Stromerzeugung der SWM durch.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand der Stellungnahme der SWM wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie entwickelten sich die Preise für M-Strom und M-Erdgas in den letzten 20 Jahren? (Bitte jährliche Preistarife angeben)
Antwort der SWM:
Frage 2:
In den letzten beiden Jahren gab es einen starken Abfall der Erdgaspreise. Wurde dies durch Preisnachlässe an die Verbraucher*innen weitergegeben?
Antwort der SWM:
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Erdgaspreise am Handelsmarkt in den letzten 2 ½ Jahren. Ihre Aussage können wir nicht teilen.
Frage 3:
Wie steigen die Preise für Gas und Strom bei den Geschäftskunden der SWM?
Antwort der SWM:
Auch die Preise für die Geschäftskunden steigen zum 1.1.2022. Da mit den Geschäftskunden individuelle Verträge vereinbart sind, dürfen wir hier keine detaillierteren Angaben veröffentlichen.
Frage 4:
Aus welchen Gründen steigt der Grundpreis für Strom (+15,5%) etwa dreimal stärker als der Arbeitspreis je Kilowattstunde (kWh) (+5,2%)? Werden Stromsparer*innen durch diese Diskrepanz nicht unverhältnismäßig stärker belastet?
Antwort der SWM:
Der Grundpreis setzt sich zusammen aus Netzkosten, Messkosten (Investitionen, Betrieb) und Kosten des Services und Vertriebs. Nachdem die SWM den Grundpreis über viele Jahre konstant halten konnten (seit 2013 bei Erdgas, seit 2017 bei Strom), müssen die SWM nun leider die in den letzten Jahren gestiegenen Service- und Vertriebskosten, also v. a. gestiegene Personalkosten, weitergeben. Zudem sind die Netzentgelte im Arbeits- und Grundpreis gestiegen. Beide Effekte erhöhen den Grundpreis.
Frage 5:
Sind die stark gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate ein Grund für die Preiserhöhungen bei M-Strom? Hätten diese Preiserhöhungen durch einen schnelleren Umstieg auf Erneuerbare Energien in der Region abgemildert werden können?
Antwort der SWM:
Für die gestiegenen Preise im Strom sind in erster Linie die stark ansteigenden Gaspreise verantwortlich. So hat der Großhandelspreis von Erdgas zwischen Januar und Oktober um rund 440% zugenommen. Denn
Gas wird nicht nur im Wärmebereich (Heizen und Warmwasserbereitung) genutzt, sondern auch zur Stromerzeugung. Auch aus diesem Grund ist Strom an der deutschen Strombörse seit Januar rund 140% teurer geworden.
Daher spielen die CO2-Abgaben im Rahmen des europäischen Emissionshandel (EU-ETS seit 2005) eine Rolle, welche für den Einsatz von Brennstoffen in den Kraftwerken verrichtet werden müssen; keinen Einfluss jedoch hat der nationale Emissionshandel (nEHS ab 2021), der an Letztverbraucher im Sektor Wärme gerichtet ist. Die SWM produzieren durchaus auch in der Region Strom aus Erneuerbaren Energien und bemühen sich um den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien in der Region. Allerdings hat eine Studie des Hamburg Instituts deutlich gezeigt, dass das Potenzial an Erneuerbaren Energien in München und Umgebung im allergünstigsten Fall in den nächsten Jahren bis zu 25% des Stromverbrauchs in München decken könnte.
Frage 6:
Sind für Fernwärmekund*innen auch Preiserhöhungen zu erwarten?
Antwort der SWM:
Die Fernwärmepreise der SWM ergeben sich aus den Wärmelieferverträgen, die die SWM mit ihren Kund*innen schließen. Die Wärmelieferbedingungen der SWM sehen vor, dass die Fernwärmepreise vierteljährlich anhand der Preisklauseln angepasst werden. Der nächste Zeitpunkt hierfür ist der 1.1.2022.
Frage 7:
Wie groß sind aktuell jeweils die Anteile an der Münchner Fernwärmeversorgung nach den verschiedenen Energieträgern (Fossil (Erdgas und Steinkohle) und Regenerativ (Geothermie))?
Antwort der SWM:
Fossil (Steinkohle, Erdgas): 77,1% und Erneuerbare Energien (Geothermie, Abwärme): 22,8%; Sonstiges 0,1%.
Frage 8:
Wie haben die SWM die Steigerung des „Großhandelspreis von Erdgas zwischen Januar und Oktober um rund 440%“ errechnet?
Antwort der SWM:
Die Großhandelspreise von Erdgas lagen im Januar 2021 bei ca. 20 Euro/ MWh. Im Oktober 2021 stiegen die Preise bis auf 90 Euro/MWh an, d. h. ein Preisanstieg von bis zu 450%.
Ganz Deutschland leidet „unter den explodierenden Gaspreisen. Der Großhandelspreis von Erdgas ist seit Januar um rund 440% gestiegen, weil die Weltwirtschaft mit dem Abebben der Corona-Pandemie wieder anzieht, aber das Angebot an Gas deutlich geringer ist als die Nachfrage.“ Dies wurde unter anderem in der Tagesschau am 8.10 2021 (https://www. tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/energiepreise-grossbritannien-101.html) berichtet.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.
1 www.swm.de/presse/pressemitteilungen/2021/11-2021/swm-preiserhoehung
2 www.finanzen.net/rohstoffe/erdgas-preis-natural-gas
3 https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/5468466?dokument=v5558001