Kunstwerke in städtischen Räumlichkeiten: Junge Künstler unterstützen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Manuel Pretzl und Dorothea Wiepcke (CSU- Fraktion) vom 5.3.2020
Antwort Kulturreferent Anton Biebl:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie beantragen junge Künstler*innen dadurch zu unterstützen, dass deren Kunstwerke in städtischen Verwaltungsgebäuden ausgestellt werden. Der Inhalt des Antrags betrifft damit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 5.3.2020 teile ich Ihnen Folgendes mit:
In Ihrem Antrag „Kunstwerke in städtischen Räumlichkeiten: Junge Künstler unterstützen“ vom 5.3.2020, fordern Sie dazu auf, junge Künstler*innen dadurch zu unterstützen, dass deren Kunstwerke in städtischen Verwaltungsgebäuden (wie Büros, Besprechungsräumen, Konferenzsälen) ausgestellt werden. Durch einen Beschluss des Stadtrats sollte das Kulturreferat den Auftrag zur Prüfung erhalten, inwieweit dies möglich ist, um mit dieser Maßnahme junge, bisher weniger bekannte, in München und dessen Umland lebende Künstler*innen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Leitungen der städtischen Referate sollen dabei in eigener Zuständigkeit entscheiden, welche Kunstwerke sie in welchen Räumlichkeiten anbringen möchten.
Begründet wird der Antrag mit dem Hinweis auf die positiven Wirkungen und guten Resonanzen, die Sie, Herr Pretzl, durch die eigene Initiative und Praxis, Kunstwerke in Ihrem Büro auszustellen, wahrgenommen haben. Dies erhöhe den Bekanntheitsgrad von Kunstschaffenden auch über die Kunstszene hinaus, und junge Künstler*innen, die in städtischen Räumen vertreten sind, könnten dies als „Visitenkarte“ gut für ihre künstlerische Laufbahn nutzen. Diese beiden einfachen und unbürokratischen Möglichkeiten zur Unterstützung von Nachwuchskünstler*innen sollten, so der Antrag, ausgebaut werden.Auf Grund der kurz nach Eingang des Antrags begonnenen Corona-Pandemie und dem Umstand geschuldet, dass Ressourcen anderweitig gebunden waren durch die notwendige Priorisierung von Aufgaben durch deren Auswirkungen, hat sich die weitere Bearbeitung des Antrags verzögert, was wir zu entschuldigen bitten.
1. Fachliche Einschätzung des Kulturreferats/Abteilung 1 – Bildende
Kunst
Die Initiative, Künstler*innen durch die Ausstellung ihrer Werke in öffentlichen Gebäuden mit niedrigschwelligen Angeboten für Gäste und Besucher*innen einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln, ist grundsätzlich sehr begrüßenswert.
Aus gegebenem Anlass kann hierbei auch auf die massiven Auswirkungen der Corona-Krise ab dem Frühjahr 2020 für Bildende Künstler*innen hingewiesen werden. Da viele der Künstler*innen Freischaffende sind, haben sie die Schließung von Ausstellungen und der ersatzlose Ausfall von Projektvorhaben getroffen. Die Anregung des Antrags, die Präsenz und Wahrnehmung künstlerischer Werke in der Öffentlichkeit zu stärken, ließe sich daher als ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung verstehen, auch nach Rücknahme der Beschränkungen des Zugangs und der Nutzung von öffentlichen Gebäuden und Diensträumen.
Die Präsentation von Kunstwerken durch öffentliche Referate und Dienststellen der Landeshauptstadt München, und die damit zum Ausdruck gebrachte Identifikation mit künstlerisch kreativem Arbeiten, bringen die kulturellen Werte zum Ausdruck, für die die Stadt nicht nur im Rahmen ihrer Förderangebote steht. Sie kreieren einen sichtbaren „Kulturraum“. Ob die Form der nicht honorierten Präsentation eigener Werke Gästen und Besucher*innen auch Impulse für den Kauf von Kunstwerken gibt, was eine Basis künstlerischer Existenz darstellt, kann jedoch nicht eingeschätzt werden.
Zu bedenken ist ferner die Frage nach den Kriterien der Auswahl: diese könnten auf persönlichem Geschmack beruhen oder durch ein möglichst transparentes Verfahren Anwendung finden. Zudem würden bei Präsentationen, die der Form des klassischen „Amtsraumschmucks“ entsprechen, nahezu ausschließlich zweidimensionale Werke in den Medien Malerei, Zeichnung/Grafik und Fotografie berücksichtigt. Die gesamte Bandbreite zeitgenössischer künstlerischer Medien und künstlerischer Methoden würde nicht repräsentiert. Beim Publikum kann dadurch ein einseitiger Eindruck über relevantes, aktuelles künstlerisches Schaffen entstehen und eine Benachteiligung von Künstler*innen, die nicht in der oben angeführ-ten Form arbeiten. Dem könnte durch fachkundige kuratierte Konzepte der Auswahl und der Übersetzung in angepasste Präsentationsformen in Zusammenarbeit mit den einzelnen Referaten entgegengewirkt werden. Dazu würde sich die Zusammenarbeit mit einem professionellen Team oder Institution wie etwa der Platform (www.platform-muenchen.de), die selbst ein Projekt der Stadt zur Förderung kultureller Produktion ist, empfehlen.
Auch kritisch zu überprüfen ist das genannte Auswahlkriterium „junge Künstler*innen“. In allen städtischen Verfahren des Kulturreferats wurde diese Formulierung ersetzt durch die Formulierung „am Anfang der Professionalität“, wenn es speziell dem Anschub am Beginn der künstlerischen Laufbahn nach dem Abschluss der Ausbildung dienen soll. Andernfalls entfällt die Nennung einer Altersbegrenzung bei den Ausschreibungen gänzlich, um nicht von vorneherein Benachteiligungen festzulegen. Auch ältere Künstler*innen, die qualitätvolle künstlerische Werke vorweisen, sind häufig nur einem engeren Fachpublikum bekannt.
2. Bestehende Modelle in Abwägung
Wie im Antrag angesprochen, existieren bei der Landeshauptstadt München bereits verschiedene persönlich initiierte Modelle wie auch institutionelle Formen, Kunstwerke in Referaten und Diensträumen zu zeigen und künstlerisches Arbeiten und deren Themen und Inhalte zu vermitteln und damit zu fördern.
Im Folgenden werden neben dem im Antrag aufgeführten Modell weitere dem Kulturreferat bekannte Beispiele der Ausstellung von Kunstwerken zeitgenössischer „Münchner“ Kunst in Referaten und Dienstgebäuden aufgezeigt. Eine Empfehlung erfolgt in Abwägung der unterschiedlichen Modelle unter Berücksichtigung der dazu angeführten kritischen Anmerkungen.
2.1 Die persönliche Präsentation von Bildern in öffentlichen Amtsräumen
Die einfachste und informellste Form ist die zur Verfügung gestellte Fläche zur Präsentation bestehender künstlerischer Arbeiten; dies in privater Initiative und persönlicher, dem eigenen Geschmack und Empfinden entsprechender Auswahl von Künstler*innen. Diesem Modell folgend, erhalten die Künstler*innen keinerlei Honorar, Vergütung oder Aufwandsentschädigung, auch Ankäufe sind nicht vorgesehen. Informationsmaterial stellen die Künstler*innen selbst zur Verfügung.
Dazu anzumerken wäre, dass das Thema der Subjektivität und Bevorzugung Einzelner im Kontext öffentlicher Zusammenhänge ein kritischer As-pekt sein könnte, dem durch möglichst transparente und offene Verfahren der Auswahl entgegengewirkt werden kann. Zudem sollten Künstler*innen dringend nicht nur durch das Zeigen von Werken, sondern auch durch eine Vergütung ihrer Präsentation unterstützt werden. Dies wäre im Sinne von „Art but fair“ und der Leitlinien, wie sie etwa der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) vorgelegt hat, zur Vergütung bei Ausstellung von Werken.
2.2 Amtsraumschmuck
Der klassische Amtsraumschmuck, bei dem auf städtische Sammlungen zurückgegriffen wird, stellt ein weiteres Modell dar. Wie das Lenbachhaus zum genannten Antrag vermittelt hat, besteht seine Sammlung aus Werken, die die Kunstgeschichte lokal und international abbilden, und aus konservatorischen Gründen, wie auf Grund ihres materiellen Wertes oder ihres Formates und ihrer Gattung (z.B. Installationskunst, große Formate, Video, Film etc.) nicht für Büroräume geeignet sind. Die Ausstattung von Büros auf Stadtdirektor*innen- und Referent*innenebene mit Kunst erfolgt aus einer gewissen „Tradition“ heraus, ist auf wenige, speziell ausgewählte Kunstwerke beschränkt und für das Lenbachhaus zudem mit einem erheblichen Aufwand verbunden – stellt also somit einen absoluten Ausnahmefall dar.
Von der in der Vergangenheit üblichen Praxis ist man abgerückt, Bilder aus städtischen Sammlungen, wie dem Lenbachhaus, dem Stadtmuseum oder der Artothek, an Bedienstete für städtische Büroräume auszuleihen. Dies aus Gründen, wie sie auch das Lenbachhaus anführt und durch die Erfahrung von Beschädigung bis hin zu Verlusten von Werken. Auch für das im Antrag formulierte Anliegen der Förderung speziell jüngerer Künstler*innen stellt dies kein relevantes Modell dar.
2.3 Artothek – städtischer Bilderverleih
Die Artothek als städtischer Bilderverleih bietet durch eine eigene Sammlung mit über 2.000 Werken die Möglichkeit zeitgenössische Kunst temporär begrenzt zu entleihen. Die 1986/1987 gegründete Institution wurde analog zum Verleih von Büchern in Bibliotheken konzipiert. Die Artothek fördert durch den Ankauf von Kunstwerken die zeitgenössische Kunstlandschaft Münchens. Zudem ist die Artothek der Idee verpflichtet, möglichst vielen Menschen Zugang zu Kunst zu ermöglichen. Die Ausleihe von Kunstwerken ist für Privatpersonen möglich und kann in der Form auch für Diensträume von privat genutzt werden. Für öffentliche unbeaufsichtigte Flächen ist dieses Angebot nicht geeignet und vorgesehen, da die Werke vor Beschädigung oder Diebstahl sicher sein müssen. Der oder die Ausleihende ist privat für den Transport und die Hängung sowie die Gebührenund den fristgerechten Rücktransport in die Artothek zuständig. Dieses Angebot steht allen Münchner*innen offen. Information dazu unter: https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kulturreferat/Museen-Galerien/Artothek.html.
2.4 Die Ausstellungen der Platform im Foyer des RAW
„Platform“ (www.platform-muenchen.de) ist ein Projekt der Stadt München zur Förderung kultureller Produktion und zur Qualifizierung für kulturelle Arbeitsfelder. Die Platform bietet neben Atelierräumen für bildende, angewandte und darstellende Künste Volontariate zur Qualifikation für kulturelle Arbeitsfelder, Weiterbildungsworkshops für Künstler*innen und Kulturmanager*innen, Forschung, Entwicklung und Realisierung von Programmen zu kulturellen und gesellschaftlichen Themen in Gegenwart und Zukunft, und initiiert interdisziplinäre Netzwerke zwischen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft. Ziel der Platform ist es, innovativer kreativer Produktion Raum zu geben, für zukünftige künstlerische und kulturelle Arbeitsfelder zu qualifizieren und zu mehr Beachtung und Wertschätzung künstlerischer Arbeit beizutragen.
Neben Ausstellungsprojekten in den eigenen Räumen, bietet die Platform jeweils einmal im Jahr in Kooperation mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft in dessen Foyer die Möglichkeit einer Ausstellung für eine/n Künstler*in der Ateliers der Platform an. Im Rahmen einer Ausschreibung können sich die Künstler*innen mit einem Projektvorhaben bewerben. Eine Jury, die aus drei Vertreter*innen der Atelierkünstler*innen und drei Mitarbeiter*innen des Platform Büros besteht, entscheidet. Für die Realisierung stellt das Referat für Arbeit und Wirtschaft ein Budget von jeweils 1.250 Euro für das Künstler*innenhonorar und die Aufwandsentschädigung für die Produktionskosten (Material, Transportkosten und Auf- und Abbauhilfen für die Installationen). Zudem stellt das RAW Präsentationstechnik zur Verfügung. Die Platform betreut das Projekt durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Dokumentation und die Organisation der Eröffnungsveranstaltung. Ergänzt wird dies durch ein Angebot von Führungen. Da es sich um keinen klassischen Ausstellungsraum handelt, bietet sich das Konzept ortsspezifischer Projekte an, die direkt dafür entwickelt werden.
2.5 Die Galerie des Oberbürgermeisters im Vorraum des Oberbürgermeister-Büros im Rathaus
Ab 2018 wurde, angeregt durch die Kunstvermittlung des Kulturreferats, im Flur vor dem Büro des Oberbürgermeisters, jeweils im halbjährigen Turnus wechselnd, inhaltlich kuratierte Ausstellungen Bildender Künstler*innen realisiert. Geförderte Künstler*innen und künstlerische Projekte der Landeshauptstadt wurden dort für Gäste und Besucher*innen des Rat-hauses und des Oberbürgermeisters präsentiert und deren Arbeiten inhaltlich vermittelt. Während der Öffnungszeiten des Rathauses sollen diese Präsentationen frei zugänglich sein. Den Präsentationen liegt jeweils ein inhaltliches Konzept zugrunde. So wurden beispielsweise ein Inklusionsprojekt, eine Auswahl von Werken der Artothek sowie ausgewählte Werke von durch die Stadt ausgezeichneten und geförderten Künstler*innen und Künstler*innen aus den städtischen Atelierhäusern gezeigt.
Für die vom Kulturreferat mit Hilfe einer externen Kunsthistorikerin organisierten und betreuten Ausstellungen wurden vom Büro des Oberbürgermeisters die Kosten übernommen für die kuratorische Leistung und Organisation, die Text- und Öffentlichkeitsarbeit, die Künstler*innenhonorare und die Produktions- und Präsentationskosten, die Auf- und Abbauhilfen, das Angebot von Führungen und die Dokumentation. Aktuell ist das Modell in Überarbeitung, um die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen sicher zu stellen.
3. Schlussfolgerung und empfohlenes weiteres Vorgehen
Die oben genannten Beispiele lassen sich grundsätzlich in zwei Ansätze unterscheiden: die persönliche Auswahl von Künstler*innen, die zu einer Präsentation eingeladen werden, oder der persönliche Kontakt zu einer Galerie, die Kunstwerke zur Verfügung stellt. Dies in privater Organisation der Präsentation und Vermittlung der Werke. Dazu gehört das im Antrag genannte Beispiel. Dem gegenüber steht eine institutionalisierte Form mit regelhaftem, transparentem Verfahren, einem übergreifenden Konzept und dem Angebot einer professionellen Vermittlung.
Die Modelle, die für die Präsentation in Dienstgebäuden aus fachlicher Sicht und mit Blick auf die angeführten kritischen Aspekte als vorbildhaft empfohlen werden können, sind das Ausstellungskonzept der Platform im Foyer des RAW und die bis 2021 vom Kulturreferat umgesetzte Ausstellungsreihen der Galerie des Oberbürgermeisters.
Wenn, wie im Antrag formuliert, die Leitungen der städtischen Referate in eigener Zuständigkeit entscheiden sollen, welche Kunstwerke sie in welchen Räumlichkeiten zeigen möchten, dann ist dies als eine freiwillige Leistung der verschiedenen Referate in Eigenregie zu verstehen und zu realisieren. Das Kulturreferat sieht sich, wie auch das Lenbachhaus, über seine bereits bestehenden, genannten Angebote der Künstlerförderung hinaus, nicht in der Lage, ein entsprechendes Programm zu organisieren. Für die Betreuung eines solchen Vorhabens fehlen die zusätzliche Infrastruktur, personellen und finanziellen Ressourcen.Für die inhaltliche, konservatorische und finanzielle Planung entsprechender Vorhaben in eigener Verantwortlichkeit kann das Kulturreferat jedoch anbieten, einen Leitfaden für die eigene Organisation anderer Referate zu entwickeln. Ein solcher Leitfaden könnte etwa im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme in Kooperationsprojekt mit der Platform entstehen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.