„Gleispark Baumkirchen“: Ökologische Vorrangfläche vor Lärm, Müll und Beschädigungen schützen
Antrag Stadträte Fabian Ewald und Jens Luther (CSU-Fraktion) vom 28.10.2021
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Zunächst möchten wir Ihnen mitteilen, dass aufgrund von komplexen und referatsübergreifenden Abstimmungen die vorgesehene Frist der Geschäftsordnung zur Beantwortung Ihres Anliegens nicht eingehalten werden konnte.
In Ihrem Antrag vom 28.10.2021 fordern Sie, dass die Landeshauptstadt München gemeinsam mit dem Eigentümer sicherstellt, „dass die ökologische Vorrangfläche ‚Baumkirchen Mitte‘ wieder ihrem Zweck als Raum für Fauna und Flora sowie als Erholungsort für Anwohner*innen zukommt.“ Das nächtliche Feiern inkl. Lärmstörungen und Musik, Feuer und Grillen, Müll, Schmierereien und anderen Hinterlassenschaften solle mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unverzüglich unterbunden werden. Es sei ein gemeinsames Konzept von Stadt und Eigentümer erforderlich, um die Situation in den Griff zu bekommen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag vom 28.10.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Der Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1971 Baumkirchner Straße mit dem sogenannten „Gleispark Baumkirchen“ wurde am 18.12.2013 vom Stadtrat als Satzung (Sitzungsvorlagen Nr. 08-14/V 13450) beschlossen und ist seit dem 20.3.2014 rechtsverbindlich. Der Gleispark, die im Antrag angesprochene ökologische Vorrangfläche, ist ein wesentlicher Baustein des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Konzeptes, der mit ca. 6ha etwas weniger als die Hälfte des gesamten Planungsgebietes umfasst. Er übernimmt zum einen die Funktion einer ökologischen Ausgleichsfläche vor Ort für den baulichen Eingriff, zum anderen können die artenschutzrechtlichen Belange für die dort vorkommenden und wertgebenden Tierarten in dieser Fläche berücksichtigt werden. Da die ökologische Vorrangfläche im Besitz der Planungsbegünstigten verblieben ist, wird die Pflege gemäß dem Pflegekonzept dauerhaft durch diese selbst durchgeführt.Ein weiterer konzeptioneller Bestandteil der Planungen für diese ökologische Vorrangfläche ist die Idee einer eingeschränkten Zugänglichkeit der Fläche, um ihre Erlebbarkeit generell zu ermöglichen. Mit einem klar abgegrenzten Wegesystem sollen Besucher*innen auf erhöhten Stegen durch die ökologische Vorrangfläche des Gleisparks gelenkt werden, sodass die vorhandenen Tierarten keine wesentlichen Störungen erfahren. Die Fertigstellung des Gleisparks erfolgte 2019. Er kann von der Bevölkerung seitdem betreten und im Sinne seines Konzeptes für die Erholung genutzt werden.
Die im Antrag der CSU-Stadtratsfraktion benannten Störungen im Gleispark Baumkirchen erfolgen nach Angabe der Grundstückseigentümerin seit Sommer 2021 (zweiter „Corona-Sommer“) und werden regelmäßig über Anwohner*innen an die örtlichen Polizei- und Bezirksinspektionen und auch an die Eigentümerin gemeldet.
Da sich die ökologische Vorrangfläche in Privatbesitz befindet und dementsprechend die städtische Grünanlagensatzung nicht anwendbar ist, fehlen der Landeshauptstadt die rechtlichen Mittel zum Unterbinden der benannten Störungen.
Grundsätzlich kann jedoch festgestellt werden, dass die Inanspruchnahme für die Erholungsnutzung dem Konzept des Natur- und Artenschutzes bislang nicht entgegensteht.
Eine besondere Störungsempfindlichkeit der dortigen Fauna ist nicht von vornherein anzunehmen. Ein Hauptziel der Fläche ist der Schutz von Eidechsen und anderen Kleintieren, die sich von menschlich bedingter Geräuschentwicklung und Anwesenheit in der Nähe nicht wesentlich stören lassen. Eine verbotswidrige erhebliche Störung liegt nur dann vor, wenn sich dadurch der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Ein Überschreiten dieser Schwelle ist aufgrund der Art und der Häufigkeit der Störung durch Feiernde für die auf der Ausgleichsfläche vorkommenden oder potenziell vorkommenden Arten sehr unwahrscheinlich. Auch liegen darüber hinaus keine naturschutzrechtlichen Schutzgebiete, wie gesetzlich geschützten Biotope oder Landschaftsbestandteile vor, die eine rechtliche Grundlage für ein behördliches Einschreiten darstellen könnten.
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass ein genereller Ausschluss der Öffentlichkeit in der ökologischen Vorrangfläche konzeptbedingt nicht vorgesehen war. Die geschilderten Vorgänge entstehen bedauerlicherweise überall im städtischen Kontext (z.B. städt. Isaranlagen, Englischer Gartenetc.). Sie sind zum Teil Ausdruck von aktuellen Verhaltensweisen gesellschaftlicher Gruppen und dürften auch im Kontext der pandemiebedingten Einschränkungen der Bedürfnisse jüngerer Altersgruppen zu sehen sein. Grundsätzlich zeigt sich hier die Attraktivität des entwickelten Konzeptes für den Ort, wenngleich die genannten „Störungen“ insbesondere aus der Sicht der unmittelbaren Anwohnerschaft nachvollziehbar unerwünscht sind. Es ist daher nach einem Ausgleich der Interessen zu suchen:
Die Planungsbegünstigte und Grundstückseigentümerin reagiert nach eigener Mitteilung bereits umfassend auf die geschilderten Ereignisse und ist bestrebt, die ihr zustehenden Möglichkeiten zur Deeskalation effektiv einzusetzen.
So wurde im Oktober 2021 ein Ortstermin mit Bezirksausschussvertreter*innen, Vertreter*innen der Anwohnerschaft und der örtlich zuständigen Polizei initiiert. In diesem gemeinsamen Termin wurde über folgende Vorschläge und Maßnahmen diskutiert:
-Einzäunen
Die Einzäunung des Areals mit einem 2m hohen Stabgitterzaun zur Umsetzung des Hausrechtes ist aus verschiedenen nachvollziehbaren Gründen nicht umsetzbar und zielführend.
-Sicherheitsdienst
Der Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes wird seitens der Grundstückeigentümerin trotz eigener Bedenken aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten ab Frühjahr 2022 für die neuralgischen Zeiträume jeweils am Freitag- und Samstagabend probeweise umgesetzt.
-Streetworker*innen
Ab 2022 wird der vorzugsweise Einsatz von Streetworker*innen, denen eine bessere Ansprache vor Ort zugesprochen wird, erwogen. Hierzu wird der Kontakt zu AKIM (Allparteiliches Konfliktmanagement in München) und SteG (Stelle für Gemeinwesenmediation) hergestellt. -Hinweisschilder
Entsprechende Informationstafeln sind bereits aufgestellt und werden regelmäßig gewartet. Eine Verdichtung wird aus gestalterischen Gründen („Schilderwald“) nicht angestrebt.
-Müllentsorgung
Die Müllentsorgung erfolgt regelmäßig und zeitnah („Wochenendreinigung“ am Montag). Ein direkter Kontakt zwischen Dienstleister und Anwohner*innen ermöglicht ein zielgerichtetes Handeln.
-Munich Art District
Der Gleispark ist Teil des Munich Art District. Erste Kunstinstallationen wurden bereits im Park geschaffen. Mit diesen Installationen soll un-ter anderem mehr Sensibilität im Umgang mit der Fläche und mehr Respekt vor der Arbeit der Künstler*innen und der Natur geschaffen werden. Die häufige Anwesenheit der Künstler*innen vor Ort im direkten Austausch mit Park-Nutzer*innen fördert den Dialog und dient der Deeskalation. Dies kann somit als flankierende Maßnahme wirken, die einer eventuellen „Verwahrlosung“ des Areals zusätzlich und aktiv entgegenwirkt.
Der weitere und abschließende Ausbau der im Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1971 festgesetzten öffentlichen Grünflächen kann nach Mitteilung des Baureferates Gartenbau nach bereits erfolgter Abstimmung mit dem örtlichen Bezirksausschuss voraussichtlich Ende 2022 durch die Planungsbegünstigte fortgesetzt werden. Dementsprechend werden diese öffentlich zugänglichen und nutzbaren Grünflächen zur Entlastung der naturschutzfachlich bedeutsameren Flächen beitragen.
Grundsätzlich wird die Problematik durch die Grundstückseigentümerin gesehen und geteilt. Die Störungsempfindlichkeit der ökologischen Vorrangfläche ist, wie oben benannt, jedoch nicht im Maße einer drohenden Zerstörung von Lebensräumen bzw. -stätten von Flora und Fauna gegeben. In erster Linie stehen die Störpotentiale für die in der Nachbarschaft wohnenden Anwohner*innen im Vordergrund. Ein Vergleich mit anderen Standorten in der Stadt zur Feierproblematik ist nicht angezeigt, die Auswirkungen für den Gleispark Baumkirchen selber werden nicht entsprechend gesehen. Zur Reduzierung der Störpotentiale im Gleispark und deren Auswirkungen auf die angrenzenden Wohnbebauungen werden die anvisierten Einsätze durch Sicherheitsdienste und Streetworker*innen zeitnah und zielgerichtet umgesetzt und evaluiert. Die Landeshauptstadt München selber kann aufgrund mangelnder Verfügungsgewalt über die Flächen rechtlich nicht aktiv werden, steht jedoch mit der Grundstückseigentümerin diesbezüglich im Austausch.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.