Alexandra Blöchl und Jovana Reisinger erhalten die diesjährigen Arbeitsstipendien für Münchner Autor*innen der Stadt München. Die mit jeweils 8.000 Euro dotierten Arbeitsstipendien werden jährlich für literarische Projekte an Münchner Autor*innen vergeben, die sich mit ihrem Werk bereits literarisch ausgewiesen haben und im Literaturbetrieb in Erscheinung getreten sind. Über die Vergabe beschloss der Kulturausschuss in seiner Sitzung am 13. Oktober auf Empfehlung der Jury.
Auszüge aus den Jurybegründungen: Alexandra Blöchl für ihr Prosaprojekt „Marie aus dem Meer“
„Die 27-jährige Vida Goudie lebt zeit ihres Lebens auf einer kleinen Insel im Norden. Während ihr älterer Bruder Zander die Insel längst gen Stadt verlassen hat, hinterfragte Vida ihr eintöniges Leben nie. Bis Marie Quill in die Nachbarschaft zieht. Die 29-Jährige verkörpert alles, was Vida nicht ist: Unabhängig und frei lebend wie denkend, kümmert sie sich nicht um das Gerede der rund 50 Inselbewohner*innen.
Das Setting und der Plot lassen einen eher leichteren Unterhaltungsroman vermuten. Tatsächlich geht es in ‚Marie aus dem Meer‘ um mehr. Es geht um Körperlichkeit und Scham, um die Enge eines vorgefertigten Lebens, um Rivalität unter Geschwistern und die Folgen einer existenziellen Verun- sicherung. Mit großer Sorgfalt untersucht Alexandra Blöchl, wie tief eine bis dato fremde Lebensweise die eigene unhinterfragte erschüttern kann. Sie lotet die damit verbundenen ambivalenten Gefühle aus und zeigt, wozu der Mensch im Extremfall fähig ist.
Alexandra Blöchl wurde 1969 in Wuppertal geboren und lebt als freie Auto- rin in Vaterstetten bei München. Unter ihrem Geburtsnamen Alexandra Pilz und dem Pseudonym Lea Coplin veröffentlichte sie ab 2013 Jugendromane sowie ab 2018 als Anne Sanders mehrere (Liebes-)Romane. Mit dem Arbeitsstipendium möchte die Jury die Autorin ermutigen, unter ihrem Klar- namen ein neues Kapitel in ihrer schriftstellerischen Arbeit aufzuschlagen.“
Jovana Reisinger für ihren Erzählband „Großes Zucker Sahne Dilemma“
„Jovana Reisingers Geschichten kreisen um das Thema einer patriarchalen Gesellschaft, in der tradierte Rollenzuschreibungen, neoliberale Versprechen und kapitalistische Druckmechanismen die Gegenwart ihrer Figuren prägen. Dabei geht es häufig um Liebe, um Körper und Sehnsucht, aber auch um Schmerz, Wut und das Verstreichen von Zeit. So auch in ihrer Geschichte ‚Zur schönen Aussicht‘, in der eine Frau, deren beruflich erfolgreicher Mann ständig außer Haus ist, ihre Schönheit in einer exklusiven Penthouse-Wohnung in Peking pflegt und eines Tages auf rätselhafte Weise aus ebendieser Wohnung verschwindet. Wie Reisinger hier in Anspielung auf den Pygmalion-Mythos die Geschichte auf ungeahnte Höhen treibt, führt nicht nur zur fulminanten Pointe innerhalb der Erzählung, sondern macht diese zu einem Juwel im ganzen Band, der insgesamt 15 Kurzgeschichten umfassen soll.
Die 1989 in München geborene Autorin, Regisseurin und bildende Künstlerin debütierte 2017 mit ihrem Roman ‚Still halten‘, der 2018 mit dem Bayern 2-Wortspiele-Preis, einem Aufenthaltsstipendium im LCB sowie 2019 mit einem Aufenthaltsstipendium des Goethe Institut China ausgezeichnet wurde. Ihr zweiter Roman ‚Spitzenreiterinnen‘ war 2021 für den Bayeri- schen Buchpreis nominiert.“
Weitere Informationen zu den Arbeitsstipendien (u.a. Besetzung der Jury) sind abrufbar unter www.muenchen.de/literatur.