Werkswohnungsbau bei städtischen Eigenbetrieben!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Ulrike Boesser, Verena Dietl, Renate Kürzdörfer, Christian Müller, Marian Offman, Heide Rieke, Jens Röver und Christian Vorländer (SPD-Fraktion) vom 6.11.2019
Werkswohnungen – Abfallwirtschaftsbetrieb München
Antrag Stadtrat Alexander Reissl (CSU-Fraktion) vom 21.7.2020
Antwort Personal- und Organisationsreferent Dr. Alexander Dietrich:
Zunächst bedanke ich mich bei Ihnen für die mehrfach gewährte Fristverlängerung und bitte insbesondere die Mitglieder der SPD-Stadtratsfraktion, die verspätete Beantwortung zu entschuldigen. In Absprache mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) wird der dem AWM federführend zugewiesene Antrag von Herrn Stadtrat Alexander Reissl, Nr. 20-26/A 00273 vom 21.7.2020, Aktenzeichen D-HA II/V1 0432-1-0038 hiermit ebenfalls beantwortet.
Das Personal- und Organisationsreferat wurde unter anderem mit Grundsatzbeschluss vom 29.7.2015, Nr. 14-20/V 03569 beauftragt, stadtweit sämtliche Belange der adäquaten Versorgung der Beschäftigten mit Wohnraum zu koordinieren sowie in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Referaten alle hierfür notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten und zu steuern. Dies geschieht laufend. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir daher, Ihre Anträge als Brief zu beantworten und darf Ihnen Folgendes mitteilen:
Im Antrag der SPD-Fraktion vom 6.11.2019 wird gefordert, „Planungen vorzulegen, wie bei allen städtischen Eigenbetrieben – insbesondere zunächst der Münchner Stadtentwässerung und den Abfallwirtschaftsbetrieben – Werkswohnungsbau, wie dieser derzeit beispielhaft von den Stadtwerken betrieben wird, rasch in die Wege geleitet werden kann. Dazu sind dem Stadtrat in den nächsten Monaten entsprechende Überlegungen vorzustellen.“
Im Antrag von Herrn Stadtrat Reissl vom 21.7.2020, wird erweiternd gefordert, dass „Der Abfallwirtschaftsbetrieb München prüft, ob er aus den Erträgen aus seinem Betrieb gewerblicher Art, Werkswohnungen für Beschäftigte bauen kann. Die Prüfung soll mit dem Personal- und Organisationsreferat abgestimmt werden.“
1. Teilnahme der Mitarbeiter*innen der Eigenbetriebe an der Wohnungsversorgung
Bereits seit Jahren nehmen alle Mitarbeiter*innen der Eigenbetriebe gleichberechtigt an der Wohnungsvermittlung für städtische Dienstkräfte teil (siehe hierzu grundlegend Stadtratsbeschlüsse vom 25.1.2017, Nr. 14-20/V 07873 und vom 21.6.2017, Nr. 14-20/V 08911). Mit den Eigenbetrieben wurden in der Regel entsprechende Vereinbarungen geschlossen (siehe jeweils Punkt 2.1 bis 2.6).
Die Landeshauptstadt München vergibt in großem Umfang Werkmietwohnungen an ihre Beschäftigten. Die Zahl der Anträge aller städtischen Mitarbeiter*innen inklusive der Beschäftigten der Eigenbetriebe ist 2020 stark gestiegen. Bis zum Jahresende wurden 2.565 Anträge gestellt. Dies stellt den höchsten Wert seit 2012 dar und bedeutet eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr (2.121 Anträge) um knapp 21%. Die Wohnungsvergaben hingegen sind – sicherlich auch bedingt durch die derzeitige Lage – gegenüber dem Vorjahr merkbar zurückgegangen (Vergaben 2020: 874, 2019: 964, 2018: 790). Die hohe Zahl der Anträge einerseits und die geringe Zahl der Vergaben andererseits führen zu 1.709 (zum Stichtag 31.12.2020) als wohnungssuchend registrierten Beschäftigten, ebenfalls der höchste Wert seit Jahren.
Bei den Eigenbetrieben stellt sich die Lage wie folgt dar:
2019 wurden von 88 Mitarbeiter*innen der Eigenbetriebe Anträge gestellt, 39 Wohnungen wurden vergeben (AWM: 32/13; it@M: 22/12; MSE: 22/7; Markthallen: 1/1; Kammerspiele: 11/6).
Im Jahr 2020 wurden insgesamt 117 Anträge gestellt, 48 Wohnungen konnten vergeben werden (AWM: 63/25; it@M: 14/5; MSE: 18/4; Markthallen: 2/1; Kammerspiele: 20/13).
Die Vergabe nahezu sämtlicher Wohnungen, bei denen die Landeshauptstadt München das Belegungsrecht hat, wird grundsätzlich und detailliert in den „Richtlinien über die Vergabe von Wohnungen im Rahmen der Wohnungsvermittlung für städtische Dienstkräfte (R-WV)“ geregelt. Diese Richtlinien wurden zuletzt 2019 grundlegend überarbeitet und vom Stadtrat in seiner Sitzung am 23.10.2019 einstimmig beschlossen (siehe Anlage 1). Nachwuchskräfte können bereits ab sechs Monaten vor Übernahme in das unbefristete Beschäftigungsverhältnis, neu eingestellte Mitarbeiter*innen ab Einstellungszusage einen Antrag auf eine Werkmietwohnung stellen. Erfahrungsgemäß können Mitarbeiter*innen angesichts der sonst auf dem Münchner Wohnungsmarkt üblichen Verhältnisse in relativ kurzer Zeit Woh-nungen erhalten. Die Dauer zwischen Antragstellung und Vergabe einer Wohnung ist dabei von individuellen Wünschen abhängig, wie etwa Lage, Größe oder Ausstattung. Beispielsweise betrug im Jahr 2020 bei den Mitarbeiter*innen des AWM die durchschnittliche Dauer zwischen Antragstellung und Vergabe einer Wohnung zwölf Wochen.
In besonders dringenden Fällen (z.B. Zuzug aus dem Ausland, drohende Obdachlosigkeit, häusliche Gewalt) und/oder bei Neubesetzung einer herausgehobenen Position von stadtweiter Bedeutung kann nach Befürwortung des Personal- und Organisationsreferenten und Genehmigung des Gesamtpersonalrates eine sogenannte vorrangige Vergabe vorgenommen werden. Diese Mitarbeiter*innen werden dann bei jeder Bewerbung automatisch auf Platz 1 der Rangliste gesetzt.
2. Situation bei den Eigenbetrieben 2.1 Markthallen München (MHM)
Mit den MHM wurde eine Vereinbarung gem. § 2 Abs. 2 R-WV (a.F.) mit Ausgleichsleistungen abgeschlossen.
Die MHM können aus heutiger Sicht keine Planungen für einen Werkswohnungsbau vornehmen (Stellungnahme vom 3.6.2020). Aktuell stellen die MHM direkt auf dem Gelände eine Dienstwohnung einem technischen Mitarbeiter zur Verfügung, sowie eine weitere im sogenannten „Fruchthof“ in der Gotzinger Straße 52-54, der auch im Besitz und Verwaltung der MHM steht und in direkter Nachbarschaft zum Großmarkt liegt. Im „Fruchthof“ existieren insgesamt elf Werkmietwohnungen. Fünf davon sind an Mitarbeiter*innen der MHM, die restlichen an Mitarbeiter*innen der Landeshauptstadt München vermietet.
2.2 Stadtgüter
Die Stadtgüter sehen keinen Bedarf, über den vorhandenen Bestand hinaus Wohnungen zu errichten, da der größte Teil des Wohnungsbestandes (36 Wohnungen und zwei Einfamilienhäuser) frei vermietet (22 Wohnungen) und nur die restlichen Wohnungen mit Mitarbeiter*innen besetzt sind. Zukünftig werden alle frei werdenden Wohnungen zuerst Mitarbeiter*innen der Stadtgüter angeboten und dann über MIWON allen Dienstkräften der Landeshauptstadt München, falls unter den Mitarbeiter*innen der Stadtgüter kein*e Mieter*in gefunden werden kann (Stellungnahme vom 3.7.2020)
2.3 Kammerspiele
Alle Mitarbeiter*innen der Münchner Kammerspiele inklusive der Nachwuchskräfte nehmen an der Wohnungsvergabe für städtische Dienstkräfte ohne Ausgleichsleistungen teil, entsprechende Vereinbarungen gem. § 2Abs. 2 R-WV (a.F.) und § 2 Abs. 2 R-WH wurden abgeschlossen. Ein Werkwohnungsbau aus eigenen Mitteln oder auf eigenen Grundstücken ist nicht möglich (Stellungnahme vom 29.6.2020).
2.4 it@M
Alle Mitarbeiter*innen von it@M nehmen an der Wohnungsvergabe für städtische Dienstkräfte ohne Ausgleichsleistungen teil. Eine entsprechende Vereinbarung gem. § 2 Abs. 2 R-WV (a.F.) wurde abgeschlossen. Ein Werkwohnungsbau aus eigenen Mitteln oder auf eigenen Grundstücken ist nicht möglich (Bestätigung it@M vom 10.12.2020).
2.5 Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM)
Alle Mitarbeiter*innen des AWM inklusive der Nachwuchskräfte nehmen an der Wohnungsvergabe für städtische Dienstkräfte ohne Ausgleichsleistungen teil. Entsprechende Vereinbarungen gem. § 2 Abs. 2 R-WV (a.F.) und § 2 Abs. 2 R-WH wurden abgeschlossen.
Nach Aussage des AWM können dennoch viele Stellen nicht besetzt werden, da potentiellen Mitarbeiter*innen vor allem in den unteren aber auch den mittleren Einkommensgruppen nicht regelhaft und nicht schnell geeigneter Wohnraum angeboten werden kann (Stellungnahme vom 27.5.2020, Anlage 2). Das Angebot der städtischen Wohnungsfürsorge sei angesichts der Vielzahl der Nachfragen zwar sehr hilfreich, aber nicht ausreichend. In der Tat haben 2019 und 2020 nur ca. 40% der zur Wohnungsvergabe registrierten Beschäftigten des AWM eine Wohnung erhalten.
Eigene Werkswohnungen aus den Müllgebühren privater Haushalte zu errichten, ist dem AWM rechtlich nicht möglich. Ein entsprechendes Rechtsgutachten des Bayerischen kommunalen Prüfungsverbandes liegt dem AWM vor. Ebenso verfügt der AWM nicht über eigene Grundstücke. Auf Liegenschaften, die dem AWM überlassen wurden, kann ein nennenswerter Wohnungsbau (von wenigen Dienstwohnungen abgesehen) nicht erfolgen. Dennoch wird bei allen Neuplanungen regelhaft geprüft, ob der Bau von Wohnungen möglich ist. So wurde beispielsweise im November 2019 eine entsprechende Anfrage in Bezug auf den geplanten Neubau des AWM am Georg-Brauchle-Ring bei der Lokalbaukommission gestellt. Diese wurde jedoch mit dem Hinweis, „dass im Umgriff des Abfallwirtschaftsbetriebes München sowie in der näheren Umgebung keine Möglichkeit für Wohnungsbau gesehen wird“, abschlägig beschieden.
Auch eine Finanzierung von Werkswohnungen aus Erträgen aus den Betrieben gewerblicher Art (BgA) ist nicht möglich. Nach Aussage des Bay-erischen Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV) „sind Erträge aus den BgAs grundsätzlich gebührenmindernd zu berücksichtigen“. Es besteht nur dann keine Verpflichtung, Gewinne aus BgAs gebührenmindernd einzusetzen, wenn eine Vollkostendeckung der BgAs gegeben ist. Da überwiegend Deckungsbeiträge erzielt werden, d.h. die Erlöse unter den Vollkosten, aber über den Fixkosten liegen, müssen diese Erträge zu 100% in die Gebührenkalkulation einfließen.
2.6 Münchner Stadtentwässerung (MSE)
(Siehe hierzu auch Antrag Nr. 20-26/A 00272 von Herrn Stadtrat Alexander Reissl und Frau Stadträtin Dr. Evelyne Menges vom 21.7.2020, Az. D-HA II/ V1 0432-1-0039, federführend bearbeitet von der Münchner Stadtentwässerung).
Alle Mitarbeiter*innen der MSE inklusive der Nachwuchskräfte nehmen an der Wohnungsvergabe für städtische Dienstkräfte ohne Ausgleichsleistungen teil, entsprechende Vereinbarungen gem. § 2 Abs. 2 R-WV (a.F.) und § 2 Abs. 2 R-WH wurden abgeschlossen.
In ihrer Stellungnahme vom 26.6.2020 (Anlage 3) weist die MSE deutlich auf die Notwendigkeit von Wohnraum für die Beschäftigten hin. Trotz einem Bestand von 185 Wohnungen (85 Dienst- und 100 Werkmietwohnungen bzw. Belegrechte für Wohnungen) kann die stetig steigende Nachfrage nicht bedient werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Teil des Wohnungsbestandes nicht für die aktiven Beschäftigten zur Verfügung steht. Die Werkmietwohnungen der Münchner Stadtentwässerung werden den Beschäftigten sowie deren Lebenspartner*innen, analog dem Vorgehen der Landeshauptstadt München, auch über das aktive Arbeitsverhältnis hinaus im Ruhestand überlassen. Gleichzeitig werden einige Wohnungen mit Belegungsrechten von Beschäftigten anderer städtischer Dienststellen genutzt. Die MSE hat daher das Thema Erhalt und Schaffung von Wohnraum dauerhaft im Fokus und prüft unter anderem bei allen Betriebsgebäuden, ob Aufstockungen oder anderweitige Umbauten zur Schaffung von Wohnraum umsetzbar sind. Die Möglichkeit, aus den Erlösen der 2019 getätigten Grundstücksverkäufe Dachauer und Grafinger Straße Dienst- und Werkwohnungen bauen zu können, wird derzeit von der MSE geprüft.
Hierzu wird die MSE im Frühjahr 2021 eine mit dem Personal- und Organisationsreferat abgestimmte Stadtratsvorlage zur Beantwortung des Antrages Nr. 20-26/A 00272 von Herrn Stadtrat Alexander Reissl und Frau Stadträtin Dr. Evelyne Menges vom 21.7.2020, Az. D-HA II/V1 0432-1-0039 mit allen Überlegungen zum Wohnungsbau einbringen. Insofern wird auf diese Vorlage verwiesen.
3. Bau von Werkmietwohnungen bzw. Erwerb von Belegrechten
Ein zehnjähriges Wohnraumversorgungsprogramm für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München mitsamt der Eigenbetriebe wurde 2015 durch Stadtratsbeschluss gestartet (Grundsatzbeschluss vom 29.7.2015, Nr. 14-20/V 03569). Bis 2025 sollen demgemäß jährlich bis zu 155 neu errichtete Wohnungen der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften durch Darlehen der Landeshauptstadt München für städtische Beschäftigte gebunden werden. Diese Zielzahl konnte bislang nicht erreicht werden, da lediglich zwischen 10-15% der jährlich errichteten Wohnungen der GWG und GEWOFAG für eine solche Bindung vorgesehen sind.
Momentan werden im Rahmen dieses Programms zwei kleinere Wohn-
gebäude mit jeweils 19 Wohnungen ausschließlich für städtische Mitarbeiter*innen errichtet: In der Thierschstraße (GEWOFAG, Fertigstellung Ende 2022) und der Konrad-Dreher-Straße (GWG, Fertigstellung Ende 2021).
Das Planungsreferat bereitet derzeit in Zusammenarbeit mit dem Personal- und Organisationsreferat sowie dem Kommunalreferat eine Beschlussvorlage für das kommende Jahr vor. Ziel dieser Vorlage ist die Errichtung einer größeren Wohnanlage im Süden Münchens mit erheblichen Fördermitteln des Freistaates Bayern aus dem kommunalen Wohnungsförderprogramm.
Ich hoffe, dass der Intention der Anträge mit den obigen Ausführungen ausreichend Rechnung getragen werden konnte und bitte um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Die Anlagen können abgerufen werden unter:
https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_dokumente.jsp?risid=5734375