Mindestlohnbetrug beim FC Bayern München? Welche Konsequenzen zieht die Stadt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 30.3.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Ihre Anfrage vom 30.3.22 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter dem Referat für Arbeit und Wirtschaft zur Beantwortung zugeleitet. Die Antworten wurden in Kooperation mit dem Kreisverwaltungsreferat und dem Direktorium, Vergabestelle 1, erarbeitet.
In Ihrer Anfrage führen Sie als Begründung aus:
„Ende letzten Jahres wurde breit darüber berichtet, dass gegen die Vorstandschaft des FC Bayern München wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz am Nachwuchsleistungszentrum, dem FC Bayern Campus, ermittelt wird […] Konkreter Vorwurf laut Zoll ist das Vorenthalten und die Veruntreuung von Arbeitsentgelt (eine Straftat laut § 266a StGB) sowie das nicht richtige Führen von Stundenaufzeichnungen, Nichtgewährung des Mindestlohns (eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 SGB IV bzw. § 21 Mindestlohngesetz). Gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Format Sport Inside hatten einige der Jugendtrainer des FC Bayern angegeben, über viele Jahre auf 450-Euro-Basis statt der erlaubten zehn Wochenstunden mindestens doppelt, teilweise drei bis vier Mal so lange gearbeitet zu haben. Schon 2019 gab es im Zuge des Audi-Cups in der Allianz Arena eine groß angelegte Schwarzarbeitskontrolle der Sicherheitsdienste durch den Zoll, bei der bei etwa 80% der Personen Gesetzesverstöße oder Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden.
Dabei handelte es sich zwar nicht um direkt beschäftigte Personen, sondern um die Mitarbeiter*innen des vom Verein beauftragten Dienstleisters. In der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Stadtratsfraktion zu diesem Vorfall hielt der Oberbürgermeister fest: ´Gegen die Firmen, die nachweislich bewachungs- bzw. gewerberechtliche Verstöße begangen haben, werden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.` [...]“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Um wie viele Personen handelt es sich am Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern München, denen der Mindestlohn nicht gewährt wurde und/oder denen Arbeitsentgelt vorenthalten worden ist?
Antwort:
Die Staatsanwaltschaft München I hat auf Anfrage dem Referat für Arbeit und Wirtschaft mitgeteilt, dass die Ermittlungen in Sachen „Mindestlohnverstöße beim FC Bayern Campus“ derzeit noch nicht abgeschlossen sind. Grundsätzlich kann die Frage daher aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht beantwortet werden.
Frage 2:
Wie hoch wird der Verlust geschätzt, der aufgrund von nicht geleisteten Sozialabgaben und Steuern etc. entstanden ist?
Antwort:
Hierzu könnten allenfalls die zuständigen Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger qualifizierte Schätzungen abgeben. Grundsätzlich kann das im Moment nicht beantwortet werden.
Frage 3:
Hat die Stadt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren in diesem Zusammenhang eingeleitet?
Antwort:
Nein, siehe auch Antwort 1 und 2.
Frage 4:
Hat die Stadt gewerbliche Zuverlässigkeitsprüfungen in oben genanntem Zusammenhang durchgeführt und wie fielen die Ergebnisse dieser aus?
Antwort:
Das Kreisverwaltungsreferat ermittelte im Rahmen der von Ihnen angesprochenen Vor-Ort-Kontrolle zahlreiche Verstöße gegen gewerberechtliche Regelungen durch beauftragte Sicherheitsunternehmen. Die Verstöße der Sicherheitsunternehmen mit Betriebssitz in München wurden mit Bußgeldern geahndet, auf eine gewerberechtliche Zuverlässigkeitsprüfung wurde wegen der Geringfügigkeit der Verstöße verzichtet. Vorgänge im Zusammenhang mit Firmen mit Betriebssitz außerhalb Münchens wurden an die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden abgegeben.
Frage 5:
Welche Konsequenzen zieht die LHM aus dem Lohn-Dumping am FC Bayern Campus?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1 und 2. Der FC Bayern teilt mit, dass er sich seiner Vorbildfunktion und seiner sozialen Verantwortung bewusst ist und großen Wert auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den Mitarbeitenden legt. Nach Auskunft des FC Bayern wurden während der Pandemie sämtliche Gehälter ausnahmslos durchgehend weiterbezahlt, obwohl viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen der teilweisen Einstellung des Spielbetriebes und der Schließung der Fanshops nicht arbeiten konnten. Auch auf eine Minderung von Mieten für nicht genutzte Shop-Flächen hat der FC Bayern während dieser Zeit verzichtet.
Frage 6:
Lässt sich die Stadt München zukünftig von Ihren Partnern „Fairness“, sprich eine faire Bezahlung und damit die Einhaltung des Mindestlohngesetzes schriftlich zusichern?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München sieht keinen weiteren Regelungsbedarf, sie achtet grundsätzlich bei allen Partnern auf die Einhaltung des Mindestlohns, siehe hierzu auch die Antwort auf Frage 1 und 2.
Bei Veranstaltungen, die von der LHM durchgeführt werden (z.B. Oktoberfest) ist das Direktorium – Vergabestelle 1 – für die Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen zuständig. Die Vergabestelle 1 schließt anhand von Gewerbezentralregister- bzw. Zollauskünften Anbieter aus, die zu Bußgeldern höher als 2.500 Euro verurteilt wurden. Jede beauftragte Sicherheitsfirma muss vor dem Einsatz einer Sicherheitskraft deren Freigabe durch die Sicherheitsbehörde nachweisen. Der Mindestlohn wird in der Kalkulation geprüft. Wenn im laufenden Vertrag der Verdacht besteht, dass der Mindestlohn nicht an die Sicherheitskraft ausbezahlt wird, muss die Sicherheitsfirma die Lohnabrechnung belegen.
Die Beschäftigungsverhältnisse bei den Beteiligungsgesellschaften unterliegen zu 98% der Tarifbindung. Die fehlenden 2% sind entweder Beschäftigungsverhältnisse im künstlerischen Bereich oder übertariflich entlohnteFachangestellte. Die städtischen Beteiligungsgesellschaften achten auch bei ihren Geschäftspartnerschaften auf Einhaltung von Mindestlöhnen und Sozialstandards.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten
konnte.