Klimaschutz konkret Weitere Waldflächen aus der Bewirtschaftung nehmen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Manuel Pretzl, Sebastian Schall und Matthias Stadler (CSU-Fraktion) vom 05.08.2021
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München, Kommunalreferat auf, mindestens 20% der Stadtwaldflächen aus der Nutzung zu nehmen. Hinsichtlich der Auftragsbewirtschaftung soll ebenso ein Verzicht der Bewirtschaftung bei 20% der Waldflächen angestrebt werden, wenn dies 100%-ige städtische Töchter betrifft oder entsprechendes Stiftungsvermögen, wenn der Stiftungszweck dies zulässt. Ihr Antrag stützt sich auf das Vorbild des Lübecker Stadtwalds, in dem 10% der Waldflächen als sog. Referenzflächen aus der Bewirtschaftung genommen wurden.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine „laufende“ Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zunächst möchte ich mich für die gewährten Fristverlängerungen bedanken.
Zu Ihrem Antrag vom 5.8.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Der Kommunalwald der Hansestadt Lübeck wird nach dem Konzept der „Naturnahen Waldnutzung“ im Sinne des integrativen Prozessschutz-Waldbaus bewirtschaftet. 10% der Waldflächen dienen als sog. Referenzflächen. Diese wurden aus der Bewirtschaftung genommen und weisen
Studien zufolge ein großes Potential zur CO2-Bindung sowie eine erhöhte Wasserspeicherkapazität auf. Zudem konnte festgestellt werden, dass sich der Wegfall der Waldbewirtschaftung auf diesen Flächen positiv auf das Mikroklima sowie die Artenvielfalt auswirkt.
Der Lübecker Stadtwald ist mit einem Laubholzanteil von knapp 80% nach derzeitigem Kenntnisstand unter Berücksichtigung diverser Klimamodelle als klimatolerant einzustufen.Es existieren wegen des hohen Laubholzanteils, der anderen Witterung sowie der Bodenbeschaffenheit allerdings andere Ausgangsbedingungen als in den Wäldern der Stadt München und ihrer Töchter.
Die dem Sozialreferat zugeordnete Heiliggeistspital-Stiftung nimmt wie folgt Stellung:
„Die Waldflächen der Heiliggeistspital-Stiftung München in Forst Kasten befinden sich größtenteils im Gebiet der Münchner Schotterebene. Gemäß der letzten Stichprobeninventur aus dem Jahr 2014 (Forsteinrichtung) liegt der Anteil Nadelhölzer gesamt bei 65%, hauptsächlich Fichte. Insbesondere die älteren Waldbestände sind stark fichtendominiert. In den Sommermonaten ist die Wasserknappheit zunehmend ein limitierender Faktor für Wachstum und Vitalität dieser Bäume. Wenn die ohnehin bereits labilen Bestände aus der Nutzung genommen würden, würde die Anfälligkeit für Borkenkäfer und Windwurf erheblich steigen, denn Durchforstungsmaß- nahmen erhöhen die Einzelbaumstabilität.
Um den Wald dort besser für den Klimawandel zu wappnen, wird seit Jahr- zehnten der sog. ‚Waldumbau‘ durch die Förster der Städtischen Forstverwaltung München vorangetrieben.
Klimatolerantere Baumarten, darunter Tannen sowie verschiedene wärme- und trockenheitsresistente Laubbaumarten werden aktiv gefördert, indem der fichtendominierte Altbestand mittels Durchforstungsmaßnahmen sukzessive entfernt und Licht für eine neue klimatolerante Mischwaldgeneration geschaffen wird. Um der häufig vorwüchsigen Fichtennaturverjüngung Dominanz zu nehmen, werden die jungen Bestände aktiv durch die Förster gepflegt. Würde man diese Bestände sich selbst überlassen, wäre aufgrund der baumartenspezifischen Konkurrenzkraft eine Entmischung mit unerwünschter Fichtendominanz die Folge.
Auf allen Flächen der Stiftung findet bereits sogenannter integrativer Naturschutz mit Totholzanreicherung auf 10% Vorratsfestmeter pro Hektar und Biotopbaumförderung auf bis zu 10 Stück pro Hektar statt.
Der Forst Kasten gehört zum Grundstockvermögen der Heiliggeistspital-Stiftung München. Aus diesem sind nach den gesetzlichen Vorgaben des Art. 6 Bayerisches Stiftungsgesetz im Rahmen der Vermögensverwaltung Erträge für die Erfüllung des Stiftungszweckes (Betrieb und Unterhalt des Altenheims Heilig Geist) zu erwirtschaften. Die Herausnahme von 20% der Waldflächen aus der Bewirtschaftung würde im Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung stehen, da zum einen weniger Einnahmen aus der Forstbewirtschaftung erwirtschaftet werden würden und zum anderen der Erhalt des Forstes für die Zukunft durch den fehlenden Waldumbau gefährdet wäre.“
Die Stadtwerke München (SWM) geben Folgendes an:
„Die Waldflächen der SWM sind größtenteils durch Trinkwasserschutz dominiert. Um eine höchstmögliche Qualität zu gewährleisten, gelten für diese Wälder strenge Auflagen. Es ist notwendig, dass in diesen Gebieten dauerhaft stabile Mischwälder stocken. Es dürfen keine Kahlflächen entstehen, die die Wasserspeicherfähigkeit verringern und die Nitratauswaschung begünstigen könnten. Dies kann nur durch eine permanente Waldpflege gewährleistet werden. Würde man diese Wälder großflächig aus der Pflege und Bewirtschaftung nehmen, bestünde die Gefahr, dass im Zuge einer sogenannten Urwalddynamik zeitweise Kahlflächen entstehen, mit negati- ven Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität. In einem Teil der SWM-Flächen, der nicht vorrangig dem Trinkwasserschutz dient, ist zudem in den kommenden Jahren aufgrund technischer Anforderungen (DIN19700) eine Freistellung von Gehölzen erforderlich. In anderen SWM-Flächen sind künftig Baumaßnahmen vorgesehen, die einen Nutzungsverzicht verhindern würden. Zusätzlich findet auch auf allen Waldflächen der SWM integrativer Naturschutz mit Totholzanreicherung und Biotopbaumausweisung statt.“
Im Stadtwald selbst sind bereits 13,4% der Fläche aus der Bewirtschaftung genommen.
Im Zuge der nächsten Forsteinrichtungsplanung, die im Zeitraum 2024 bis 2026 stattfinden wird, werden zusätzlich voraussichtlich rund 7% aus der Nutzung genommen. Würde man zu diesen rund 20% zusätzlich imaginär die Flächen des integrativen Naturschutzes (Totholz und Biotopbäume) addieren, käme man auf circa 25% unbewirtschaftete Waldfläche. Die Städtische FV übererfüllt damit die Intention des Antrags gerne im Sinne eines nachhaltigen Waldbaus. Auf den restlichen 75% findet nachhaltige und naturgemäße Waldbewirtschaftung statt. Sie ermöglicht die regionale Herstellung des CO2-neutralen Werkstoffes Holz. Zudem kann die Bürger_ innennachfrage nach örtlich nahe gelegenem Brennholz gedeckt werden. Des Weiteren benötigen viele fichtendominierte Bestände auch hier die aktive Waldpflege, um sich zu klimatoleranten Mischbaumwäldern zu entwickeln.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.