Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens für die Aufenthaltsgenehmigung nach § 24 AufenthG prüfen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Dr. Evelyne Menges und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 22.6.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
In Ihrer Anfrage vom 22.6.2022 führen Sie Folgendes aus:
„Durch die Ukrainekrise sind zahlreiche Kriegsflüchtlinge in der Landeshauptstadt München angekommen. Diese möchten i. d. R. unverzüglich ein Beschäftigungsverhältnis aufnehmen, um sich ein selbstständiges Leben unabhängig von Sozialleistungen finanzieren zu können. Auch zahl- reiche Betriebe, wie z.B. die Hotellerie und Gastronomie, freuen sich über jede helfende Hand. Die Genehmigung der Aufenthaltserlaubnis, die für eine Arbeitserlaubnis obligatorisch ist, nimmt bisher in München jedoch 6 - 8 Wochen in Anspruch. Die Ausstellung des händischen Titels weitere 2 Monate.“
Zu Ihren diesbezüglich aufgeworfenen Fragen nimmt das Kreisverwaltungsreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie ist die Auslastung im Kreisverwaltungsreferat, Hauptabteilung II Bürgerangelegenheiten, Ausländerangelegenheiten?
Antwort:
Die Ausländerbehörde verzeichnet in den letzten Jahren ein deutlich gestiegenes Vorsprache- bzw. Arbeitsaufkommen, sodass die Auslastung – bereits vor der Ukrainekrise – als äußerst hoch zu bezeichnen war. Derzeit ist das Arbeitsaufkommen in der Ausländerbehörde höher, als mit dem aktuell vorhandenen Personal geleistet werden kann. Für die Bearbeitung der Aufgaben im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wurden jedoch bis zu 70 PEIMAN Aushilfskräfte abgestellt.
Frage 2:
Gibt es Wartelisten? Wenn ja, wie lang sind diese?
Antwort:
Für Anträge von Ukraine-Geflüchteten gibt es zwar Wartezeiten, aber keine Wartelisten. Die eingehenden Anträge werden grundsätzlich nach Eingangsdatum abgearbeitet, wobei Personen mit konkretem Jobangebotpriorisiert werden. Stand Mitte August sind nur noch knapp 400 Anträge offen, dabei kann ein Antrag jedoch mehrere Personen umfassen.
Frage 3:
Wie lange warten ukrainische Kriegsflüchtlinge vom Tag der Antragsstellung bis zur Ausstellung der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis nach aktuellem Stand?
Antwort:
Anträge von Personen, die angeben, schon ein konkretes Jobangebot zu haben, wurden und werden priorisiert bearbeitet und zeitnah, d.h. oft innerhalb weniger Tage terminiert.
Bei den anderen Personengruppen lag die Dauer vom Stellen des vollständigen Antrags bis zum Termin bei der Ausländerbehörde zuletzt bei maximal acht Wochen. Der elektronische Aufenthaltstitel (eAT) wird dann durch die Bundesdruckerei gefertigt, an die Ausländerbehörde versandt und anschließend an die Kundschaft ausgehändigt. Dieser Prozess nimmt nochmals einige Wochen in Anspruch. Beim Termin in der Ausländerbehörde erhält die*der Antragsteller*in zur Überbrückung der Zeitspanne eine „Fiktionsbescheinigung“. Mit dieser Bescheinigung kann der rechtmäßige Aufenthalt nachgewiesen und eine Erwerbstätigkeit aufgenommen werden.
Um eine noch zügigere Arbeitsaufnahme der Betroffenen zu ermöglichen, werden aufgrund einer Änderung der Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren seit mehreren Wochen bereits mit Antragseingang, d.h. vor der ersten persönlichen Vorsprache, zusätzlich formlose Arbeitserlaubnisse an ukrainische Staatsangehörige versandt, wenn diese nicht bereits Rentner*innen oder noch Minderjährige sind. Nach der Änderung wurden auch bereits anhängige Anträge durchgesehen und auch in diesen Fällen eine vorläufige Arbeitserlaubnis zugeschickt.
Anträge von Geflüchteten aus der Ukraine, die nicht die ukrainische Staatsangehörigkeit besitzen und bei welchen ein höherer Prüfungsbedarf besteht, wurden hingegen depriorisiert und werden erst jetzt Zug um Zug bearbeitet.
Frage 4:
Was sind die Gründe für die lange Bearbeitungszeit der Aufenthaltsgenehmigungen im Vergleich zu anderen Großstädten?
Antwort:
Die Verfahrensabläufe und Bearbeitungszeiten der Ausländerbehörden in anderen deutschen Großstädten sind vorliegend nicht bekannt. Allerdings teilten die Kolleg*innen der Ausländerbehörden von Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und Köln mit, dass auch dort vom Antragseingang bis zur Ausstellung der Aufenthaltserlaubnis mit mehrwöchigen Bearbeitungszeiten zu rechnen ist. Anders als in Bayern erhielten jedoch ukrainische Geflüchtete zum Teil in anderen Bundesländern bereits von vornherein mit Antragstellung und ohne persönliche Vorsprache automatisiert eine formlose und nicht fälschungssichere Bescheinigung, mit welcher gearbeitet werden konnte.
Bislang wurden 13.895 Aufenthaltserlaubnisse (Stand: 19.8.22) für Geflüchtete aus der Ukraine erteilt. Zudem war die Ausländerbehörde gezwungen, noch weitere, zusätzliche Aufgaben – die erkennungsdienstliche Behandlung (sog. PIK-Registrierung) und anschließende Verteilung der Personen auf die Bundesländer (sog. FREE-Optionierung) – zu übernehmen. Dies hatte zur Folge, dass das Arbeitsaufkommen nicht im Rahmen der regulären Arbeitszeit zu bewältigen war. Um die Anträge der Geflüchteten zeitnah bearbeiten zu können, wurden von Mai 2022 bis Ende Juli Überstunden für alle Mitarbeitenden angeordnet, die unmittelbar oder auch mittelbar mit der Bewältigung der Ukrainekrise betraut waren (1.581 zusätzlich geleistete Stunden allein im Zeitraum KW 25 - 30) sowie die Terminzeiten erweitert und zusätzlich Terminspuren eingerichtet.
Die Ausländerbehörde wird darüber hinaus voraussichtlich bis Ende des Jahres durch fachfremde Kräfte von PEIMAN sowie KVR-Mitarbeitende aus anderen Bereichen unterstützt, die einfache Tätigkeiten übernehmen und so die Sachbearbeitung entlasten.
Frage 5:
Wurde zusätzliches Personal für die Bearbeitung der durch die Ukrainekrise gestiegenen Anträge eingestellt? Falls ja, wie viele Vollzeitäquivalente (VZÄs) waren dies?
Antwort:
Zusätzliche VZÄ für die Abwicklung der Ukraine-Krise wurden von der Ausländerbehörde bisher nicht geltend gemacht. Die Einarbeitungszeit im Bereich Aufenthaltserteilung beträgt aufgrund der komplexen Materie mindestens sechs Monate. Die Einstellung zusätzlicher, unqualifizierter Kräfte hätte daher auch erst mit Verzögerung zu einer Verbesserung der Gesamtsituation der Ausländerbehörde geführt.
Frage 6:
Wie viele zusätzliche VZÄs wären für eine schnellere Bearbeitung der Anträge erforderlich?
Antwort:
Wie oben ausgeführt, ist aufgrund der langen Einarbeitungszeit eine kurzfristige Beschleunigung der Bearbeitung der noch offenen Anträge im Zusammenhang mit den Ukraine-Geflüchteten durch Zuschaltung von zusätzlichen VZÄs nicht möglich. Aufgrund des Einsatzes der PEIMANN-Kräfte und von KVR-internen Aushilfen sind aktuell nur noch wenige Anträge offen, die zeitnah bearbeitet werden.
Der Stadtrat wird jedoch in Kürze mit Personalbedarf für die Abwicklung der neuen zusätzlichen Aufgaben im Ankunftszentrum befasst werden. Im Übrigen hängt ein weiterer personeller Mehrbedarf von der Entwicklung in der Ukraine ab. Sollte sich die Situation in der Ukraine verschärfen und im Winter die Zahl der ankommenden Flüchtlinge wieder steigen, wird die Ausländerbehörde ggf. wieder Aushilfskräfte für einfache Tätigkeiten benötigen.
Frage 7:
Durch welche Maßnahmen und Forderungen des Stadtrats könnte die Bearbeitungszeit von Aufenthaltsgenehmigungen deutlich beschleunigt werden?
Antwort:
Ein Großteil der erforderlichen Aufenthaltstitel für die Ukraine-Geflüchteten konnte aufgrund der oben aufgeführten Maßnahmen (Einsatz von Unterstützungskräften, Anordnung von Überstunden) bereits erteilt werden. Auch wird intensiv an einer weiteren Digitalisierung der Verfahren gearbeitet.
Generell hat sich jedoch gezeigt, dass in der Ausländerbehörde eine ausreichende Personalausstattung vorhanden sein muss, um Anträge auf Aufenthaltserlaubnisse und sonstige Anliegen der in München aufhältigen Drittstaatsangehörigen in angemessener Zeit bearbeiten zu können. Dies ist derzeit nicht der Fall. Das KVR wird daher initiativ werden, um den Service für alle in München lebenden Ausländer*innen nachhaltig zu verbessern. Insbesondere wird das Kreisverwaltungsreferat um die Einrichtung zusätzlicher Stellen bzw. die Entfristung von Stellen bitten, welche in den nächsten Monaten wegzufallen drohen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihre Anfrage hiermit beantwortet und als erledigt gelten darf.