Wirtschaftliche Nutzung des Archivbestands des Münchner Fotomuseums
Antrag Stadtrats-Mitglieder Nikolaus Gradl und Monika Renner (SPD-Fraktion) vom 26.11.2002
Antwort Kulturreferent Anton Biebl:
Im Rahmen der Durchsicht unerledigter Stadtratsanträge sind wir auch auf den oben genannten Antrag gestoßen, der in der Sitzung der Vollversammlung des Stadtrats vom 23.7.2003 zwar behandelt wurde, aber geschäftsordnungsgemäß aufgegriffen blieb. Während in der Zwischenzeit mehrere Beschlüsse zu diesem Thema gefällt wurden, blieb aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen die weitere Behandlung des Antrags bzw. eine offizielle Antwort an Sie aus. Ich bitte dieses Versäumnis zu entschuldigen und möchte Ihren Antrag hiermit gerne, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, mit diesem Schreiben beantworten.
Wie Sie wissen, befinden sich in der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums zahlreiche Fotografen-Nachlässe und Fotosammlungen (z.B. Archive Franz Hanfstaengl, Frank Eugene, Philip Kester, Regina Relang, Hubs Flöter, Erich Retzlaff, Sammlung Breitenbach) mit ca. 100.000 Originalabzügen, deren Bild- und Urheberrechte beim Münchner Stadtmuseum liegen. Diese Rechte können kommerziell vermarktet werden, sofern die technischen und personellen Voraussetzungen, insbesondere die Digitalisierung und Inventarisierung der Bestände, dafür geschaffen sind.
Mit Einführung des Museumsmanagementsystems (MMS) wurde der Prozess der datenbankgestützten Inventarisierung und Archivierung der Sammlungsbestände des Münchner Stadtmuseums insgesamt angestoßen.
Das MMS bietet dem Münchner Stadtmuseum langfristig u.a. folgende Vorteile:
-Einheitliche Erfassung und Archivierung der Kunst- und Sammlungsobjekte aller zehn Abteilungen
-verbesserter Zugriff auf die Bestände für wissenschaftliche Arbeit, Ausstellungsprojekte, Leihanfragen etc.
-Ergänzung der Daten durch digitale Aufnahmen; dadurch kann der Schutz der Kunstgegenstände, insbesondere z.B. empfindlicher Grafiken besser gewährleistet werden, da sie nicht für jede Anfrage berührt und/oder transportiert werden müssen
-unmittelbare Verbindung des Kunstgegenstands mit dem Restaurierungsbericht-Unterstützung der Tätigkeit des Registrars bei der Abwicklung von Transport- und Versicherungsproblemen
-verbesserte Standortverwaltung innerhalb des Depots und der Studiensammlungen
Neben der Erzielung von Einnahmen (jährlich ca. 20. bis 40.000 Euro) aus den Bildrechten ist der Vorteil einerseits in einer verbesserten Arbeitsqualität zu sehen, andererseits stellt die Arbeitsweise mit dem MMS einen aktuellen Standard in der Museumsarbeit dar.
Dazu gehört auch die Sammlung Online (SO) des Münchner Stadtmuseums, die seit Dezember 2019 als öffentliche digitale Plattform zur Präsentation der verschiedenen Sammlungsbereiche und ihrer Bestände, der Dokumentation von thematischen Schwerpunkten und sammlungstechnischen Entwicklungen sowie der virtuellen Erweiterung der physischen Museumsräume dient. Eine wichtige Funktion ist die Präsentation der laufenden Ergebnisse zu den Forschungsschwerpunkten Provenienzforschung, Migration und LGBTI* sowie aktueller und vergangener Ausstellungen. Hinzu kommen sammlungsübergreifende digitale Ausstellungen, welche die Kooperation und inhaltliche Verknüpfung der verschiedenen Sammlungen aufzeigen und fördern.
Mit der Bereitstellung von hochauflösenden Abbildungen leistet die SO einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung frei zugänglicher Informationen des kulturellen Erbes. Durch die Einbindung unterschiedlicher Medien (u.a. Audio, Video, letzteres auch in Gebärdensprache) direkt oder über Plattformen wie YouTube und SoundCloud wird ein vielfältiger und niedrigschwelliger Zugang zur Sammlung des Münchner Stadtmuseums und damit zum materiellen Gedächtnis der Stadt ermöglicht.
Langfristig besteht das Ziel, einen Großteil der Kunst- und Sammlungsgegenstände in der SO zu präsentieren, sodass nicht nur ein Querschnitt durch die Sammlungen, sondern eine direkte Abbildung der Bestände möglich ist, was einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung und Transparenz im Sinne von OpenGLAM darstellt.
Nicht zuletzt deshalb beschloss die Vollversammlung des Stadtrats in ihrer Sitzung am 19.11.2020 u.a. eine dauerhafte finanzielle Unterstützung des Münchner Stadtmuseums, um die Erfassungen im MMS weiter auszubauen und zu vervollständigen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und geschäftsordnungsgemäß als erledigt gelten darf.