Tauschschränke in den Stadtvierteln etablieren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann und Sebastian Schall (CSU-Frakrion) vom 14.6.2021
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München (LHM), Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) auf, zusammen mit den Bezirksausschüssen und den bekannten Vereinen schnellstmöglich ein schlüssiges Konzept für Tauschschränke zu erarbeiten, mit dem Ziel, sie in den Stadtbezirken zu etablieren. Aufgrund der bekannten Flächenknappheit seien dem Stadtrat zielorientierte und nachhaltige Lösungen mit geeigneten Standorten aufzuzeigen. Dabei seien auch adäquate Finanzierungsmöglichkeiten vorzuschlagen.
Begründet wird der Antrag damit, dass der Durchschnittsbürger ca. 10.000 Gegenstände besäße. Jeder hätte sie in der Wohnung, im Keller oder auf dem Dachboden und häufig würde nur ein winziger Bruchteil benutzt, bzw. wirklich gebraucht. Es handele sich um gut erhaltene, funktionstüchtige, nutzbare Gegenstände, die zu schade zum Wegwerfen seien. Um ihnen ein zweites Leben zu schenken, könnten sie kurzerhand in den Tauschschränken abgegeben und von neuen Nutzer*innen bequem und direkt abgeholt werden.
Die Münchner*innen würden mit einem gut durchdachten Tauschschrank-System einen wertvollen Beitrag zur Circular Economy leisten.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch ein laufendes Geschäft des Eigenbetriebs, dessen Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) i.V.m. der Betriebssatzung des AWM der Werkleitung obliegt. Die Erarbeitung von Abfallvermeidungsmaßnahmen und die Erstellung entsprechender Konzepte gehört zu den typischen Aufgaben der Verwaltung und stellt somit eine laufende Angelegenheit dar, die keine grundsätzliche Bedeutung für die LHM hat. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 14.6.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Status quo
Tauschschränke bzw. „Kreislaufschränke“ sind eine Weiterentwicklung der erfolgreichen Bücherschränke, in denen neben Büchern auch andere, noch gebrauchsfähige Gegenstände zur Wiederverwendung eingestellt werden können. Im Gegensatz zu Bücherschränken ist hier der Platzbedarf größer, da mehr und größere Hausratsgegenstände zum Verschenken abgelegt werden sollen.
Der AWM und die LHM begrüßen diesen Ansatz der Abfallvermeidung und haben ihn auch bisher schon gefördert (z.B. über die Bewerbung auf den Webseiten des AWM: www.awm-muenchen.de/buecherschraenke oder durch Zuschüsse der Bezirksausschüsse). Die weit über 50 Bücherschränke (und einige „Kreislaufschränke“) im Stadtgebiet (auf privatem oder städtischem Grund) entstanden durch private Initiativen (Vereine, Kirchengemeinden, u.v.m.).
Im Folgenden werden die Möglichkeiten der finanziellen Förderung sowie die Aspekte zur Flächenauswahl genauer beleuchtet.
Fördermöglichkeiten und Flächenauswahl
Das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) schreibt zu den Fördermöglichkeiten:
„Die Landeshauptstadt München gewährt nach Maßgabe der ‚Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen der Landeshauptstadt München im Gesundheits- und Umweltbereich‘ und vor dem gesetzlichen Hintergrund der Gemeindeordnung (Art. 57 Abs. 1) freiwillige Zuwendungen an Einrichtungen und Maßnahmen, welche die Stärkung der Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling zum Ziel haben.
Zuwendungsempfänger*innen können natürliche und juristische Personen sein, deren Projekt den in der Richtlinie genannten Förderkriterien entspricht. Von der Förderung ausgeschlossen sind Antragsteller*innen die vorrangig gewinnorientiert sind und den Nachweis der Gemeinnützigkeit nicht erbringen können.
Download der Richtlinie: https://www.muenchen.de/rathaus/dam/jcr:4ad6b514-ad1b-46b6-863f-66623b15a3fa/20200323_Zuwendungsrichtli-nien_END.pdf
Kontakt und Antragstellung: umweltzuschuss.rku@muenchen.de“
Das Direktorium – Hauptabteilung II, Abteilung für Bezirksausschussangelegenheiten, hat folgende Aussage getroffen:
„Das Stadtbezirksbudget ist ein Förderprogramm der Landeshauptstadt München, über welches die Bezirksausschüsse Maßnahmen von Vereinen, Verbänden, Initiativen, natürlichen oder juristischen Personen, die das Gemeinschaftsleben im Stadtbezirk fördern und bereichern, fördern können. Grundsätzlich könnten in diesem Zusammenhang auch Anträge für Zuwendungen für die Einrichtung von ‚Kreislaufschränken‘ gestellt und gefördert werden. Entsprechende Maßnahmen, für die eine Zuwendung beantragt wird, müssen die Kriterien aus den Stadtbezirksbudget-Richtlinien erfüllen. Abschließend entscheidet stets der örtlich zuständige Bezirksausschuss über die Gewährung einer Zuwendung. Weitere Informationen und das Antragsformular für entsprechende Zuwendungen können unter http://www.muenchen.de/stadtbezirksbudget abgerufen werden.“
Das Kommunalreferat, Immobilienmanagement (IM), hat sich zur Flächenthematik geäußert:
„Die thematisierten Kreislauf-/Tauschschränke gibt es in unterschiedlichen Ausführungen (Regalgröße bis hin zur Größe eines Gartenhäuschens), je nach ‚Warensortiment‘. Demzufolge sind die Ansprüche an deren Aufstellungsorte (Größe, Untergrund, Befestigungsmöglichkeiten) unterschiedlich. Je nach Standortwahl (unbebautes Grundstück, Grünfläche, öffentlicher Straßengrund) wäre vor der Aufstellung eines Kreislauf-/Tauschschrankes auf städtischem Grund ein sog. ‚Spartenverfahren‘ erforderlich, sofern eine Befestigung im Boden notwendig ist.
In München besteht seit Jahren ein hoher Zuzugsdruck, der die Aktivierung von Flächenpotentialen für den Wohnungsbau vor dem Hintergrund der ohnehin gegebenen Flächenknappheit notwendig macht. Damit verbunden sind Nutzungskonkurrenzen, die an jedem Standort abzuwägen sind.
Ob und welche eigenen oder verwalteten Flächen von IM zur Verfügung gestellt werden können, müsste fallbezogen und mit den jeweils beteiligten Dienststellen durch den Betreiber eines Tauschschrankes abgestimmt werden. Eine generelle Aussage zur Flächenverfügbarkeit kann hierzu im Vorfeld nicht getroffen werden, sondern müsste im Einzelfall bewertet werden.Folgende Fallkonstellationen sind hinsichtlich stadteigener Flächen zu unterscheiden:
a) Sofern Kreislaufschränke/Tauschschränke auf städtischem Privatgrund aufgestellt werden, prüft IM deren Aufstellbarkeit und schließt ggfs. den Standplatzvertrag mit der/m Betreiber*in direkt ab.
b) Sollte auf privaten Flächen des Baureferates (BAU) zugegriffen werden, müsste IM zunächst die Zustimmung des BAU als vermögensrechtlichem Eigentümer einholen. Ein Vertrag würde dann von IM als Vertragsdienstleister gefertigt.
c)Bei Standplätzen im öffentlichen Straßenraum ist IM dagegen nicht zuständig. In diesem Fall ist die Genehmigung einer Sondernutzung beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) einzuholen.
Um die vorstehende Differenzierung im Hinblick auf unterschiedliche Zuständigkeiten treffen zu können, müsste der gewünschte Standort im jeweiligen Einzelfall von der/dem Antragsteller*in durch die Angabe eines konkreten Aufstellungsortes benannt werden.
Eine mietfreie Überlassung ist aufgrund der Vorgaben des Art. 75 BayGO nicht zulässig. Demnach darf das städtische Vermögen nicht unentgeltlich überlassen werden, da es sich bei den Tauschschränken nicht um eine originäre Gemeindeaufgabe handelt. Auf eine angemessene Vergütung wird mit Blick auf den Zweck geachtet.“
Weitere Maßnahmen des AWM
Der AWM ergreift folgende Maßnahmen, um interessierten Initiativen und Institutionen die Einrichtung von Tauschschränken noch weiter zu erleichtern:
-Der AWM richtet in seinem Internetauftritt – zusätzlich zu den bereits bestehenden Informationen – eine Seite ein, auf der Tipps und Hinweise sowie die Fördermöglichkeiten durch die LHM erläutert werden.
-Der AWM nutzt seine Social-Media-Kanäle, um diese Info-Seiten und die Errichtung von Tauschschränken im Rahmen einer Online-Kampagne zu bewerben (in Abstimmung mit Vereinen wie z.B. Kreislaufschränke München e.V.).
-Der AWM stellt sicher, dass Tausch- bzw. Bücherschränke im Maßnahmenkatalog des Vorhabens „Zero Waste City“ enthalten sind.
Aus Sicht des AWM sollten die Hauptzielgruppen der Informationskampagne Personen und Institutionen sein, die sich mit der Thematik der Tausch-bzw. „Kreislaufschränke“ beschäftigen und Interesse haben, solche Schränke in ihrem Quartier einzurichten. Diese Gruppe stattet der AWM mit Rat und Tat aus. Über die Kampagne werden als Zusatzeffekt auch Mitglieder der Bezirksausschüsse erreicht, die auf diese Weise ebenfalls für die Bedeutung von Tauschschränken als wichtiges Mittel der Abfallvermeidung sensibilisiert werden.
Die Erfahrung (auch in anderen Städten) zeigt, dass Tauschschränke im Vergleich zu Bücherschränken einen höheren Betreuungsaufwand erfordern, da hier die Gefahr der „wilden Ablagerung“ von Müll größer ist. Daher sollten die Schränke regelmäßig von den Betreiber*innen oder Pat*innen aufgesucht werden, um solche Tendenzen zu verhindern. Der AWM kann in solchen Fällen aus gebührenrechtlichen Gründen keine kostenlose Müllentsorgung anbieten. Die Müllentsorgung müsste somit auch über die Pat*innen organisiert werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.