Fortschreibung des Luftreinhalteplans Archiv
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Rathaus Umschau 191 / 2022, veröffentlicht am 06.10.2022
Nachdem der Bayerische Landtag 2021 die Zuständigkeit für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans an die Stadt München abgegeben hat, legt das Referat für Klima- und Umweltschutz dem Stadtrat in seiner Vollversammlung am 26. Oktober mit der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans durchgreifende Maßnahmen vor, um die punktuell grenzwertüberschreitenden Immissionen in der Stadt zu mindern und den Gesundheitsschutz für die Münchner*innen zu stärken. Nachdem das Landesamt für Umwelt Grenzwertüberschreitungen der Stickstoffdioxid-Immissionen (NO2) am Mittleren Ring bis ins Jahr 2026 prognostiziert, hat das Referat für Klima- und Umweltschutz mit gutachterlicher Unterstützung ein breites Maßnahmenspektrum in verschiedenen Varianten ergebnisoffen untersucht.
Ergebnis dieses Prozesses ist die stufenweise Einführung eines zonalen Diesel-Fahrverbots. Nur so können der seit 2010 zum Schutz der menschlichen Gesundheit gesetzlich verbindliche Stickstoffdioxid-Jahresgrenzwert schnellstmöglich im gesamten Münchner Stadtgebiet eingehalten und drohende EU-Strafzahlungen in eklatanter Höher verhindert werden. Kernmaßnahme des Luftreinhalteplans wird demnach ein ab 1.2.2023 beginnender Stufenplan sein. Dabei wird die bestehende Umweltzone um den Mittleren Ring erweitert und in dieser neuen Umweltzone ein Fahrverbot für Diesel Euro 4/IV und schlechter angeordnet. Sollten sich die Stickstoffdioxidwerte in der Zwischenzeit nicht entsprechend verbessern, werden ab dem 1.10.2023 in einer zweiten Stufe Diesel-Fahrzeuge mit der Schadstoffklasse 5/V in das zonale Diesel-Fahrverbot mitaufgenommen. Bei weiteren Grenzwertüberschreitungen wird in der dritten Stufe ab 1.4.2024 die endgültige Ausprägung der Gesamtmaßnahme starten. Die generelle Ausnahme für Lieferverkehr und Anwohner*innen ist dann nicht mehr vorgesehen. Sozialen Härtefällen wird von Anfang an und dauerhaft mit einem ausgewogenen Ausnahmekonzept vorgebeugt; gleiches gilt für den Erhalt des unerlässlichen Wirtschaftsverkehrs.
Der Stufenplan zur Einführung eines zonalen Diesel-Fahrverbots in München ist Grundlage einer am 5.10.2022 unterzeichneten Vergleichsvereinbarung, die seit Februar 2022 von der Stadtverwaltung unter Leitung von Bürgermeisterin Katrin Habenschaden mit dem Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) sowie dem Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) verhandelt wurde. Mit der Vereinbarung wollen alle drei Beteiligten zwei langjährige Rechtsverfahren, die die Stadt im Zuge der Zuständigkeitsübertragung zum 1.6.2021 vom Freistaat geerbt hat, beenden.
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden: „München ist bei der Luftreinhaltung das Sorgenkind Deutschlands. Nirgends sonst im Land werden so hohe Abgaswerte registriert wie bei uns. Die zuständige bayerische Staatsregierung hat sich jahrelang um wirkungsvolle Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte gedrückt und die Verantwortung in dem Moment an die Stadt weitergegeben, als Fahrverbote nicht mehr zu verhindern waren. Ich halte Fahrverbote vor allem im Lichte der gegenwärtigen finanziellen Belastungen der Bürger*innen für eine Zumutung. Gleichzeitig dürfen wir es nicht akzeptieren, dass tausende Münchner*innen täglich gesundheitsgefährdende Abgase einatmen. Der nun geschlossene außergerichtliche Vergleich erlaubt großzügige Ausnahmen von den Fahrverboten, etwa für Handwerker*innen mit Parklizenz. Das war mir sehr wichtig. Weitere Ausnahmen, etwa für soziale Härtefälle, werden wir in den nächsten Wochen prüfen. In dem vereinbarten Stufenplan haben wir zudem zwei Exitoptionen vorgesehen; sollte der Stickstoffdioxid-Grenzwert schon in Stufe 1 oder 2 erreicht werden, sehen wir von einer Verschärfung ab.“ Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz: „Auch wenn die Luft in München in den letzten Jahren besser geworden ist, so reicht der aktuelle Luftreinhalteplan mit seinen 115 Maßnahmen leider immer noch nicht aus. Es ist mir ein Anliegen, die erste in unserer Verantwortung liegende Fortschreibung des Luftreinhalteplans so auszugestalten, dass sie tatsächlich zum Schutz der Münchner Bevölkerung die Einhaltung aller Luftschadsfoffgrenzwerte erreicht. Die gutachterlichen Untersuchungen haben gezeigt, dass mildere Maßnahmen wie Zuflussdosierungen nicht ausreichen, um den Stickstoffdioxid-Grenzwert einzuhalten. Uns ist bewusst, dass Fahrverbote mit schmerzhaften Einschränkungen für einen Teil der Bevölkerung verbunden sind. Wir glauben aber, dass das jetzt vorliegende Handlungskonzept ausgewogen und verhältnismäßig ist und vor allen Dingen zum gewünschten Ziel führt: der Einhaltung aller Luftschadstoffgrenzwerte. Mit zusätzlichen Machbarkeitsstudien bereiten wir uns außerdem bereits auf die anstehenden Grenzwertverschärfungen seitens der EU vor, um die Wirkung weiterer Handlungsoptionen für eine faire und nachhaltige Mobilität im Stadtgebiet zu untersuchen.“
Beatrix Zurek, Gesundheitsreferentin: „Belastungen durch Stickstoffdioxid sind ernst zu nehmen. Je nach Stärke und Dauer der Belastung können durch die Reizwirkung Husten oder die Verschlechterung der Lungenfunktion die Folge sein. Hohe langandauernde Belastungen stehen in Zusammenhang mit Erkrankung der Lunge und des Herz-Kreislaufsystems sowie der Schädigung von Lungenzellen. Menschen mit Vorerkrankungen sind dabei besonders gefährdet. Nicht von ungefähr empfiehlt die WHO eine deutliche Reduzierung der aktuellen Luftschadstoffgrenzwerte und insbesondere des in München im Fokus stehenden Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Münchner Bevölkerung bin ich froh, dass nun weitere Maßnahmen ergriffen werden sollen.“
Weitere Informationen und FAQs auf muenchen.de im Pressebereich des Referats für Klima- und Umweltschutz.
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden und Christine Kugler, Referentin für Klima- und Um- weltschutz, bei der Präsentation des Luftreinhalteplans (Foto: Michael Nagy/Presseamt)