Ausweitung der Kulanzregelung in der Kindertagespflege
Antrag Stadträtinnen Beatrix Burkhardt und Alexandra Gaßmann (CSU- Fraktion) vom 22.12.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrem o.g. Antrag vom 22.12.2020 beantragen Sie die Ausweitung der Kulanzregelung für selbstständige und in Großtagespflege tätige Tagespflegepersonen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Die Förderung der laufenden Geldleistung nach § 23 Sozialgesetzbuch – Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) im Rahmen der betreuungsfreien Zeit (Kulanztage) ist eine freiwillige Leistung der Landeshauptstadt München ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs und wurde vom Stadtrat im Jahr 2005 beschlossen (vgl. Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 7029).
Umsetzung der Kulanzregelung
Voraussetzung für die Gewährung der Förderung nach § 23 SGB VIII ist grundsätzlich die tatsächliche Betreuung.
Die Tagesbetreuungspersonen erhalten eine Weitergewährung der Förderleistung bei einer Betreuungsunterbrechung von 30 Tagen (6 Wochen). Dies geht weit über die Empfehlungen des Bayerischen Landkreis- und Städtetags hinaus. Zudem übersteigt die großzügig ausgestaltete Kulanzzeitregelung den für Arbeitnehmer*innen gesetzlich bestehenden Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz (24 Tage).
Vom Grundsatz her sind Kindertagespflegepersonen selbständig tätig. Das heißt zunächst einmal, dass sie das unternehmerische Risiko grundsätzlich selbst tragen.
Anstellungsträger*innen und Tagesbetreuungspersonen werden vor Beginn ihrer Tätigkeit durch die zuständige sozialpädagogische Fachkraft darauf hingewiesen.
Eine Ausweitung der freiwillig geleisteten Kulanzregelung wäre nur mit einem erheblichen finanziellen Aufwand möglich, die in Anbetracht der aktuellen Haushaltslage nicht zu befürworten ist.
Zur Verdeutlichung dient folgende Berechnung:Die Mittel der Landeshauptstadt München für die Förderung im Rahmen der Kulanzregelung für 30 betreuungsfreie Tage liegen bei 2.551.484 Euro jährlich.
Im Falle einer Erweiterung der Kulanzzeit um z.B. zusätzlich 20 Tage wären weitere Mittel in Höhe von 1.700.989 Euro erforderlich. Bei einer Ausweitung der Kulanzregelung von bisher 30 betreuungsfreien Tagen um zusätzliche 20 weitere Tage auf insgesamt 50 Tage beliefen sich die Gesamtkosten der Landeshauptstadt München für eine nicht erbrachte Leistung auf dann insgesamt 4.252.473 Euro.
Darüber hinaus würde eine Ausweitung der Kulanzregelung zu einer gro-ßen Belastungssituation der Eltern führen, die mit ihrem gesetzlichen Urlaubsanspruch nicht die zusätzlichen betreuungsfreien Tage abdecken könnten und somit mit dem Problem konfrontiert wären, hierfür eine ad-äquate Lösung zu finden. Dieses würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Verschlechterung der Betreuungssituation zum Nachteil der Eltern führen.
Finanzielle Ausgestaltung der Förderleistung
Die Förderleistung wurde mit Beschluss der Vollversammlung vom 27.11.2019 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 16384) angehoben.
Zeitgleich wurde die bis Ende 2019 greifende stundengenaue Berechnung der Förderleistung abgeschafft und eine Förderung in Buchungszeitkorridoren bewilligt.
Für eine Betreuungszeit von 36 Stunden pro Woche erhielt eine Tagesbetreuungsperson bei einer Betreuung von fünf Kindern bis Ende 2019 im Durchschnitt monatlich 5.600 Euro.
Seit dem 1.1.2020 liegt die genannte Betreuungszeit im Buchungszeitkorridor 35 bis 40 Stunden.
Dementsprechend erhält eine Tagesbetreuungsperson nunmehr die Förderung für 40 Stunden (berechnet wird analog der Kostenbeiträge der Eltern). Mit dieser neuen Regelung erhält eine Tagesbetreuungsperson seit dem 1.1.2020 nunmehr eine monatliche Förderung in Höhe von 6.508 Euro. Das ergibt eine reale Erhöhung der Förderleistung um 908 Euro im Monat. Dies entspricht einer Steigerung um 16,21%. Die Anhebung der Förderleistung im Rahmen der Großtagespflege beläuft sich bei einer Buchungszeit von 36 Stunden auf monatlich 2.085,20 Euro.
Die meisten Tagesbetreuungspersonen und Anstellungsträger*innen haben daher die Buchungszeit nach Einführung der Buchungszeitkorridorenach oben angepasst, um eine entsprechend höhere Förderleistung erhalten zu können.
Zur Belastungssituation im Rahmen der Coronapandemie
Die Landeshauptstadt München hat neben dem SodEG (Sozialdienstleister-Einsatzgesetz) eine Möglichkeit geschaffen, auch in Zeiten der pandemiebedingten Unmöglichkeit der Leistungserbringung eine bis zu 100%ige Weiterfinanzierung der Geldleistungen zu ermöglichen. Diese wird im Rahmen einer konkludenten Sondervereinbarung vorrangig vor dem SodEG gewährt (Beschluss der Vollversammlung vom 22.7.2020 Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 00760). Auch die Kindertagespflege wurde im Rahmen der konkludenten Sondervereinbarung finanziert. Dadurch erhielten alle Tagesbetreuungspersonen während der betreuungsfreien Zeiten vollumfänglich ihre reguläre Förderleistung.
Für den Zeitraum vom 16.12.2020 bis 22.2.2021 (Rückkehr in den eingeschränkten Regelbetrieb) wurden die Fördergelder weiterhin vollumfänglich gewährt, sofern Notbetreuung angeboten wurde, auch wenn nicht alle Eltern die Notbetreuung in Anspruch genommen haben. Für diese Zeit wurden keine Kulanztage in Abzug gestellt. Dadurch konnte durch die Landeshauptstadt München die finanzielle Absicherung der selbstständig tätigen Tagesbetreuungspersonen sichergestellt werden.
Aus genannten Gründen wird seitens des Sozialreferates der Antrag auf Ausweitung der Kulanzregelung nicht befürwortet.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.