Die Münchner Klimaschutzsatzung: Nur auf dem Papier existent?
Anfrage Stadträte Manuel Pretzl und Sebastian Schall (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 31.8.2022
Antwort Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz:
Ihre Anfrage vom 31.8.2022 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter an das Referat für Klima- und Umweltschutz zur Beantwortung zugeleitet. Ihre Anfrage begründen Sie wie folgt:
„Mit großem Pathos wurde im Juli 2021 die Satzung zur Umsetzung sozial gerechter Klimaziele auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München (Klimasatzung) beschlossen. Von einem ‚wegweisenden Grundgerüst‘ sprach eine Stadträtin der Grünen, von etwas ‚Einzigartige(m)‘ eine Stadträtin der SPD. Laut Klimasatzung trägt die Landeshauptstadt München (LHM) unter anderem dafür Sorge, dass ‚bei allen wesentlichen Investitionsentscheidungen und bei der Beschaffung von langlebigen Wirtschaftsgütern die in dieser Satzung niedergelegten Grundsätze und die Klimafolgen berücksichtigt werden und – soweit möglich – die Klimafolgekosten berechnet werden‘ oder dass ‚die Beschlüsse der entsprechenden Gremien auf ihre Klimawirksamkeit vorab geprüft und das Ergebnis der Prüfung und etwaiger Alternativen dem jeweiligen Beschlussvorschlag beigefügt wird‘. Insgesamt sind all dies sehr große Ziele, die man sich damals mit der Kli- masatzung gesetzt hatte. Nach inzwischen mehr als einem Jahr, in dem man seitdem allerdings nichts Neues mehr über dieses Dokument gehört hat, stellt sich die Frage, ob die Klimasatzung und ihre hehren Ziele nur auf dem Papier besteht.“
Zu den gestellten Fragen teile ich Ihnen Folgendes mit:
Frage 1:
Inwieweit sind die hochgesteckten Ziele und Aufgaben, die man mit der Klimasatzung festgelegt hat, inzwischen erreicht worden? Erfüllt die Klimasatzung ihren Zweck?
Antwort:
Die Satzung zur Umsetzung sozial gerechter Klimaziele auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München (KlimaS) vom 12. September 2021 schafft als erstes „kommunales Klimagesetz“ in Deutschland einen verbindlichen Rahmen für Stadtverwaltung, städtische Eigenbetriebe und städtische Gesellschaften. Die Satzung ist Teil des städtischen Rechts.In der Satzung verpflichtet sich die LHM, in ihrem Wirkungskreis die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Erfüllung der klimapolitischen Ziele der LHM zu schaffen (§ 4 und § 7 Abs. 4). Die in § 6 der Klimasatzung genannten Handlungsschwerpunkte entsprechen den Empfehlungen der Gutachter aus dem Fachgutachten „Klimaneutrales München 2035“. Konkret umgesetzt werden die Empfehlungen über die 68 Maßnahmen aus dem Grundsatzbeschluss II „Klimaneutrales München 2035 und klimaneutrale Stadtverwaltung 2030: Von der Vision zur Aktion“, die der Stadtrat im Januar 2022 mit großer Mehrheit verabschiedet hat (§ 7). Mit Beschluss vom Juli 2021 hat der Stadtrat ein Klimabudget eingerichtet (§ 8). Die Berichte zum Treibhausgasmonitoring erfolgen in Zukunft regelmäßiger als in der Vergangenheit (§ 9). Der Klimarat hat Ende vergangenen Jahres seine Arbeit aufgenommen (§ 11).
Die Frage ob die Klimasatzung ihren Zweck erfüllt ist mit „Ja“ zu beantworten – die Klimasatzung ist ein verbindliches und wirksames Instrument für Klimaschutz und Klimaanpassung.
Frage 2:
Beispielsweise: Bei wie vielen wesentlichen Investitionsentscheidungen der LHM sind bisher die Klimafolgekosten berechnet worden?
Antwort:
Diese Regelung aus der Klimasatzung konnte noch nicht umgesetzt werden. Die entsprechenden Strukturen befinden sich gegenwärtig im Aufbau.
Frage 3:
Beispielsweise: Wie viele Beschlüsse städtischer Gremien wurden bisher vorab auf ihre Klimawirksamkeit geprüft?
Antwort:
Die Klimaprüfung für Beschlussvorlagen befindet sich aktuell noch in der einjährigen Pilotphase, deren Ziel es ist, das neue Verfahren innerhalb der Stadtverwaltung einzuführen und zu etablieren. Die Prüfung der Beschlussvorlagen erfolgt dezentral, d.h. in den Referaten selbst, die die Beschlussvorlagen erstellen. Das RKU übernimmt eine koordinierende Funktion und wird nach der Pilotphase die durchgeführten Klimaschutzprüfungen stichprobenartig überprüfen. Aktuell analysiert das RKU noch jede eingegangene Klimaschutzprüfung mit dem Ziel, fachliches Know-How in den entsprechenden Referaten aufzubauen. Der referatsübergreifende Austausch findet innerhalb einer Arbeitsgruppe statt, bei der Mitarbeiter*innen aller Referate vertreten sind. Am Ende der einjährigen Pilotphase wird das RKU den Prozess der Einführung der Klimaprüfung evaluieren und das Ergebnisim ersten Quartal 2023 dem Stadtrat im Rahmen einer gesonderten Stadtratsvorlage darstellen.
Insgesamt wurden dem RKU ab Januar 2022 bis Anfang September 16
Beschlussvorlagen mit Klimaschutzprüfung zugeleitet, davon waren sieben Beschlussvorlagen nicht klimarelevant, acht wiesen eine positive Wirkung auf das Klima auf und eine bezog sich auf die Klimaanpassung. Bei vier weiteren Beschlussvorlagen berät das RKU aktuell die federführenden Referate innerhalb der Erstellungsphase.
Frage 4:
Beispielsweise: Wie viele Klimaschutzvereinbarungen mit privaten Unternehmen hat die LHM bis jetzt geschlossen, um die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch der Unternehmen zu reduzieren?
Antwort:
Die bestehenden Programme Ökoprofit und der Münchner Klimapakt werden fortgesetzt.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind dem RKU keine weiteren Klimaschutzvereinbarungen mit privaten Unternehmen bekannt.
Frage 5:
Beispielsweise: Wie viele Maßnahmen zur Klimaanpassung durch Grüne und Blaue Infrastruktur und wie viele Maßnahmen zur Verbesserung der Resilienz durch Starkregenvorsorge und Schwammstadtprinzipien hat die LHM bisher gefördert?
Antwort:
Im Rahmen des Maßnahmenkonzepts zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels von 2016 hat die LHM eine Vielzahl von Maßnahmen mit Bezug zu Grüner und Blauer Infrastruktur beschlossen. Das Maßnahmenkonzept wurde in enger referatsübergreifender Zusammenarbeit entwickelt und umgesetzt.
15 der 26 durch den Stadtrat beschlossenen Maßnahmen zielen direkt auf die Sicherung und Entwicklung von Grüner und Blauer Infrastruktur ab. Dazu zählen Maßnahmen zum Erhalt und verstärkten Ausbau der Grünzüge, für die Steigerung der Klimaresilienz von Stadtbäumen und Förderprogramme für Klimanpassungsmaßnahmen im privaten Raum.
14 der 26 durch den Stadtrat beschlossenen Maßnahmen zielen direkt auf die Verbesserung der Resilienz durch Starkregenvorsorge und aufSchwammstadtprinzipien ab. Dazu zählen Maßnahmen wie der Schutz von Gebäuden und Grundstücken vor Starkregen durch die frühzeitige Berücksichtigung der Anforderungen in der Planung, die Aktualisierung des Informationsmaterials zur Starkregenvorsorge für Bauherren und die Verbesserung der Datengrundlage bezüglich Extremwetterereignisse in München.
Sämtliche Maßnahmen des Anpassungskonzepts von 2016 zielen direkt, indirekt und auf verschiedenen Ebenen auf die Sicherung und Entwicklung von Grüner und Blauer Infrastruktur und die übergreifende Anpassung an die Folgen des Klimawandels, sowohl im privaten als auch öffentlichen Raum, ab. Dabei unterstützen Maßnahmen zur Aktualisierung der Datengrundlagen und der wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Im Rahmen der derzeit laufenden Fortschreibung des Maßnahmenkonzepts werden die Themen Starkregen und Schwammstadt vertieft aufgegriffen und in die Stadtentwicklung integriert. Zudem wird der Ausbau Grüner und Blauer Infrastruktur im öffentlichen und privaten Raum gefördert. Die Fortschreibung wird in enger referatsübergreifender Zusammenarbeit entwickelt. Die Beschlussvorlage zur Fortschreibung wird dem Stadtrat im Herbst 2022 zur Entscheidung vorgelegt.
Seit dem 1.1.2022 ist das städtische Förderprogramm „Grün in der Stadt“ beim RKU angesiedelt. Mit Grundsatzbeschluss II: Klimaneutrales München 2035 und klimaneutrale Stadtverwaltung 2030: Von der Vision zur Aktion (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 05040, Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates am 19.1.2022) wurde der bisherige Finanzrahmen mehr als verdoppelt und wird in den nächsten Jahren weiter aufgestockt. Weitere Informationen zum Förderprogramm bietet folgende Internetseite: https://stadt.muenchen.de/infos/foerderprogramm-priv-gruen.html
Zudem wird das Begrünungsbüro von GreenCity e.V. durch das Referat für Klima- und Umweltschutz gefördert. Das Begrünungsbüro bietet kostenfreie und unabhängige Fachinformationen zu Gebäude- und Hofbegrünung und unterstützt die Bestrebungen der LHM auch den privaten Raum klimaresilient zu gestalten. Dabei bewirbt das Begrünungsbüro auch das städtische Förderprogramm „Grün in der Stadt“.
Die Landeshauptstadt München ist mit dem Referat für Klima- und Umweltschutz und dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung Kooperationspartner beim Förderprogramm „Grüne Stadt der Zukunft – klimaresiliente Quartiere in einer wachsenden Stadt“, das neben denRegulationsleistungen grüner Infrastruktur im Gebäudebereich auch die Perspektiven und Potentiale in der Stadtgesellschaft erforscht hat. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte interdisziplinäre Projekt befindet sich nach der Forschungsphase (2018-2021) bereits in einer Umsetzungs- und Verstetigungsphase (2021-2023) und war als Finalist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung 2022 nominiert.
Zudem greift die Quartiersarbeit der Landeshauptstadt München das übergreifende Thema der Klimaanpassung auf und strebt Förderung von Grüner und Blauer Infrastruktur im Bestand an.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.