Gehörlose Sportler unterstützen III – Meister bei der Münchner Sportlerehrung würdigen
Antrag Stadträtinnen Alexandra Gaßmann und Ulrike Grimm (CSU-Fraktion) vom 22.10.2019
Sportlerehrung der Landeshauptstadt München überarbeiten – Sportler*innen mit Behinderung nicht ausschließen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sabine Krieger, Jutta Koller und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 27.1.2020
Antwort Stadtschulrat Florian Kraus:
Die obengenannten Anträge wurden im Sportausschuss am 5.2.2020 (Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V 17016) mit der letzten Änderung der Sportförderrichtlinien (SpoFöR) aufgegriffen, aber nicht endgültig erledigt. Die Fristüberschreitung bitten wir zu entschuldigen.
Hierzu teile ich Ihnen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, auf diesem Weg zu Ihren Anträgen Folgendes mit:
Hintergrund ist eine Regelung in § 10 Abs. 1 Ziffer 3 SpoFöR, nach der eine Ehrung für sportliche Erfolge nur in Betracht kommt, wenn im entsprechenden Wettbewerb eine angemessene Teilnehmer*innenzahl in Konkurrenz stand (national: mindestens 6 Mannschaften bzw. 8 Einzelsportler*innen, international mind. 8 Mannschaften bzw. 10 Einzelsportler*innen). Diese Regelung wurde bereits im Jahr 2006 eingeführt, weil das Wettkampfsystem des Behindertensports eine immer breitere Auffächerung nach sog. Schadensklassen gezeigt hat und damit die Zahl der Titelträger*innen erheblich angewachsen war, bei gleichzeitig immer kleineren Teilnehmer*innenfeldern in den einzelnen Wettkämpfen. Besonders ausgeprägt war dies bei Wettkämpfen der gehörlosen Sportler*innen, die getrennt von anderen Behinderungsarten organisiert werden.
Bei den jährlichen Ehrungsveranstaltungen führte dies zu einem wachsenden Anteil der Menschen mit Behinderung (alle Behinderungsformen) bis zu ca. 30-40% der Anwesenden (bei ca. 10% Anteil an der Gesamtbevölkerung), davon etwa die Hälfte Gehörlose (also 10-20% der Anwesenden bei einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von ca. 0,1%).
Die Gespräche mit dem Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Bayern (BVS) und dem Behindertenbeauftragten der Landeshauptstadt München über etwaige Lösungswege ergaben kein einheitliches Bild. Die Optionen reichten von der Aufhebung einer Mindestteilnehmer*innenzahlüber eine gesonderte Regelung für den Behindertensport (oder Teile des Behindertensports) bis hin zur Beibehaltung der bestehenden Regelung. Gleichzeitig konnte eine neue Bestandsaufnahme der sich laufend verändernden Wettkampfstrukturen des Behindertensports nicht erfolgen, da ein großer Teil der Wettkämpfe während der unterschiedlichen Phasen der Pandemie nicht stattfinden konnte. Gleiches galt für die Sportlerehrung selbst.
Auch die Ehrungsveranstaltung am 4.5.2022 (zu den Erfolgen im Jahr 2021 und 2020) zeigte nur ein begrenztes Bild der gesamten Wettkampflandschaft. In den Jahren vor der Pandemie war die Zahl der zu ehrenden Personen annähernd doppelt so hoch.
Wesentliche Überlegungen und Fakten sind:
- Die geltende Regelung wurde eingeführt und auf alle Wettbewerbe der offenen Klassen (Menschen ohne Behinderung) und des Behinderten-
sports gleichermaßen angewandt, um alle Athlet*innen gleich zu behandeln. Vielfach ist genau dies ein Anliegen der Menschen mit Behinderung und ihrer Interessenvertretungen.
- In der Anwendung der Ehrungsvoraussetzungen kam es in der Vergangenheit gleichermaßen zu Ablehnungen im Gehörlosensport und bei anderen Behinderungsgruppen, wie auch zum Teil in den offenen Klassen der Nichtbehinderten-Sportarten, dort betrifft es zumeist Randsportarten mit einer geringeren Teilnehmer*innenzahl.
- Die Weiterentwicklung des Wettkampfsystems im Behindertensport
und die steigende absolute Zahl der Athlet*innen lässt bereits jetzt erkennen, dass die Teilnehmer*innenfelder größer geworden sind und die Zahl der Ablehnungen deutlich geringer wird. Zur Ehrung für Leistungen im Jahr 2021 konnten nur zwei Mannschaften mit insgesamt
5 Athlet*innen nicht zugelassen werden, darunter waren keine Menschen mit Behinderung.
Fazit und Vorschlag
Möchte man eine Ablehnung gänzlich ausschließen, so könnte dies nur durch Abschaffung der Mindestteilnehmer*innenzahlen erfolgen. Es ist aber zu bedenken, dass die Entwicklung nach der Pandemie noch nicht gänzlich absehbar ist und dies außerdem als Signal verstanden werden könnte, Wettkampfstrukturen wieder breiter aufzufächern. Im Übrigen ist der Anteil der Menschen mit Behinderung an der Ehrung trotz Mindestteilnehmer*innenzahl bereits deutlich höher als der Anteil an der Gesamtge-sellschaft. Es wird deshalb empfohlen, die Mindestteilnehmer*innenzahlen im Grundsatz für alle aufrecht zu erhalten.
Allerdings erscheint es durchaus angemessen, die Zahlen in den Richtlinien entsprechend abzusenken, um die sinkende Zahl der Ablehnungen weiter zu verringern.
Denkbar wäre eine Ehrung ab
- 4 Teams bzw. 6 Einzelsportler*innen statt bisher 6 Teams und
8 Einzelsportler*innen bei nationalen Wettbewerben und
- 6 Teams bzw. 8 Einzelsportler*innen statt bisher 8 Teams und
10 Einzelsportler*innen bei internationalen Wettbewerben.
Dies soll im Rahmen einer geplanten Beschlussvorlage zur Änderung der SpoFöR rechtzeitig zur Anwendung im Jahr 2023 eingebracht werden. Da die Angelegenheit bereits im Stadtrat behandelt wurde, wird das Schreiben an alle ehrenamtlichen Stadträt*innen zugeleitet.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit geschäftsordnungsgemäß abgeschlossen ist.