2 Jahre „Artenvielfalt – Rettet die Bienen“ V: Wie hat sich der Anteil der Biolandwirtschaft in München seither entwickelt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Nicola Holtmann, Dirk Höpner, Hans-Peter Mehling, Tobias Ruff und Rudolf Schabl (Fraktion ÖDP/FW) vom 12.2.2021
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
In Ihrer Anfrage greifen Sie auf, dass die Münchnerinnen und Münchner im Februar 2019 Schlange standen, um sich für das Volksbegehren „Artenvielfalt – Rettet die Bienen“ einzutragen. Weiter führen Sie aus: „Ziel des Volksbegehren war unter anderem, dass bis 2025 mindestens 20% und bis 2030 mindestens 30% der landwirtschaftlichen Flächen gemäß den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden. Der Bayerische Landtag hat dieses Ziel im Anschluss als Gesetz übernommen. Die Nachfrage nach hochwertigen biologisch erzeugten Nahrungsmitteln hat seither deutlich zugenommen.
Ökologischer Landbau hat den Vorteil, dass weitgehend auf Pestizide und mineralische Dünger verzichtet wird. Nährstoffkreisläufe werden geschlossen. Dies wirkt sich positiv auf die Artenvielfalt, die Wasserqualität und die Kohlenstoffspeicherkapazität der Böden aus.
Die Ausweitung des ökologischen Landbaus in München sollte deshalb auch im Interesse der Stadt München liegen.“
Zunächst möchte ich mich für die gewährten Fristverlängerungen bedanken.
Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der folgenden Fragen:
Frage 1:
Wie hoch ist der Anteil des ökologischen Landbaus in München, nach Flächen und nach Betrieben? Wie hat sich dessen Anteil seit 2019 entwickelt?
Antwort:
Das zuständige Amt für Landwirtschaft und Forsten Ebersberg-Erding (AELF Ebersberg-Erding) teilte uns diesbezüglich in seiner Stellungnahme vom 8.10.2021 folgende Zahlen und Anteile mit:Das AELF Ebersberg-Erding weist darauf hin, dass es sich hierbei um Mehrfachantragsteller*innen aus dem Stadtgebiet München handelt. Hierbei ist nicht zu unterscheiden, wo sich deren landwirtschaftliche Fläche genau befindet. Diese könnte auch außerhalb des Stadtgebietes München liegen. Für das AELF Ebersberg-Erding ist es somit nicht möglich, genau herauszufinden, wie hoch der Anteil der ökologisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche im Stadtgebiet München ist.
Die SgM sind einer der 6 bzw. 5 Betriebe im Stadtgebiet. Die Zahl der von uns ökologisch bewirtschafteten Fläche lag 2019 bei insgesamt ca. 890 ha und hatte damit einen Anteil von 89,5% der gemeldeten Flächen. 2021 bewirtschafteten wir ca. 868 ha ökologisch und hatten damit einen Anteil von 85,8% an der gemeldeten Gesamtfläche. Im Zeitraum 2019 -2021 stieg also sowohl die absolute Zahl als auch der prozentuale Anteil der in München gemeldeten privaten Flächen in ökologischer Bewirtschaftung an.
Die Verringerung der Gesamtzahl der von den SgM bewirtschafteten Öko-Flächen zwischen 2019 und 2021 ergibt sich aus Tauschvorgängen aus dem Grundstücksvorrat mit privaten Landwirt*innen im Rahmen von Stadtentwicklungsprojekten. Hierbei wurden ökologisch zertifizierte Flächen an konventionell wirtschaftende Landwirte getauscht. Im Stadtgebiet bewirtschaften die SgM aktuell etwa 100 ha landwirtschaftliche Flächen ökologisch.
Frage 2:
Sind Initiativen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) bekannt, die die Umstellung auf Ökolandbau gerade im Umfeld der Großstadt fördern?
Antwort:
Das AELF Ebersberg-Erding teilte uns diesbezüglich in seiner o.g. Stellungnahme Folgendes mit: „Durch die Neuausrichtung der Landwirtschaftsverwaltung wurden die bisherigen Fachzentren Ökologischer Landbau aufgelöst. Seit dem 1.7.2021 wurde dafür an jedem Amt ein Ansprechpartner für den Ökologischen Landbau bereitgestellt, welcher speziell den Betrieben im Dienstgebiet für die Umstellungsberatung zur Verfügung steht. Zudem bietet das Kulturlandschaftsprogramm B10 Ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb eine Fördermöglichkeit und einen Anreiz für Landwirt*innen ihren Betrieb auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen.
Mit dem Programm BioRegio 2030 wird das erfolgreiche Landesprogramm BioRegio Bayern 2020 fortgesetzt. Ziel von BioRegio 2030 ist es, dass 30Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Bayern im Jahr 2030 ökologisch bewirtschaftet werden. Gleichzeitig setzt das neue Landesprogramm auf eine Stärkung von Absatz und Nachfrage, um Marktverwerfungen zu vermeiden (siehe auch Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; https://www.stmelf.bayern.de/landwirtschaft/oekolandbau/index.php)“.
Frage 3:
Hat die Stadt München Maßnahmen ergriffen, um die Umstellung auf Ökolandbau in der Stadt zu unterstützen?
Antwort:
Im Rahmen des Stadtratsbeschlusses „Ergebnisse der Runden Tische ,Landwirtschaft in München‘ und Aufgreifen der Empfehlungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 02155) vom 15.5.2021 erhielten die SgM u.a. den Auftrag, eine direkte Förderung für den Ökolandbau in München zu prüfen und auszuarbeiten (siehe Anlage). Die SgM befinden sich diesbezüglich gerade im Erarbeitungsprozess. Alle weiteren geplanten Maßnahmen zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft in München, die sich nun stadtweit in der Erarbeitung und Ausgestaltung befinden, sind im Antragstext des o.g. Beschlusses zusammengefasst.
Frage 4:
Hat sich der Anteil der städtischen Flächen, die durch die Stadtgüter oder durch Pächter ökologisch bewirtschaftet werden seit 2019 erhöht? Wenn ja, um wie viel?
Antwort:
2019 bewirtschafteten die SgM insgesamt 1.524 ha landwirtschaftliche Flächen, davon waren 890 ha ökologisch zertifiziert und hatten einen Anteil von 58% an der Gesamtfläche. 2021 bewirtschafteten wir insgesamt 1.507 ha, davon waren 868 ha und damit ein etwa gleichbleibender Anteil ökologisch zertifiziert. Die Verringerung der ökologisch bewirtschafteten Flächen ergibt sich, wie unter Frage 1 erläutert, aus Flächenabgängen auf Grund von Tauschvorgängen.
Wir haben keine Informationen über die Umstellung von Betrieben von Bestandspächter*innen, sodass wir über den Anteil an ökologisch bewirtschafteten Pachtflächen keine Aussage treffen können. Bei Neuverpachtungen geben wir ökologisch wirtschaftenden Pächter*innen den Vorrang (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 10579 „Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen an Ökobauern“ vom 17.8.2011).
Frage 5:
Wie hat sich der Anteil regional erzeugter ökologischer Lebensmittel im Einflussbereich der LH München, beispielsweise in Kantinen, in Kitas, auf Festen, Dulten und Lebensmittelmärkten seit 2019 entwickelt?
Antwort:
Für den Bereich der Kantinen und Kitas teilt das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) in einer Stellungnahme vom 18.10.2021 mit, dass „die Landeshauptstadt München bereits seit 2006 per einstimmigem Stadtratsbeschluss Biostadt (ist). Seither arbeiten wir mit vielen Aktivitäten und Projekten daran, die Verwendung von Lebensmitteln aus ökologischer Landwirtschaft Schritt für Schritt zu steigern. In einigen Bereichen waren wir bereits besonders erfolgreich: In den 430 städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen mit täglich ca. 34.000 ausgegebenen Essen liegt der Bio-Anteil beispielsweise bei über 50%. Das Münchenstift mit neun Standorten und ca. 3.000 Essen täglich hat – trotz des niedrigen Budgets für Verpflegung – einen Bio-Anteil von über 30% erreicht, im Haus Buchenried, dem Tagungshaus der Münchner Volkshochschule, liegt er sogar bei ca. 37% und bei städtischen Empfängen wird nur Biofleisch serviert. Auch in den drei vom POR betreuten städtischen Kantinen steht mit fast 20% regelmäßig Bio auf der Speisekarte. In den vergangenen drei Jahren initiierte die Biostadt einen stadtweiten Prozess zur Verwendung von Lebensmitteln in Bio-Qualität, in den sie alle Referate und städtischen Gesellschaften miteinbezog. Zahlreiche städtische Einrichtungen wurden erfolgreich zur Verwendung von Bio-Lebensmitteln beraten. Damit konnte erreicht werden, dass in vielen Bereichen inzwischen ein gewisser Bioanteil selbstverständlich ist. Eine ausführliche Darstellung des aktuellen Standes zur Verwendung von ökologisch erzeugten Lebensmitteln findet sich im Stadtratsbeschluss „Mehr Bio-Lebensmittel in allen städtischen Einrichtungen und bei allen städtischen Verpflegungsanlässen: Schritte in Richtung einer Ernährungswende in München“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03573). Mit diesem Beschluss hat der Stadtrat auch neue Ziele festgelegt, nämlich stadtweit den Bio-Anteil auf 40% bis Ende 2022 und auf 60% bis Mitte 2025 zu steigern.
Das Leitbild der Biostadt München ist „bio-regional-fair“. Um dem Anspruch, Bio nach Möglichkeit aus dem regionalen Umfeld zu beziehen, noch mehr gerecht zu werden, plant das RKU über eine externe Dienstleister*in eine Koordinierungsstelle einzurichten, die zwischen regionalen Anbieter*innen von ökologisch erzeugten Lebensmitteln und den Verpflegungsstellen vermittelt und beim Aufbau von regionalen Marktbeziehungen unterstützend mitwirkt.“Der Bereich der Feste und Dulten liegt in der Verantwortung des Referats für Arbeit und Wirtschaft (RAW). Dieses teilt in einer Stellungnahme vom 19.10.2021 bezüglich des Anteils an ökologischen Lebensmitteln auf Festen und Dulten Folgendes mit: „Im Veranstaltungsjahr 2020 sind fast alle Markt- und Volksfestveranstaltungen wegen Corona ausgefallen. Eine Entwicklung gegenüber 2019 kann daher nicht aufgezeigt werden. Auch 2021 ist nicht vergleichbar, da einige Veranstaltungen ausfallen mussten, bzw. nur mit einem Teil der Beschicker*innen stattfinden können.
Es kann daher nur auf die nachfolgende Tabelle verwiesen werden, die die Entwicklung beim Angebot von Bio-Produkten über die letzten fünf Jahre aufzeigt (jeweils absolute Zahl von Betrieben mit Bio-Angeboten):
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zahl der zugelassenen Beschicker*innen für die Veranstaltungen des RAW, die ihr Hauptsortiment zu 100% auf biologische und regionale Produkte umgestellt haben:
2018 erfolgte eine Umstellung des Auswahlsystems. Seitdem werden Zusatzpunkte nur noch für Betriebe vergeben, die ihr Hauptsortiment zu 100% auf biologische und/oder regionale Produkte umgestellt haben.2019 war es demnach erstmals möglich, einen Vergleich anzustellen. Dieser ist insofern immer noch wenig aussagekräftig, als zur validen Feststellung von Steuerungseffekten ein mehrjähriger Betrachtungszeitraum nötig ist.
Nach aktueller Datenlage lassen sich bisher nur schwerlich quantifizierbar Schlüsse ziehen. Dennoch lassen sich folgende Details feststellen: - Die Qualität des Bio-Angebots hat sich verbessert, da Betriebe mit Feigenblatt-Produkten herausfallen und gleichzeitig eine absolute Zunahme von Anbieter*innen mit Bio-Hauptsortiment zu verbuchen ist.
-Einzelne Höhepunkte 2021:
- 5 von 8 Süßwarenständen auf den Dulten und 8 von 11 auf dem Christkindlmarkt führen im Hauptsortiment ausschließlich Bioprodukte.
- 3 von 3 Feinkostständen auf den Dulten und 5 von 6 auf dem Christkindlmarkt führen ausschließlich Bio.
- 17 von 18 Heißgetränkeständen auf dem Christkindlmarkt führen Bio.
-Nur Stände mit 100 Prozent Bio-Angebot waren erfolgreich. Die Nachfrage nach Bio ist bei Geschäften mit Mischsortiment schlecht. Dort besteht von Verbraucher*innenseite eher Interesse an regionalen Produkten.“
Für den Bereich der Lebensmittelmärkte teilen die Markthallen München (MHM) in einer Stellungnahme vom 20.9.2021 mit, dass die „MHM Veranstalter der vier festen Lebensmittelmärkte und der Wochen- und Bauernmärkte in München (sind).
Auf den Märkten der MHM ist seit einigen Jahren eine stetig steigende Nachfrage nach regional ökologisch erzeugten Lebensmitteln zu verzeichnen. Das belegt der kontinuierlich steigende Anteil an Händler*innen, welche diesen Bereich abdecken. Zum einen sind bestehende Sortimente dahingehend erweitert bzw. umgestellt worden, zum anderen konnten einige neue Händler*innen gewonnen werden, die nur biologische und/oder regional erzeugte Lebensmittel anbieten.
Bei Neuvergabe von Objekten der MHM wird im Zuge des öffentlichen Ausschreibungsverfahrens seit einigen Jahren der Fokus auf regional ökologisch erzeugte Lebensmittel gelegt. Bewerbungen, welche einen nachgewiesenen Beitrag zu Ökologie und Umweltschutz sowie den Nachweis über eine Bio-Zertifizierung ihres Betriebes vorlegen, werden aus diesem Grund mit Zusatzpunkten bewertet bzw. bepunktet.
Die Corona-Pandemie hat zudem dazu beigetragen, dass sich die Nachfrage nach regional ökologisch erzeugten Lebensmitteln gesteigert hat. Die MHM können den Bestandshändlern*innen generell nicht vorschreiben,den Anteil an regional ökologisch erzeugten Lebensmitteln zwingend zu erhöhen oder ihren Betrieb zertifizieren zu lassen. Tendenziell ist aber festzustellen, dass sich der überwiegende Teil der Anbieter*innen dem Trend bzw. der Nachfrage aus der Bevölkerung anpasst, insbesondere auch, seitdem die Einzelhandelsketten, wie z.B. Edeka, Rewe, usw., massive Absatzförderung mit Werbung und Marketingkampagnen für Lebensmittel aus der Region betreiben.
Beispielsweise beträgt auf den Münchner Wochenmärkten der Anteil an regionalen Lebensmitteln, aktuell ca. 42%, bestehend aus rein selbsterzeugten Waren oder durch Zukauf von Waren aus der Region. Auf den Münchner Bauernmärkten sind aktuell ca. 95% der Waren aus regionaler Herstellung, da diese Anbieter*innen Mitglieder im Münchner Bauernmarktverein e.V. sind und ihre Lebensmittel selbst erzeugen müssen. Durch die Vereinssatzung ist geregelt, dass nur ein sehr geringer Anteil an Waren zugekauft werden darf.“