Prämiensparverträge der Stadtsparkasse München
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Gabriele Neff, Richard Progl und Fritz Roth (FDP BAYERNPARTEI Stadtratsfraktion) vom 12.1.2021
Antwort Stadtkämmerer Christoph Frey:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt: „Am 6.3.2020 berichtete die Bildzeitung in ihrer München-Ausgabe auf S. 12 über den ‚Zinsklau bei der Sparkasse‘. In dem Artikel wird dargestellt, dass dadurch, dass die Stadtsparkasse München (SSKM) ihre Prä- miensparverträge niedriger verzinste als zugesagt, den Sparern bei der Stadtsparkasse ein Schaden von 132 Millionen Euro entstanden ist. Es wurde das Beispiel eines Rentners dargestellt, dem allein ein Schaden von 7.917,44 Euro entstanden ist. Der Bild-Artikel schließt mit der Bemerkung: ‚Der Fall ist jetzt Chefsache. Er liegt dem Münchner Oberbürgermeister und SPK-Verwaltungsrats-Vorsitzenden Dieter Reiter (61, SPD) vor.‘
Der Beantwortung Ihrer Fragen darf ich Folgendes voranstellen:
Die Stadtsparkasse München ist eine Anstalt unter der Trägerschaft der Landeshauptstadt München. Die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands erfolgt durch den Verwaltungsrat (Art. 5 Absatz 3 Gesetz über die öffentlichen Sparkassen – SpkG). Die Mitglieder des Verwaltungsrats haben über die ihnen amtlich oder aus Anlass ihrer Amtsführung bekanntgewordenen Tatsachen Amtsverschwiegenheit zu bewahren (Art. 10 Abs. 2 SpkG).
Der Bundesgerichtshof hat sich seit 2004 mit mehreren Urteilen zu Prämiensparverträgen verschiedener Banken und Sparkassen geäußert. Diesen Urteilen lagen stark divergierende Sparvertragsmodelle zugrunde, die mit dem Prämiensparvertrag der Stadtsparkasse München in zentralen Punkten gerade nicht übereinstimmen. Daher können die Feststellungen des Bundesgerichtshofes auch nicht pauschal auf den Prämiensparvertrag der Stadtsparkasse übertragen werden. Zudem hat der Bundesgerichtshof auch keine verbindlichen und vor allem allgemein gültige Regelungen vorgegeben. Dementsprechend sprechen auch gerade die Verbraucherzentralen nur davon, dass die Urteile „Anhaltspunkte“ für die Zinsberechnungen geben. So führt die Verbraucherzentrale Bayern in einem der Stadtsparkasse München vorliegenden Schreiben an einen Kunden aus, dass es „nicht eine verbindliche und richtige Berechnungsart gibt“. Die Kundenwerden im gleichen Zuge auch auf ein entsprechendes Prozessrisiko hingewiesen.
Unabhängig davon hat die Stadtsparkasse München, die die höchstrichterliche Rechtsprechung fortlaufend beobachtet und umsetzt, bereits ab dem Jahr 2004 ein im Detail geregeltes Zinsanpassungsverfahren entwickelt und dann zum Vertragsbestandteil jedes neu abgeschlossenen Prämiensparvertrages gemacht. Dieses Zinsanpassungsverfahren wird aus Sicht der Stadtsparkasse München allen rechtlichen Anforderungen gerecht. Es wurde, soweit ersichtlich, seither von keinem einzigen Kunden, der bei der Stadtsparkasse einen Prämiensparvertrag abgeschlossen hat, jemals beanstandet. Ganz im Gegenteil war der Prämiensparer der Stadtsparkasse München bis zur Einstellung dieses Produktes ein sehr beliebtes und stark nachgefragtes Produkt, das gegenüber Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist jederzeit deutlich höher verzinst wurde.
Dieses seit dem 1. Januar 2005 bestehende Zinsanpassungsverfahren hat die Stadtsparkasse München selbstverständlich auch auf die Verträge, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen worden waren angewendet und damit alle Kunden mit diesem Prämiensparvertrag gleich behandelt. Ebenso wurde jede Änderung der Zinssätze über die Preisaushänge in den Geschäftsstellen wie auch auf der Homepage der Stadtsparkasse bekannt gegeben.
Am 1. Januar 2005 gab es insgesamt 112.000 Kunden mit einem Vertrag S-Prämiensparvertrag flexibel. Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass es für die Stadtsparkasse München aus praktischen, personellen und auch organisatorischen Gründen völlig undurchführbar war, mit jedem dieser 112.000 Kunden Kontakt aufzunehmen und in Vertragsverhandlungen zu treten. Stattdessen hat sich die Stadtsparkasse München entschlossen, jedem dieser Kunden bei einem gegebenen Anlass, wie z.B. der Änderung des Abbuchungskontos für die laufenden Einzahlungen auf den Prämiensparvertrag, eine Ergänzung seines Sparvertrages hinsichtlich der Zinsanpassung anzubieten. Dies wurde in den mehr als 15 Jahren seither auch fortlaufend so umgesetzt. Soweit bekannt hat auch keiner dieser Kunden eine entsprechende nachträgliche Vereinbarung zu diesem Produkt, mit dessen Verzinsung er gerade sehr zufrieden war, abgelehnt.
Es ist daher weder der Stadtsparkasse München noch Herrn Oberbürgermeister als Vorsitzenden des Verwaltungsrats nachvollziehbar, wie die Behauptung aufgestellt werden kann, dass den Sparern des Prämienspar-vertrages durch eine fehlerhafte Verzinsung ein Schaden von 132 Millionen Euro entstanden sein soll.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Ist es zutreffend, dass den Kundinnen und Kunden der Stadtsparkasse München durch eine zu niedrige Verzinsung der Prämiensparverträge ein Schaden von mindestens 132 Millionen Euro entstanden ist?
Antwort:
Nein, vgl. Vorbemerkungen.
Frage 2:
Falls ja, wann haben Sie davon erfahren?
Frage 3:
Was haben Sie als Verwaltungsratsvorsitzender der Stadtsparkasse München in dieser Sache seit März 2020 unternommen?
Frage 4:
Im BaFin-Journal vom Februar 2020 wurde den betroffenen Sparkassen empfohlen, sie „sollten ihre Kunden über unwirksame Zinsklauseln in Prämiensparverträgen informieren und ihnen angemessene Lösungen anbieten“. Wurden die Kunden der Stadtsparkasse München über unwirksame Zinsklauseln informiert und wurden ihnen angemessene Lösungen angeboten?
Frage 5:
Seit wann ist das Problem dem Vorstand und dem Verwaltungsrat der Stadtsparkasse München bekannt und wie wurde bilanziell für zu geringe Zinszahlungen vorgesorgt (Bildung von Rückstellungen)?
Frage 6:
Wie ist die Interne Revision/Compliance-Abteilung der Stadtsparkasse in den Prozess eingebunden? Gibt es eine Stellungnahme?
Antwort zu Frage 2 bis 6:
Vgl. Antwort zu Frage 1.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.