Schutzräume für junge Frauen zwischen 18 und 27 Jahren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Beatrix Burkhardt, Sabine Bär, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm und Matthias Stadler (CSU-Fraktion) vom 23.7.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen im Rahmen der Jugendhilfe, die Möglichkeit für weitere gesonderte Schutzräume für hilfsbedürftige Frauen zu schaffen.
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Erledigung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Der Antrag konnte nicht innerhalb der geschäftsordnungsgemäßen Frist u.a. wegen der Corona-Pandemie und des dadurch erhöhten Arbeitsaufwandes im Stadtjugendamt erledigt werden. Für die Beantwortung Ihres Stadtratsantrages sind umfangreiche Vorarbeiten, Überprüfungen sowie Recherchen notwendig gewesen, um die Gesamtsituation vollständig darstellen zu können. Es bestehen noch weitere Klärungsbedarfe. Es wurde deshalb eine Fristverlängerung bis 31.3.2022 bei der CSU – Fraktion im Münchner Stadtrat beantragt. Für das von Ihnen entgegengebrachte Verständnis sowie der genehmigten Fristverlängerungen möchte ich mich bedanken.
In Ihrem Antrag vom 23.7.2020 baten Sie um Antwort zur Entwicklung bzw. Schaffung weiterer Schutzräume von jungen Frauen über das 18. Lebensjahr hinaus. Hierzu können wir Ihnen mitteilen, dass es bereits eine Vielzahl von Schutzräumen für junge Frauen in München gibt. Als Schutzräume werden Orte bezeichnet, in denen sich junge Frauen ihren Bedürfnissen nach frei entfalten und/oder zur Ruhe kommen können, ohne dass sie gefährdenden Situationen wie bspw. physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.
Die schützenden Räume können sowohl ambulante (z.B. Beratungsstellen) als auch stationäre (z.B. Frauenhäuser) Settings sein.
In München gibt es dazu eine Vielfalt an bedarfsgerechten Hilfsangeboten für junge Frauen ab 18 Jahren. Die Voraussetzung für die Annahme von Hilfestellungen ist jedoch, dass sich junge Frauen aktiv an die jeweilige Hilfeform wie Beratungsstellen, Sozialbürgerhäuser oder Frauenhäuser wenden. Für die jungen Frauen bedeutet es, dass sie sich z.B. selbstständigüber Onlineportale (z.B. www.muenchen.de) zu Beratungsmöglichkeiten informieren. Es sind dort verschiedene Angebote mit unterschiedlichen Beratungsschwerpunkten angeführt.
Junge Frauen können sich auch direkt oder telefonisch an die Sozialbürgerhäuser in den jeweiligen Stadtbezirken wenden. Dort erhalten Sie werktags von 8 Uhr bis 16 Uhr umfassende Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten sowie Empfehlungen für externe Beratungsangebote oder stationäre Einrichtungen bspw. der Kinder- und Jugendhilfe, Bezirkseinrichtungen oder Frauenhäuser.
Im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe gibt es im Stadtgebiet München u.a. vielfältige geschlechtsspezifische Einrichtungen, die unterschiedliche pädagogische Ausrichtungen haben.
-Die sozialpädagogischen Einrichtungen gem. § 41 i.V.m. § 34 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) der Kinder- und Jugendhilfe nehmen Heranwachsende auf, die entweder milieubedingte Entwicklungsdefizite bzw. Verhaltensauffälligkeiten haben oder deren Familie ausgefallen ist und bieten gezielte pädagogische Hilfestellungen im Einzelfall an. Die Erziehung in diesem Kontext umfasst die Verbindung von Alltagserleben mit entwicklungsförderlichen Angeboten.
-In heilpädagogischen Einrichtungen erhalten junge Menschen, die durch konstitutionelle oder soziale Defizite in ihrer altersgemäßen Entwicklung beeinträchtigt sind, gezielt durch heilpädagogische Angebote gem. § 41 i.V.m. § 34 SGB VIII pädagogische Hilfestellungen.
-Die therapeutischen Wohngruppen gem. § 41. i.V.m. § 35a SGB VIII helfen jungen Menschen verfestigte und belastende Lebensereignisse zu verarbeiten, sodass eine altersgemäße Entwicklung des Erlebens und Handelns wieder möglich ist.
Zusätzlich können junge Frauen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres sozialpädagogische Unterstützung in stationären Wohngruppen gem. § 13 Abs. 3 SGB VIII erhalten, sofern sie sich in schulischer oder beruflicher Ausbildung befinden.
Die Auswertung des Stadtjugendamtes zeigt, in welchen stationären Hilfe- bzw. Wohnformen junge Frauen Ende 2020 untergebracht waren.
Insgesamt haben danach, 257 junge Frauen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren Hilfe für junge Volljährige in stationären Einrichtungen in Anspruch genommen.
Die Tendenz zeigt, dass junge Frauen zwischen 18 und 21 Jahren vor allem Unterstützung in sozialpädagogischen oder heilpädagogischen Wohngruppen gem. § 41 i. V. m. § 34 SGB VIII benötigen. Mit Vollendung des 21. Lebensjahres nehmen junge Frauen zunehmend die sozialpädagogische Unterstützung während der schulischen und/oder beruflichen Ausbildung in Anspruch, vgl. § 13 Abs. 3 SGB VIII.
Junge Frauen zwischen 18 und 27 Jahren erhalten eine Vielfalt an bedarfsgerechten und auf den Einzelfall abgestimmte Hilfestellungen.
Außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe können sich junge Frauen (mit Kindern) in akuten Notlagen an Frauenhäuser wenden. Sie erhalten dort Schutz und Zuflucht vor möglichen Bedrohungen. Eine Aufnahme ist rund um die Uhr möglich. In den Frauenhäusern arbeiten Sozialpädagoginnen, die u.a. psychosoziale Beratung, Hilfe bei Antragstellungen (z.B. Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) oder zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII)), Umgang mit Behörden, Begleitung zu Terminen, etc. anbieten.
Zusätzlich zu den stationären Angeboten können sich (junge) Frauen rund um die Uhr an Beratungsstellen und den Frauennotruf in München wenden, wenn sie Beratung zu Themen wie psychische und/oder physische Gewalt, Fragen zur Persönlichkeitsentwicklung, Bildungschancen, Zwangsverheiratung oder Frauenhandel benötigen.
Mit den ambulanten und/oder stationären Angeboten stehen in München vielfältige und fachgerechte Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung, an die sich junge Frauen im Bedarfsfall wenden können.
Aus Sicht des Sozialreferates decken die bestehenden Angebote den Bedarf an Schutzräumen für junge Frauen zwischen 18 und 27 Jahren. Eine Schaffung von weiteren Schutzräumen ist aus fachlicher Sicht nicht notwendig.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.