Vereinfachtes Verfahren für eine verkehrsrechtliche Erlaubnis: standsicherheitsrelevante Untersuchungen (z. B. Maibäume)
Antrag Stadtrat Leo Agerer (CSU-Fraktion) vom 24.8.2020
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Ihr an den Oberbürgermeister gerichteter Antrag hat folgenden Inhalt:
„Für die Durchführung von standsicherheitsrelevanten Untersuchungen an Bauwerken mit einer Dauer von weniger als zwei Stunden (u. a. Prüfung der Standsicherheit von Maibäumen, Skulpturen, Werbeanlagen usw.) wird ein vereinfachtes Verfahren für eine verkehrsrechtliche Erlaubnis eingeführt.
Dafür wird ein Verfahren mit geringeren Anforderungen an formalem Auf- wand; schnellere Bearbeitung und ein gesonderter Regelplan mit geringeren Absperrmaßnahmen eingeführt. Dies gilt für Sachverständige mit entsprechender Listeneintragung bei der zuständigen Kammer.
Reine Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sind von dem verein- fachten Verfahren ausgeschlossen.“
Das Mobilitätsreferat als Straßenverkehrsbehörde trifft Maßnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung. Der Vollzug der Straßenverkehrsordnung ist eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt.
Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist rechtlich nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftwege zu beantworten:
Wenn öffentlicher Verkehrsgrund vorübergehend für die Durchführung von Arbeiten gesperrt wird, sind entsprechende Absicherungen notwendig, um Verkehrsteilnehmende deutlich erkennbar und wirksam vor den Gefahren zu schützen, die beispielsweise von Arbeitsgeräten oder -maschinen, Baumaterial oder auch herabfallenden Gegenständen ausgehen.Diese im jeweiligen Einzelfall konkret erforderlichen Absicherungen ordnet die Straßenverkehrsbehörde im Rahmen einer verkehrsrechtlichen Anordnung an, für die von der*dem Veranlasser*in der Maßnahme ein entsprechender Antrag gestellt wird. Den Rahmen für die Absicherungen und Beschilderungen geben die Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie die Richtlinien zur Sicherung von Arbeitsstellen (RSA 95) vor. Hier enthalten sind bundesweit einheitliche Regelungen hinsichtlich der Absicherung von Arbeitsstellen auf bestimmten Straßenteilen und der Verweis auf genormtes Absperrmaterial, welches im Verkehrszeichenkatalog der StVO enthalten ist.
Auch bei der Durchführung von standsicherheitsrelevanten Untersuchungen handelt es sich um Arbeiten im Straßenraum, sofern für das Aufstellen einer Hebebühne öffentlicher Grund in Anspruch genommen wird. Für Verkehrsteilnehmende stellt beispielsweise eine Hebebühne auf dem Gehweg immer ein Hindernis dar, unabhängig davon, aus welchem Grund die Hebebühne eingesetzt wird. Die verkehrlich angeordneten Absicherungsmaterialien haben daher den Zweck, die Arbeitsstelle für Verkehrsteilnehmende kenntlich zu machen und abzusichern. Für Arbeitsstellen im Bereich von Gehwegen oder Fußgängerzonen sind dafür beispielsweise grundsätzlich Absperrschranken vorgesehen. Diese Absperrschranken sind durch die deutlichen kontrastreichen rot-weiß retroreflektierenden Streifen von jedermann klar zu erkennen, auch für sehbehinderte Personen. Für blinde Verkehrsteilnehmende mit Langstock ist zudem eine Tastleiste in Bodennähe vorgesehen, die meistens in die Absperrschranke integriert ist.
Der Einsatz von sogenanntem „Flatterband“ ist im öffentlichen Raum in Deutschland zur Absicherung von Arbeitsstellen hingegen generell nicht gestattet und u.E. auch nicht empfehlenswert.
Zum einen ist „Flatterband“ i.d.R. sehr schmal, nicht retroreflektierend und auch beweglich, womit es nicht für alle Verkehrsteilnehmenden gut als Absperrung erkennbar ist. Zum anderen bietet es keine sichere Barriere, um das Betreten des Gefahrenbereichs wirksam zu verhindern. So können beispielsweise Kinder ohne Probleme unter dem „Flatterband“ durchgehen, aber auch blinde Verkehrsteilnehmer*innen mit Langstock können die Abtrennung des Arbeitsbereichs nicht rechtzeitig erkennen.
Die Dauer der Arbeiten spielt für die Ausgestaltung der Absicherung ebenfalls nur bedingt eine Rolle, da auch bei kurzzeitigen Arbeiten Teile des Verkehrsraums nicht mehr wie gewohnt nutzbar sind und Gefahren entstehen können, vor allem im Bereich von Gehwegen und Fußgängerzonen.Die Beantragung der verkehrsrechtlichen Anordnung kann in „Standardfällen“ mithilfe sog. Regelpläne erfolgen, die Bestandteil der RSA 95 sind. In diesen Regelplänen sind exemplarisch Arbeitsstellen auf verschiedenen Straßenteilen abgebildet und es wird eine jeweils dazu passende Absicherung, Beschilderung und Verkehrsführung dargestellt. Wenn einer dieser Regelpläne unverändert auf die Situation vor Ort angewendet werden kann, so genügt es, im Antrag die Bezeichnung des entsprechenden Regelplans anzugeben. In allen anderen Fällen ist ein separater Verkehrszeichenplan erforderlich, der die speziellen örtlichen Gegebenheiten, Restbreiten, die geplante Verkehrsführung, sowie die vorgesehene Absicherung und Beschilderung darstellt.
Zur Vereinfachung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens bei kleineren, wiederkehrenden Arbeitsstellen gibt es schon heute die Möglichkeit von vereinfachten Verfahren. Hier können dem Grunde nach 2 Varianten unterschieden werden:
Variante 1 – ortsunabhängige Jahresgenehmigung
Für kleine Baumaßnahmen von kurzer Dauer (wie z.B. Reparaturarbeiten an Schachtdeckeln, Baumschneidearbeiten oder kleinere Grabungsarbeiten) gibt es das sog. „Vereinfachte Anordnungsverfahren“ für Firmen, die regelmäßig wiederkehrend gleichförmige Baustellen im gesamten Stadtgebiet einrichten. Hierfür kann die Straßenverkehrsbehörde eine „Jahresgenehmigung“ ausstellen, die Baufirmen können dann mit einem einseitigen Anmeldeformblatt unbürokratisch kleinere Arbeitsstellen einrichten. Voraussetzung hierfür ist, dass die konkrete Arbeitsstelle vollständig und unverändert gemäß eines vorgefertigten Regelplans abgesichert werden kann und dass auf allen Verkehrsflächen (also z.B. Gehweg, Radweg und Fahrbahn) noch eine fest definierte Restbreite verbleibt. Außerdem ist auch die zeitliche Dauer der so genehmigten Arbeitsstellen – je nach Lage der Arbeitsstelle – auf einen Tag bzw. eine Woche beschränkt. In Fußgängerzonen ist die Jahresgenehmigung nicht anwendbar.
Variante 2 – ortsbezogene Jahresgenehmigung
Sofern an derselben Örtlichkeit immer wieder eine identische Arbeitsstelle eingerichtet wird, kann für diese konkrete Örtlichkeit eine sog. „ortsbezogene Jahresgenehmigung“ erteilt werden. Hier werden sowohl ein individueller Verkehrszeichenplan als auch die entsprechenden Auflagen im Vorfeld mit der Straßenverkehrsbehörde abgestimmt. Solange sich wederdie Gegebenheiten vor Ort noch die Ausgestaltung der Arbeitsstelle ändert, kann auch hier ohne nochmalige aufwändige Prüfung des Plans eine entsprechende verkehrsrechtliche Anordnung erteilt und eine Arbeitsstelle eingerichtet werden.
Die zweite Variante bietet sich z.B. für Antragstellende an, die mehrmals im Jahr Arbeiten an der selben Stelle ausführen müssen, z.B. das Aufstellen von Hebebühnen für regelmäßige Fensterreinigungsarbeiten oder die Überprüfung von Mobilfunkantennen.
Für Arbeiten, die nur einmal jährlich stattfinden, bietet es sich u.E. allerdings eher an, die Arbeitsstelle auf dem „normalen Weg“ bei der Stra-ßenverkehrsbehörde zu beantragen und dem Antrag die Pläne bzw. die Genehmigung vom Vorjahr beizufügen, da das erstmalige Prüfen eines Antrags auf Jahresgenehmigung natürlich auch einen gewissen Aufwand auf Seite der Antragstellenden und auf Seite der Straßenverkehrsbehörde verursacht.
Bei Arbeiten, die keinen nennenswerten Eingriff in den Verkehr darstellen, ist auf dem „normalen“ Antragsweg die durchschnittliche Bearbeitungsdauer mit ca. 2 - 3 Wochen ohnehin bereits geringer als bei komplexeren Baumaßnahmen.
Die Einführung eines weiteren vereinfachten Verfahrens halten wir daher nicht für zielführend. Geringere Anforderungen an das Absperrmaterial sind, wie oben dargelegt, aus rechtlichen und nicht zuletzt auch aus Sicherheitsgründen nicht umsetzbar. Wir gehen jedoch davon aus, dass mit den dargestellten Varianten auch für standsicherheitsrelevante Untersuchungen eine möglichst unbürokratische Beantragung der verkehrsrechtlichen Anordnungen möglich ist, auch wenn im Interesse der Verkehrssicherheit nicht auf gewisse Mindestanforderungen verzichtet werden kann.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.