Safe Abortion Day – Schluss mit falscher Schwangerschaftskonfliktberatung
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 25.9.2020
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Das Direktorium hat Ihren o.g. Antrag dem Gesundheitsreferat (GSR) zur weiteren Bearbeitung zugeleitet. Für die in Ihrem Antrag vom 25.9.2020 angeführten Sachverhalte besteht seitens der Landeshauptstadt München keine Zuständigkeit. Eine Klärung der von Ihnen aufgeworfenen Fragen ist ausschließlich über die oberste Landesbehörde des Landes Baden-Württemberg oder das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat möglich. Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag anstelle einer Stadtratsvorlage als Brief zu beantworten.
Sie beantragen, die Einrichtung „Pro Femina“ in München auf Grund dauerhafter Verstöße gegen § 219 StGB und Abschnitt 2 „Schwangerschaftskonfliktberatung“, §§ 5 ff Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) umgehend zu schließen.
Der Verein „Pro Femina e.V.“ ist dem Gesundheitsreferat nur aus seinem Internetauftritt und aus dem Austausch der Schwangerschaftsberatungsstellen bekannt. Es handelt sich um einen privatrechtlichen Verein aus dem Spektrum der sogenannten „Lebensschutzorganisationen“ bzw. der Abtreibungsgegner.
Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, müssen in Deutschland in einer staatlich anerkannten Beratungsstelle ein Beratungsgespräch führen. Daraufhin erhalten sie eine Beratungsbescheinigung nach § 219 StGB. Ein Abbruch ohne diesen Beratungsnachweis ist strafbar. Pro Femina e.V. ist als Schwangerschaftsberatungsstelle nicht staatlich anerkannt und darf eine Beratungsbescheinigung nach § 219 StGB somit nicht ausstellen; der Verein erhält keine staatliche Unterstützung.
„Pro Femina e.V.“ firmiert als Schwangerschaftskonfliktberatung, aber mit dem erklärten Ziel, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern. Der Verein wurde nach Kenntnis des GSR bisher strafrechtlich nicht belangt.
Die Regierung von Oberbayern teilte dazu auf Nachfrage Folgendes mit: „Die Prüfung, ob die Verwendung des Begriffs „Schwangerschaftskonfliktberatung“ in Bezug auf Pro Femina e. V. untersagt werden kann unddie insoweit erforderliche Abstimmung zwischen den Bundesländern wurde durch die Entwicklungen im Rahmen der Corona-Pandemie überlagert und konnte daher noch nicht erfolgen. Nach gegenwärtigem Stand wird die Abstimmung auch nicht vor dem Ende des ersten Halbjahres 2021 erfolgen können.“
Es bestehen keine kommunalen Handlungsmöglichkeiten für ein Vereins- verbot.
Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsG)). Zuständig für den Vollzug ist bei Vereinen, deren Tätigkeiten sich auf das Gebiet eines Landes beschränken, die oberste Landesbehörde des jeweiligen Bundeslandes, in dem der Verein seinen Sitz hat, und bei Vereinen, deren Tätigkeiten sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstrecken, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 VereinsG).
Da „Pro Femina e. V.“ seinen Sitz in Heidelberg hat, ist – abhängig von der Größe des Gebiets seiner Tätigkeiten – die oberste Landesbehörde des Landes Baden-Württemberg oder das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für den Erlass einer Verbotsverfügung zuständig.
Die städtische Schwangerenberatungsstelle koordiniert die Aktivitäten zur regelmäßigen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit der staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen in München und fördert deren Kooperation. Im Rahmen der regelmäßig durchgeführten Werkstattgespräche war der Verein „Pro Femina e.V.“ Thema. Er ist allen im Netzwerk tätigen Münchner Schwangerschaftsberatungsstellen bekannt; der Verein ist aber bisher nicht in Erscheinung getreten und es bestehen keine dienstlichen Kontakte.
Um dezidiert auf das gesetzliche Beratungsangebot der staatlich anerkannten Beratungsstellen in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, wurde ein gemeinsamer Flyer aller Münchner Schwangerschaftsberatungsstellen erstellt und an Frauenärzt*innen, Hebammen, Kliniken, Sozialdienste, Jobcenter und andere einschlägige Stellen übermittelt.Das Antwortschreiben ist mit der Gleichstellungsstelle abgestimmt, welche betont „wie wichtig das Angebot an staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen in München ist.
Frauen, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befinden, haben das Recht auf eine persönliche, wertschätzende, vertrauliche, lösungsorientierte und ergebnisoffene Beratung auf der Grundlage des Gesetzes, welche frei von Druck und/oder Bevormundung ist.
Ein solches Angebot muss in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen, außerdem bekannt und leicht zugänglich sein.“ Die Gleichstellungsstelle begrüßt daher die Aktivitäten zur regelmäßigen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit der staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen in München und deren Kooperation.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.