Das Verwaltungsgericht (VG) München hatte in einer Entscheidung zugunsten der Landeshauptstadt München vom 7. Dezember 2020 die städtische Vorkaufsrechtspraxis in Erhaltungssatzungsgebieten bereits bestätigt. Jetzt hat die Stadt München diese Auffassung des Gerichts auch schriftlich: Mit ihrer Vorkaufsrechtspraxis wirkt die Stadt der Verdrängung von funktionierenden Bevölkerungsstrukturen entgegen. Sie schützt so die angestammte Wohnbevölkerung vor fortschreitender Gentrifizierung. Diese Zielsetzung ist nach Auffassung des VG München legitim und dient dem Allgemeinwohl.
In Erhaltungssatzungsgebieten steht der Stadt beim Verkauf von Grundstücken regelmäßig ein Vorkaufsrecht zu. Der Erwerbende kann das Vorkaufsrecht abwenden – aber nur, wenn er sich verpflichtet, das Anwesen entsprechend den Zielen und Zwecken der Erhaltungssatzung zu nutzen. Diese Abwendungserklärung muss nach Auffassung des VG München inhaltlich geeignet sein, die Gefahr der Veränderung der angestammten Wohnbevölkerung hinreichend auszuschließen.
Das VG München erkennt die vom Stadtrat beschlossene Anforderung einer Mietpreis- und Belegungsbindung mit Einkommensgrenzen als zentralen Kern einer wirksamen Abwendungserklärung ausdrücklich an. Eine Veränderung der angestammten Wohnbevölkerung lasse sich „maßgeblich dadurch verhindern, dass die Miethöhe begrenzt wird und/oder der Kreis der berechtigten Mieter an die Einkommensverhältnisse gekoppelt wird“. Der bezweckte Erhalt der angestammten Wohnbevölkerung sei in den betroffenen Gebieten maßgeblich dadurch gefährdet, dass Wohnungen aufgrund ihrer Lage das gesteigerte Interesse finanzkräftiger Mieter*innen finden und dadurch ein Verdrängungsprozess einkommensschwächerer Mieter*innen stattfinde.
Weiter stellt das VG München fest, dass es unerheblich sei, ob in dem konkreten Vorkaufsobjekt selbst verdrängungsgefährdete Personen und Haushalte wohnen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts genüge vielmehr eine abstrakte Sichtweise dergestalt, dass der fragliche Wohnraum für eine einkommensschwächere soziale Schicht des Erhaltungssatzungsgebiets gesichert werden kann und muss. Bei einem Auszug von nicht verdrängungsgefährdeten Personen und Haushalten könne die Stadt den dann frei werdenden Wohnraum Berechtigten zur Verfügung stellen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger haben einen Monat Zeit, Berufung einzulegen.
Bürgermeisterin Verena Dietl: „Dieses Urteil bestätigt unser jahrzehntelanges Engagement im Bereich des Milieuschutzes durch die Ausweisung von Erhaltungssatzungsgebieten. Wir wollen auch weiterhin in diesem Bereich am Ball bleiben und versuchen, die Mieterinnen und Mieter so weit es geht vor Verdrängung aus ihrer heimischen Umgebung zu schützen.“ Kommunalreferentin Kristina Frank: „Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil einige wegweisende Feststellungen getroffen. Diese helfen der Landeshauptstadt München, ihre Vorkaufsrechtspraxis umzusetzen. So wird die Gentrifizierung gebremst und die Münchner Mischung erhalten, eines unserer wichtigsten Ziele. Allerdings ist die rechtliche Diskussion noch nicht am Ende – es ist damit zu rechnen, dass diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten wird.“