Münchner Filmmuseum zeigt Retrospektive von Ildykó Enyedi Archiv
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Rathaus Umschau 170 / 2022, veröffentlicht am 06.09.2022
Von Freitag, 9. September, bis Dienstag, 4. Oktober, zeigt das Münchner Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, eine Retrospektive mit den Filmen von Ildikó Enyedi. Die ungarische Filmemacherin, die 2017 mit ihrem Berlinale-Gewinner „Körper und Seele“ Furore machte, wird am Eröffnungswochenende nach München kommen und über ihre Filme sprechen. Alle sechs Spielfilme sowie die Kurzfilme werden in der ungarischen Originalfassung mit deutschen oder englischen Untertiteln gezeigt.
Ildikó Enyedi, 1955 in Budapest geboren, wuchs im realsozialistischen Ungarn der Ära von János Kádár auf, erlebte die rasch aufflammende Repression und gleichzeitig die ästhetische Opposition. Sie war eine der wenigen Frauen, die an der Theater- und Filmhochschule Budapest und am Studio Béla Balázs studierte. Enyedi ist Regisseurin und Drehbuchautorin in Personalunion, ihre oft experimentelle Bildsprache stammt aus der ungarischen Moderne, die Kamera ist für sie „ein Instrument der Menschen- erforschung“.
Ihr zweiter Spielfilm „Mein 20. Jahrhundert“ galt 1989 als kleine Sensation und erhielt in Cannes die Goldene Palme. In poetischen Bildern und bewusst in Schwarzweiß gedreht erzählt Ildikó Enyedi die Geschichte zweier Zwillingsschwestern, die im Kindesalter getrennt wurden, höchst unterschiedliche Lebenswege einschlagen und sich als erwachsene Frauen wiederbegegnen. Ihr nächster großer Film war 1999 „Simon der Zauberer“ über ein der Zauberei überdrüssiges „Medium“, das nach Paris kommt, um einen Mord aufzuklären. Der Film beeindruckt mit einer herausragender Darstellerleistung von Péter Andorai als altem Magier und mit der nüchternen Art und Weise, wie die Regisseurin wundersame Ereignisse filmt. „Körper und Seele“ ist ein ungewöhnlich intensiver Film über zwei Außenseiter, einem desillusionierten Abteilungsleiter und einer unter Zwängen leidenden, autistischen Qualitätsprüferin, die eine außergewöhnliche Form der Seelenverwandtschaft entdecken – sie begegnen einander in ihren Träumen. Angesiedelt ist das Melodram in einem Schlachthof, der dem Zauber wieder realistischen Boden verleiht. Nach jahrzehntelangen Rück- schlägen feierte Enyedi mit diesem Film ein vielbeachtetes internationales Comeback. Ihr jüngster Spielfilm „Die Geschichte meiner Frau“ basiert nicht auf einem Originaldrehbuch, sondern ist die Adaption eines Romans von Milán Füst. Angesiedelt im Europa der 1920er-Jahre dreht sich die Handlung um einen niederländischen Kapitän, der mit einem Freund eine Wette abschließt: Er würde die erste Frau heiraten, die das Café betritt. Für die Frau, die durch die Tür tritt, wählte Enyedi die Französin Léa Seydoux aus. Der Film, obwohl ganz aus der Perspektive des Mannes erzählt, handelt dabei mehr vom Innenleben der Frau.
Die Retrospektive endet am 4. Oktober mit Kurzfilmen aus den Jahren 1979 bis 2020.
Alle Titel und Termine der Retrospektive finden sich im Programmheft 46 und unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film.
Der Eintritt kostet 4 Euro, 3 Euro bei Mitgliedschaft im Förderverein MFZ. Aufschlag bei Überlänge. Ein Kartenverkauf ist online und an der Abendkasse eine Woche im Voraus möglich. Die Kinokasse öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Es gibt keine Reservierungen.
Es wird weiterhin empfohlen, im Kinosaal und am Platz eine FFP2-Maske zu tragen. Das Kino des Filmmuseums ist rollstuhlgerecht zugänglich und mit einer Induktionsschleife für Hörgeschädigte ausgestattet.
Achtung Redaktionen: Für Interviewanfragen (in englischer Sprache) mit Ildikó Enyedi können sich Interessierte gerne an das Filmmuseum wenden.