Soziale Wohnraumversorgung: Gesamtplan wird fortgeschrieben Archiv
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Rathaus Umschau 187 / 2022, veröffentlicht am 29.09.2022
Der Stadtrat hat in der heutigen Sitzung des Sozialausschusses die Fortschreibung des Gesamtplans „Soziale Wohnraumversorgung - Wohnungslosenhilfe – Wohnen statt Unterbringen“ beschlossen. Der Gesamtplan IV ist die inhaltliche Fortschreibung des Gesamtplans III aus dem Jahr 2017 und wurde in Abstimmung mit den thematisch betroffenen Referaten und den Trägern der freien Wohlfahrt erarbeitet.
Bürgermeisterin Verena Dietl: „Wir stehen in den kommenden Jahren vor einer riesigen Herausforderung. München ist nach wie vor die Stadt, in der bundesweit mit Abstand die höchsten Mieten gezahlt werden. Auch Bestandsmieten steigen seit Jahren. Das ist vor allem für Haushalte mit niedrigem Einkommen, wie zum Beispiel Rentner*innen, Beschäftigte im Niedriglohnbereich, aber auch für Familien existentiell bedrohlich. Obwohl seit 2017 Baurecht für etwa 3.300 Wohnungen pro Jahr geschaffen wurde und allein in den Jahren 2020 und 2021 insgesamt 15.000 Wohnungen fertiggestellt worden sind, übersteigt die Nachfrage das Angebot an Wohnraum und vor allem bezahlbarem Wohnraum bei weitem. Diese Entwicklung spüren wir auch im Bereich der Wohnungslosigkeit deutlich. Mit dem vorliegenden Gesamtplan versuchen wir dem zu begegnen.“
Drastisch auffällig im Zusammenhang mit dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist die zunehmend längere Verweildauer von Menschen im Unterbringungssystem. Im Januar 2017 waren 51 Prozent der erfassten Personen in der Wohnungslosenhilfe länger als ein Jahr unterbracht, im Januar 2022 waren es bereits 65 Prozent. Drei Jahre und länger waren im Januar 2017 19 Prozent untergebracht, im Januar 2022 waren es bereits 29 Prozent.
Ein zentrales Ziel des Gesamtplans für die kommenden Jahre und Jahrzehnte ist deshalb die Verbesserung der Wohn- und Lebensstandards in den städtischen Notquartieren. Neue städtische Notquartiere, die mit einer Laufzeit von mindestens 20 Jahren errichtet werden, sollen nach dem „Flexi-Heim-Standard“ (abgeschlossene Wohneinheiten) errichtet werden. Mit Blick auf die Soziale Arbeit im Sofortunterbringungssystem soll ein niederschwelliger Zugang zu Betreuung und Beratung vor Ort für alle wohnungslosen Haushalte gesichert und ausgebaut werden. Hiermit soll das Sozialreferat den Stadtrat in jeweils eigenen Beschlussvorlagen befassen. Zudem sollen weiterhin die bestehenden Angebote an Wohnprojekten für zielgruppen- und bedarfsgerechte Wohnformen hinsichtlich neuer Bedarfe evaluiert werden. Gleichzeitig wird das Sozialreferat beauftragt, ein weiteres Wohnprojekt für die Zielgruppe der erwerbstätigen, wohnungslosen Menschen zu planen und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Beschlossen wurde unter anderem bereits die Einrichtung eines Übergangswohnheims mit Tagesaufenthalt für wohnungslose Frauen mit Hund im Zuge der Erweiterung und des Umzugs des „Haus am Kirchweg“. Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Eine zusätzliche Mammutaufgabe stellt für uns als Sozialverwaltung die Unterbringung von Geflüchteten in angemessenen Unterkünften dar. Im Schnitt dauert es zwischen einem bis fünf Jahre, bis Aslybewerber*innen in München eine Entscheidung zu ihrem Aufenthaltsrecht haben. Bis dahin müssen sie in der Regel in Unterkünften leben und danach sind sie auf dem Münchner Wohnungsmarkt meist chancenlos: 69 Prozent der Untergebrachten leben bereits seit mindestens drei Jahren mit gesichertem Aufenthalt in einer staatlichen oder dezentralen Unterkunft.“
Derzeit werden 21 dezentrale Unterkünfte der Landeshauptstadt München mit zirka 4.000 Bettplätzen betrieben. Das Sozialreferat wurde vom Stadtrat nun beauftragt, einen Vorschlag hinsichtlich der weiteren Verbesserung der Wohn- und Lebensstandards in dezentralen Unterkünften vorzulegen.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Durch die Ankunft zehntausender Geflüchteter aus der Ukraine stehen wir vor weiteren Herausforderungen im Unterbringungssystem. Rechtlich vorgesehen könnten Geflüchtete aus der Ukraine, die SGB II- oder SGB XII-Leistungen beziehen, in Wohnungslosenunterkünften untergebracht werden. Faktisch fehlen dafür ausreichende Möglichkeiten. Deshalb bringen wir in Absprache mit der Regierung von Oberbayern und dem Innenministerium diese Menschen weiterhin im
kommunalen Unterbringungssystem für Geflüchtete unter, sofern sie nicht in privaten Quartieren unterkommen können, und werden das dezentrale Unterbringungssystem mindestens in der bestehenden Größe erhalten und den Ausbau der Plätze vorantreiben. Dabei werden wir auch ein Augenmerk auf die Bedürfnisse von älteren und pflegebedürftigen Geflüchteten richten.“