Bezahlbarer Wohnraum: Was versteht die Stadtverwaltung darunter?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 19.11.2021
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Zu Ihrer Anfrage vom 19.11.2021 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Was versteht die Stadtverwaltung unter bezahlbarem Wohnraum?
Antwort:
Die Bezahlbarkeit von Wohnraum ist keine normative Größe, sondern lässt sich nur im Verhältnis zum Einkommen messen. Generell kann aber gesagt werden, dass die Wohnkostenbelastung, das heißt der relative Anteil des Haushaltsnettoeinkommens der für Wohnraum (Bruttokaltmiete) ausgegeben wird, etwa ein Drittel des verfügbaren Einkommens nicht übersteigen sollte.
Ein wichtiges Ziel der Münchner Wohnungspolitik ist es daher, Wohnraum auch für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen zu schaffen. Durch das Instrument der Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) ist sichergestellt, dass in neuen Baugebieten auch immer geförderter und preisgedämpfter Wohnraum entsteht.
Frage 2:
Welcher qm-Preis gilt als bezahlbarer Wohnraum?
Antwort:
Ähnlich wie Frage 1 lässt sich auch diese Frage nur in Abhängigkeit zum verfügbaren Einkommen beantworten.
Im staatlichen Förderprogramm der Einkommensorientierten Förderung (EOF), welches sich an niedrige Einkommensbezieher*innen richtet, beträgt die Erstvermietungsmiete für im Jahr 2021 neu bewilligte Vorhaben 10,00 Euro/m². Die tatsächliche Mietbelastung des Haushaltes kann jedoch einkommensabhängig durch einen Mietzuschuss (EOZF) in Höhe von 2,00 Euro/m² bis 4,00 Euro/m² gesenkt werden.
Im Förderprogramm München Modell, welches sich an mittlere Einkommensbezieher*innen richtet, beträgt die Erstvermietungsmiete für im Jahr2021 neu bewilligte Vorhaben 11,50 Euro/m² (bzw. 12,50 Euro/m² für Kleinwohnungen bis 25 m² Wohnfläche).
Frage 3:
Wie viel Wohnfläche ist pro Haushalt (1 Personen-, 2 Personen-, 3 Personen- und Mehrpersonen-Haushalte) zur Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen erforderlich? Für wie viel Prozent der Haushalte ist die Wohnfläche ausreichend?
Antwort:
Im Rahmen der Registrierung von Wohnungssuchenden für geförderten Wohnraum gilt grundsätzlich ein Wohnraum pro Person als angemessen. Die Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB 2012) definieren die höchstzulässigen Wohnflächen im geförderten Wohnungsbau wie folgt:
Diese Wohnflächen werden bei der fördertechnischen Prüfung von Neubauvorhaben im geförderten Wohnungsbau zu Grunde gelegt.
Dem Sozialreferat liegen keine Zahlen vor, bei wie vielen Haushalten in München diese Anforderungen eingehalten werden.
Für die Haushalte, die für eine geförderte Wohnung registriert sind, ergeben sich zum 30.6.2021 jedoch folgende Werte:
Gesamtzahl der registrierten Haushalte: 14.429
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Davon wohnten 3.707 Haushalte (26%) in einer zu kleinen Wohnung (weniger Wohnräume als Personen im Haushalt).
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Davon waren 3.359 Haushalte (23%) als wohnungslos registriert (hatten also keine Wohnung).
Frage 4:
Wie viel Prozent vom Einkommen sind pro Kopf bzw. pro Haushalt zur Deckung des Wohnbedarfs höchstens einzusetzen? Für wie viel Prozent der Münchner Bevölkerung trifft dies zu?
Frage 5:
Wie viel Prozent der Haushalte bzw. der Münchner Bevölkerung verfügen über keinen bezahlbaren Wohnraum?
Antwort zu Frage 4 und Frage 5:
In der Zusatzerhebung zur Wohnsituation der Haushalte, die im Abstand von vier Jahren ergänzend zum jährlich erhobenen Grundprogramm des Mikrozensus erfolgt, wird unter anderem eine Mietbelastungsquote für die Landeshauptstadt München ausgegeben. Das Statistische Bundesamt definiert die Mietbelastungsquote als den Anteil am Haushaltsnettoeinkommen, der für die Bruttokaltmiete aufgebracht werden muss. Die Mietbelastungsquote liegt in München für das Jahr 2018 bei durchschnittlich 30,6%. Sowohl der deutsche als auch der bayerische Durchschnitt belaufen sich auf 27,2%.
Die Mietbelastung eines Haushaltes ist von verschiedenen Faktoren abhängig und fällt demzufolge unterschiedlich hoch aus. Wenn die Mietbelastung einen Wert von 35% des Haushaltsnettoeinkommens überschreitet, wird angenommen, dass diese Überschreitung für die Haushalte als problematisch gilt. Demnach hat in München ein Drittel der Haushalte eine kritische Mietbelastung.
Bei Betrachtung der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen haben weibliche Einpersonenhaushalte und Haushalte mit vier oder mehr Kindern die höchsten Mietbelastungen. Je höher das monatliche Haushaltsnettoeinkommen ist, desto geringer ist der Teil, den die Miete beansprucht. So benötigen Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 900 Euro fast zwei Drittel hiervon für die Wohnkosten. Überdurchschnittlich hoch sind zudem „junge Haushalte“ der bis zu 25-Jährigen und Seniorenhaushalte (ab 65 Jahren) durch die Miete belastet. Ebenso sinkt die Mietbelastungsquote mit der Anzahl der Einkommensbeziehenden im Haushalt deutlich.