Parklizenzgebiet Altschwabing?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Gabriele Neff, Richard Progl und Fritz Roth (FDP BAYERNPARTEI Stadtratsfraktion) vom 4.9.2020
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Zunächst möchte ich um Entschuldigung bitten, dass Sie bisher noch keine Rückmeldung von mir erhalten haben. Aufgrund der Gründung des Mobilitätsreferates zum 1.1.2021 kam es leider zu unausweichlichen Verzögerungen in der Sachbearbeitung.
In Ihrer Anfrage fordern Sie die LH München auf, Datensätze bzgl. der Parkraumauslastung für das Lizenzgebiet Altschwabing zur Verfügung zu stellen. In Ihrer Anfrage legen Sie folgenden Sachverhalt zu Grunde:
„Aus der Antwort auf den BA-Antrag-Nr. 14-20/B 04364 des BA 12 vom 23.11.2017 geht hervor, dass in 2019 im Lizenzgebiet Altschwabing insgesamt ca. 1.560 Stellplätze vorhanden waren (610 für Bewohnerparken, ca. 850 im Bereich Mischparken, der Rest für Kurzzeitstellplätze, Taxi, Behindertenstellplätze). Dem gegenüber stehen 1.888 ausgegebene Bewohnerparkausweise und 558 Ausnahmegenehmigungen für gewerbliche Anlieger im Jahr 2018.“ Es sei dringend zu klären, wie sich die Einrichtung des Parklizenzgebietes auf den ruhenden Verkehr und auf die Zahl der angemeldeten Pks auswirkt. Sollte die Parklizenzierung eine höhere Anzahl an angemeldeten und dann im ruhenden Verkehr Platz wegnehmenden
Pkw zur Folge haben, dann müsse das System neu überdacht werden.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet.
Das Mobilitätsreferat hat sich im Themenbereich Ruhender Verkehr bereits zum Ziel gesetzt, einen besseren Überblick über die aktuelle Parkraumauslastung in jedem einzelnen Lizenzgebiet, wie auch im gesamten Stadtbereich zu erlangen. Bislang stehen hierfür lediglich manuelle Zählungen zur Verfügung. Gerade zur Feststellung der Anzahl der Stellplätze auf Privatgrund werden jedoch auch neue technische Lösungen keine ausreichenden Antworten liefern können.
Aktuell läuft das Projekt „Konzepterstellung, Erprobung und Untersuchung eines Monitoring- und Analyse-Dashboards für den Ruhenden Verkehr in München“, dessen Umsetzung im vierten Quartal des Jahres 2021 gestartet ist. Da es auf dem Markt mittlerweile viele technische Lösungen gibt,die die Prozesse auf unterschiedliche Art vereinfachen und beschleunigen und in wirtschaftlicher Hinsicht optimieren können, soll mit Hilfe dieses Piloten nach einer geeigneten Lösung für die Stadtverwaltung gesucht werden. Die Erkenntnisse aus dem Piloten werden im weiteren Verlauf Anwendung in den Digitalisierungsprogrammen finden.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie viele vorhandene Stellplätze gab es
- 2001 (bei Einführung des Lizenzgebiets)?
- 2005 (vor den ersten Änderungen)?
- 2013 (vor weiteren Änderungen, die 2014 erfolgten)?
- 2015 (nach den Änderungen von 2014)
Antwort:
Da die gewünschte Datengrundlage zu den geforderten Jahreszahlen noch nicht so lange existiert wie sie der Antrag erfordert, können wir Ihnen hierüber leider keine Auskunft geben.
Frage 2:
Wie viele vorhandene Stellplätze gibt es seit August 2020, nach der Umgestaltung des Wedekind Platzes, Einführung von Fahrradstellplätzen und E-Tankplätzen sowie zu Zeiten erweiterter Freischankflächen?
Antwort
Aktuell sind es ca. 1.540 bewirtschaftete Stellflächen im Lizenzgebiet Altschwabing. Davon stehen ca. 590 Stellplatzflächen tagsüber ausschließlich den Bewohner*innen zur Verfügung und 610 nachts.
Frage 3:
Wie ist das Verhältnis von ausgegebenen Lizenzen zu tatsächlich vorhandenen Stellplätzen in mindestens drei anderen Lizenzgebieten (aufgeschlüsselt nach Summe der vorhandenen Stellplätze, Stellplätze für Lizenz-Inhaber, Stellplätze für Mischparken, sonstige)?
Antwort:
Grundsätzlich ist bei den Parkregelungen in Parklizenzgebieten eine Einhaltung des rechtlichen Rahmens erforderlich. Dabei darf für Bewohner*innen max. 50% der Stellplatzflächen tagsüber und 75% nachts reserviert werden. Um eine optimale Parkplatznutzung zu gewährleisten, ist es nicht ratsam in allen Parklizenzgebieten gleichermaßen die 50% Quote auszureizen. Wichtig ist hierbei eine gesamtheitliche Betrachtung vieler verschiedener Parameter. Die Ausdehnung der Gebiete darf gemäß den rechtlichen Vorgaben 1.000m nicht überschreiten.
Als Anlage stellen wir Ihnen gerne eine Übersicht über die verfügbaren bewirtschafteten öffentlichen Stellplätze in den Lizenzgebieten und den ausgegebenen Lizenzen zur Verfügung. Ihrem Wunsch nach einer Darstellung der verschiedenen Parkregelungen können wir nachfolgend für Altschwabing sowie für drei weitere Lizenzgebiete darstellen:
*) Hinweis: auf Mischparkflächen ist es für Anwohner*innen mit Lizenz möglich zu parken. Alle Zahlenangaben sind lediglich Richtwerte.
Frage 4:
Von welchem idealen Verhältnis von ausgegebenen Lizenzen zu tatsächlich vorhandenen Stellplätzen geht man bei Neueinführung eines Lizenzgebietes grundsätzlich aus?
Antwort
Das ideale Verhältnis von ausgegebenen Lizenzen zu tatsächlich vorhandenen öffentlichen Stellflächen für Bewohner*innen würde idealerweise 1:1 betragen. In der Realität besteht in der Regel eine Mangelwirtschaft zwischen ausgegebenen Lizenzen und vorhandenen Parkraumkapazitäten für Kraftfahrzeuge (Kfz). Die Einführung einer Parkraumbewirtschaftung mit einer Parklizenz für Bewohnerinnen und Bewohner (nach § 45 der Straßenverkehrsordnung) ist an rechtliche Vorgaben geknüpft. So ist die Anordnung von Bewohnerparkvorrechten nur dort zulässig, wo mangels privater Stellflächen und auf Grund eines erheblichen allgemeinen Parkdrucks die Bewohner*innen des städtischen Quartiers regelmäßig keine ausreichende Möglichkeit haben, in ortsüblich fußläufig zumutbarer Entfernung von ihrer Wohnung einen Stellplatz für ihr Kfz zu finden (vgl. Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung VwV-StVO).
Die zumutbare fußläufige Entfernung bedeutet dabei, dass es in einer Großstadt wie München durchaus akzeptabel ist, das Auto ein paar Straßen entfernt abstellen zu müssen. Auch bei Einführung einer Parkraumbewirtschaftung mittels Bewohnerparken lässt sich naturgemäß nicht für jede Bewohnerin und jeden Bewohner die Möglichkeit schaffen, direkt vor der Haustür einen freien Stellplatz zu bekommen, dies lässt sich nur durch Anmietung eines privaten Stellplatzes gewährleisten.
Frage 5:
Wird im Falle eines bestimmten Verhältnisses von ausgegebenen Lizenzen zu vorhandenen Stellplätzen die Ausgabe weiterer Lizenzen gestoppt? Wenn ja, wo liegt die kritische Grenze? Wurde dieser Stopp bereits in München durchgeführt? Wenn ja, in welchem Lizenzgebiet und für wie lange? Wird im Falle eines Ausgabestopps nach Lösungen zur Entspannung der Situation gesucht?
Antwort:
Für die bewirtschafteten Gebiete existiert keine Obergrenze hinsichtlich der Anzahl der möglichen Parkausweise. Sofern die Antrag stellende Person bzw. der gewerbliche Anlieger die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, darf aus Gründen der Gleichbehandlung der beantragte Parkausweis nicht verweigert werden.
Frage 6:
Wie könnte die Luft- und Lärmbelastung durch Parksuchverkehr reduziert werden a) tagsüber und b) nachts?
Antwort:
Vor dem Hintergrund des aktuellen und prognostizierten Wachstums der Landeshauptstadt München sowie der Herausforderungen bezüglich der derzeitigen Belastungen durch Lärm und Schadstoffausstoß kommt dem Parkraummanagement eine wichtige Funktion zu. Mit der weiter steigenden Zahl an Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Arbeitsplätzen wächst auch der Mobilitätsbedarf und damit das Mobilitätsaufkommen. Zudem nehmen mit steigender Dichte auch die Ansprüche an den öffentlichen Raum sowie die Konkurrenz um dieses knappe Gut zu. Vor allem in hochverdichteten Bestandsquartieren der Landeshauptstadt München innerhalb und auch außerhalb des Mittleren Rings ist dazu eine effektive und bedarfsgerechte Bewirtschaftung des Parkraumangebots notwendig.
Die gewünschten Effekte des Parkraummanagements sind im Wesentlichen,
- die Parkplatzsituation für die Bewohnerinnen und Bewohner in ihrem Wohnumfeld zu verbessern,
- eine Verlagerung von Fahrten auf flächen- und ressourcenschonende Verkehrsmittel zu erreichen,
- den Parksuchverkehr in den Stadtbezirken zu reduzieren,
- eine effektive und wirtschaftliche Nutzung des vorhandenen knappen Parkraums zu erreichen sowie
- die Erreichbarkeit der Stadtteile für den Wirtschaftsverkehr zu sichern und damit die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Stadtteilzentren zu unterstützen.
Frage 7:
Besteht die Möglichkeit, bestimmte Straßen nachts für Bewohnerparken vorzusehen, z.B. 18:00/20:00 bis 8:00 unter der Woche (z.B. ausgewählte Mischparkstraßen und die Kurzparkflächen entlang der Leopoldstraße)? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Aufgrund der vielfältigen Nutzungen im Erdgeschoss entlang der Leopoldstraße besteht eine integrative Parkregelung für Besucher*innen in Form von Kurzzeitparken von 2 Stunden ganztags von 9 bis 23 Uhr. Zusätzlich besteht die Parkregelung Bewohnerparken von 18 bis 23 Uhr. Somit besteht bereits entlang der Leopoldstraße eine Bevorrechtigung für Bewohner*innen ab 18 Uhr und endet mit Beginn der Parkraumbewirtschaftung (Kurzzeitparken) um 9 Uhr des Folgetages.
Grundsätzlich ist es bei Anpassungen der Parkregelungen in Parklizenzgebieten zur Einhaltung des rechtlichen Rahmens der Straßenverkehrsordnung (max. 50% Bewohnerparken tagsüber, 75% nachts) erforderlich, eine komplette Betrachtung des Lizenzgebietes vorzunehmen. Im Hinblick auf die stadtweiten Umwandlungen von Stellplätzen zugunsten urbaner Nutzungen, wie beispielsweise Schanigärten, Fahrradabstellanlagen oder Begrünung zugunsten des Mikroklimas ist dies umso notwendiger. Punktuell wird fortlaufend versucht dort, wo es relativ einfach möglich ist (z.B. keine offensichtliche Notwendigkeit weiterer Anpassungen wie die Schaffung von Lieferzonen), Verbesserungen für Bewohner*innen umzusetzen. Dies erfolgt im Vorgriff auf den für das dritte Quartal 2022 geplanten Beschluss zum Parkraummanagement, „Management des öffentlichen Straßenraumes“, mit dem das systematische Vorgehen zur Prüfung aller bestehenden Parklizenzgebiete dargestellt werden soll.
Nachdem parallel die Planung und Umsetzung weiterer neu einzurichtender Parklizenzgebiete läuft, kann der Fokus mit den aktuellen Personalressourcen für die Parkraumbewirtschaftung nicht ausschließlich auf der Anpassung bestehender Parklizenzgebiete liegen. Bis dahin wird etwa auf Basis von Anträgen der Bezirksausschüsse versucht, den Parkdruck für Bewohner*innen punktuell zu entlasten.
Im Rahmen der Überarbeitung ändern wir im Lizenzgebiet Altschwabing rund um den Nikolaiplatz und in der Ursulastraße die Parkregeln von Mischparken auf Bewohnerparken. In der Knollerstraße ändern wir Mischparken in Misch-/Bewohnerparken (ab 18 Uhr) um. Wir erwarten die Umsetzung durch das Baureferat in den nächsten Monaten.
Frage 8:
Besteht die Möglichkeit, Besuchsverkehr verstärkt in vorhandene Parkhäuser zu leiten, z.B. durch digitale Anzeigen vorhandener Kapazitäten? Wenn ja, ab wann kann mit einer Einführung eines Parkleitsystems gerechnet werden? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Wie bereits einleitend erwähnt, besteht ein wichtiger Punkt darin, die Digitalisierungsstrategie im Bereich ruhender Verkehr weiter auszubauen. Dem Mobilitätsreferat ist es ein großes Anliegen, Navigationssysteme und das Routing weiter zu verfolgen und darüber hinaus Schnittstellen in Routing Systeme zu integrieren. Eines der übergeordneten Ziele von Routingsystemen ist es, Parksuchverkehre zu vermeiden. Die Voraussetzungen hierfür sind momentan noch nicht gegeben, daher müssen wir Sie leider noch um etwas Geduld bitten.
Ich bitte, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Die Anlage kann abgerufen werden unter:
https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/6206611?dokument=v7372772#ergebnisse