Baukosten im Wohnungsbau
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 21.4.2022
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 21.4.2022 haben Sie folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die gemäß § 68 GeschO vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf Grundlage der Stellungnahmen der GWG München mbH und der GEWOFAG Holding GmbH wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage bitten Sie um Auskunft, wie hoch die aktuellen Baukosten im Bereich EOF (Einkommensorientierte Förderung), MMM (München Modell Miete) und KMB (Konzeptioneller Mietwohnungsbau) liegen sowie in den Bereichen Modernisierung und Sanierung. Darüber hinaus bitten Sie um Auskunft, wie hoch die Baukosten beim Umbau von Bürogebäuden und im freifinanzierten Bereich sind.
Gerne möchten wir vorab zur Thematik „Baukostenvergleiche“ anmerken, dass hier nur dann valide Aussagen möglich sind, wenn wirklich alle Parameter und Vergleichsgrößen der jeweils zu vergleichenden Materie absolut deckungsgleich sind.
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften bitten zu beachten, dass aktuell publizierte Kostenkennwerte verschiedene Bauvorhaben auswerten, deren Baubeginn üblicherweise zwei Jahre zurückliegt. Diese sogenannten Kostenkennwerte sind somit meist eher eine Rückschau, was am Markt realisiert werden konnte.
In den Zeiten von massiven jährlichen Baukostensteigerungen aufgrund der seit Jahren anhaltenden Bauhochkonjunktur, der nachwirkenden Pandemie sowie des neuen Ukraine-Konflikts spiegeln diese Werte meist nicht das aktuelle Marktgeschehen wider.
Um die Baukostendynamik zu verdeutlichen, verweisen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften auf den vom Bayerischen Landesamt für Statistik ermittelten Preisindex für Wohngebäude, der für den Zeitraum Februar 2021 bis Februar 2022 eine Steigerung von 13,2% ausweist.
Aufgrund der bereits eintretenden Lieferengpässe bei Baumaterialien, verstärkt durch den Ukraine-Konflikt, sind aktuelle Kostenprognosen mit Vorsicht zu behandeln.Einen weiteren Kosteneffekt stellt die Marktsituation in München dar. Baukostenvergleiche werten einen bundesdeutschen Durchschnittspreis aus. Diese Preise müssen jedoch auf einen Markt wie München, der von starker Bautätigkeit und von deutlich höheren Lohnkosten betroffen ist, angepasst werden.
Das Baukosteninformationszentrum deutscher Architektenkammern (BKI) weist beispielsweise aktuell für München einen Regionalfaktor von 1,52 aus.
Hinsichtlich der technischen Anforderungen bitten die städtischen Wohnungsbaugesellschaften auch zu berücksichtigen, dass die Gesellschaften sehr hohe Klimaschutzanforderungen bei Neubauvorhaben und energetischen Modernisierungen umsetzen. Bei Neubauvorhaben sind zudem die Wohnraumförderbestimmungen (WFB 2022) hinsichtlich Wohnungsverteilungsschlüssel, Raumgröße, Barrierefreiheit, Freibereich etc. anzuwenden, welche sich auch in den Baukosten bemerkbar machen.
Frage 1:
Wie hoch sind die aktuellen Baukosten (Planwerte) pro qm im Bereich EOF, MMM und KMB?
Antwort:
Die Kostenkennwerte der städtischen Wohnungsbaugesellschaften liegen im Bereich EOF (Einkommensorientierte Förderung) bei 4.700 bis 4.900 Euro/m² Wohnfläche, bei MMM (München Modell Miete) im Bereich bei 4.700 bis 5.000 Euro/m² Wohnfläche und bei KMB (Konzeptioneller Mietwohnungsbau) im Bereich bei 5.000 bis 5.200 Euro/m² Wohnfläche. Diese Kostenkennwerte sind brutto angesetzt und beinhalten die Kostengruppe 200 bis 800, d.h. alle Kosten mit Ausnahme der Grundstückskosten. Bei Grundstücken mit schwierigen Rahmenbedingungen (z.B. innerstädtische Lage, Lärmbelastung, hoher Grundwasserstand etc.) oder komplexen Bauvorhaben (z.B. mit gemischten Nutzungen) können die genannten Kostenkennwerte deutlich überschritten werden.
Frage 2:
Wie hoch sind die aktuellen Baukosten (Planwerte) pro qm in den Bereichen Modernisierung, Ausbau und Aufstockung?
Antwort:
Die Baukosten für die Bereiche Modernisierung, Ausbau und Aufstockung sind projektspezifisch sehr unterschiedlich und abhängig von Gebäude-alter, -zustand, Wärmeversorgung, angestrebtem Energiestandard sowie vom Baurecht.
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gehen von einem groben Kostenkennwert von 2.500 bis 3.500 Euro/m² Wohnfläche aus.
Frage 3:
Wie hoch sind die aktuellen Baukosten (Planwerte) pro qm im Bereich Sanierung (Klimaschutz)?
Antwort:
Die Maßnahmen im Bereich Klimaschutz sind von vielen Faktoren abhängig, wie z.B. der Wärmeversorgung, dem Gebäudezustand, der Möglichkeit des maximal erreichbaren Energiestandards, sodass hier kein pauschaler Ansatz erfolgen kann. Zudem fallen die Herstellungskosten in der Regel zusammen mit weiteren Kosten für Instandhaltung und/oder Instandsetzung an, sodass eine genaue Kostenermittlung immer auf das Projekt bezogen erfolgt.
Aktuelle Kostenkennwerte bewegen sich beispielsweise in einer Brandbreite von ca. 1.200 bis 1.900 Euro/m² Wohnfläche für die Effizienzhausklassen EH 85 bis EH 55 (ohne Instandsetzungskosten).
Frage 4:
Wie hoch sind die aktuellen Baukosten (Planwerte) pro qm beim Umbau von Bürogebäuden?
Antwort:
Für diesen Handlungsbereich liegen den städtischen Wohnungsbaugesellschaften keine Kostenkennwerte vor, da sich im Portfolio der städtischen Wohnungsbaugesellschaften bislang keine Bürogebäude befinden.
Frage 5:
Wie hoch sind die Baukosten (Planwerte) pro qm im freifinanzierten Wohnungsbau?
Antwort:
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften errichten auf eigenem Grund neben geförderten Wohnungen auch sogenannte preisgedämpfte Wohnungen. Der Ausbaustandard unterscheidet sich nicht von den geförderten Wohnungen, sodass die Kostenkennwerte der Gesellschaften bei 5.200 Euro/m² Wohnfläche liegen.Bei Grundstücken mit schwierigen Rahmenbedingungen oder komplexen Bauvorhaben (z.B. bei gemischten Nutzungen) kann der genannte Kennwert deutlich überschritten werden.
In den Aufsichtsratssitzungen der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften wurde schon 2017 die Entwicklung der Baukosten für Wohnungsbauvorhaben auf der Grundlage aktueller Bauvorhaben diskutiert. Vor dem Hintergrund der deutlich erhöhten Zielzahlen zur Fertigstellung von Wohnungen stellte sich die Frage, ob die Baukosten bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften insgesamt angemessen sind. Gemeinsam
mit den beiden Wohnungsbaugesellschaften wurde daher vereinbart, dass als Grundlage für den geforderten Vergleich ein unabhängiges Gutachten dienen soll. GEWOFAG und GWG haben daraufhin gemeinsam das Büro Dr. Schönberger, Erfurt, mit der Erstellung einer entsprechenden vergleichenden Untersuchung beauftragt.
Für die Untersuchung wurden die sogenannten Gestehungskosten zugrunde gelegt. Die Kosten der Kostengruppe 100 – Grundstück – wurden nicht aufgenommen. Im Bereich der Kostengruppe 700 – Baunebenkosten – wurden die Kosten für die Finanzierung nicht berücksichtigt. Für den Vergleich wurden die spezifischen Kostendaten entsprechend den Kostengruppen auf ein fiktives Modellhaus übertragen.
Mit Bekanntgabe in der Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 22.2.2017, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 08219 „Untersuchung zu Baukosten im Neubau“ wurde dem Stadtrat aufgezeigt, dass laut Gutachten die Baukosten bei Neubauvorhaben der städtischen Wohnungsbaugesellschaften im Vergleich zu Baukosten privater Dritter absolut vergleichbar sind. Die detaillierten Ergebnisse dieser vergleichenden Untersuchung sind der Beschlussvorlage vom 22.2.2017 beigefügt.