Wie viele Sonderfallbeurteilungen gemäß eines „seltenen Ereignisses“ wurden in den letzten Jahren in München erteilt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 28.6.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage vom 28.6.2022 zur Beantwortung überlassen.
Inhaltlich teilten Sie Folgendes mit:
„ Im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. der TA Lärm gibt es die Möglichkeit einer Bewertung einer Veranstaltung als ‚seltenes Ereignis‘ oder ‚seltene Veranstaltung‘. Diese ermöglicht auch über 22 Uhr hinaus nicht kommerzielle Musikveranstaltungen (Beispiel Leipzig (https://www.lai-immissionsschutz.de/documents/freizeitlaermrichtline_1503575715.pdf )).
Wir bitten daher den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie viele dieser Ausnahmegenehmigungen wurden die letzten Jahre beantragt? Bitte aufschlüsseln nach
- Jahren 2016 bis 2021 und 2022 laufend
- Name und Art der Veranstaltung
- Umfang der beantragten Genehmigung
- Einteilung nach kommerziell und nicht-kommerziell
2.Wie viele dieser Ausnahmegenehmigungen wurden die letzten Jahre erteilt? Bitte aufschlüsseln nach
- Jahren 2016 bis 2021 und 2022 laufend
- Name und Art der Veranstaltung
- Umfang der erteilten Genehmigung
- Einteilung nach kommerziell und nicht-kommerziell“
Das Kreisverwaltungsreferat hat zu Ihren Fragestellungen das für den Immissionsschutz zuständige Referat für Klima- und Umweltschutz eingebunden. Dieses teilte hierzu Folgendes mit:
Frage 1:
Wie viele Ausnahmegenehmigungen wurden die letzten Jahre beantragt?
Antwort:
Das Immissionsschutzrecht sieht kein Recht auf Beantragung einer Veranstaltung als seltenes Ereignis vor. Es wird ganz allgemein die Durchführung einer Veranstaltung beantragt. Der Immissionsschutzbehörde obliegtdann die Prüfung, ob eine Veranstaltung als seltenes Ereignis eingestuft werden kann.
Frage 2:
Wie viele dieser Ausnahmegenehmigungen wurden die letzten Jahre erteilt?
Antwort:
Eine Übersicht/Statistik über die als seltenes Ereignis eingestuften Veranstaltungen wird vom RKU nicht geführt. Daher ist hierzu keine Aussage möglich.
Ergänzend können wir Folgendes mitteilen:
Veranstaltungen sind nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) anzeigepflichtig und werden durch das Kreisverwaltungsreferat (KVR) genehmigt. Immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen, die es einem kommerziellen oder nicht-kommerziellen Veranstalter ermöglichen würden, auch über 22 Uhr hinaus Musikveranstaltungen durchzuführen, werden dementsprechend vom RKU nicht erteilt.
Im Zuge des o.g. Verfahrens wird das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) vom KVR zu immissionsschutzrechtlichen Belangen, vor allem zu Fragen des Lärmschutzes, als Fachbehörde eingebunden.
Das RKU legt anhand der Antragsunterlagen speziell für die jeweilige Veranstaltung die notwendigen immissionsschutzrechtlichen Auflagen fest. Mit diesen Auflagen wird sichergestellt, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte – abgestimmt auf die Schutzwürdigkeit der jeweiligen Umgebung – eingehalten werden können. Die Auflagen gestalten sich je nach Veranstaltungsart unterschiedlich. Sie umfassen beispielsweise Forderungen hinsichtlich der Maximallautstärke, Verwendung von elektronischen Lautstärkebegrenzern, Lautsprecheraufstellung und -ausrichtung sowie zeitliche Vorgaben.
In Bayern gibt es keine gesetzlichen Vorgaben wie eine Veranstaltung lärmtechnisch zu beurteilen ist. Eine Beurteilung erfolgt, wie vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz empfohlen, in der Regel nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung – 18. BImSchV. Lediglich für Sportveranstaltungen ist die 18. BImSchV die direkte Beurteilungsgrundlage.
Eine Ausnahme bilden in diesem Zusammenhang Volksfeste, für die seit ab Jahr 2015 vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie eine Beurteilung nach der Freizeitlärmrichtlinie der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfohlen wurde.In der 18. BImSchV sowie der LAI-Freizeitlärmrichtline gibt es die Möglichkeit, eine Veranstaltung als „seltenes Ereignis“ bzw. „seltene Veranstaltung“ zu beurteilen.
Dies ermöglicht es der Behörde, die zulässigen Immissionsrichtwerte ggf. zu erhöhen und die Nachtzeit um 2 Stunden zu verschieben.
Das Instrument der „seltenen Ereignisse“ bzw. „seltene Veranstaltungen“ kann jedoch nur angewendet werden, wenn es sich entweder um Veranstaltungen handelt, für die ein hohes nationales oder internationales Interesse besteht (18. BImSchV) oder um Veranstaltungen, die eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen.
Für Veranstaltungen, die die vorgenannten Eigenschaften erfüllen, besteht die Möglichkeit, die zulässigen Immissionsrichtwerte für „seltene Ereignisse“ bzw. „seltene Veranstaltungen“ zu erhöhen. Eine Verschiebung der Nachtzeit ist jedoch nur in besonderen Fällen (z.B. große Open-Air-Konzerte, nationale und internationale Sportveranstaltungen) nach einer Sonderfallprüfung möglich.
Abschließend möchten wir erwähnen, dass Veranstaltungen mit lärmintensiven Darbietungen (z.B. Livemusik, Veranstaltungen mit DJ), mit Ausnahme von Veranstaltungen, die unter die Richtlinien für Veranstaltungen auf öffentlichem Verkehrsgrund (Veranstaltungsrichtlinie) fallen, auch nach 22 Uhr möglich sind, wenn die zulässigen Immissionsrichtwerte eingehalten werden.
Wir hoffen, die immissionsschutzrechtlichen Fragestellungen hiermit ausreichend beantwortet zu haben.
Ergänzend teilt das Kreisverwaltungsreferat mit:
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Veranstaltungen wird jede Veranstaltung im Einzelfall bewertet und entsprechend der Rückmeldungen der Fachdienststellen mit den notwendigen Auflagen, einschließlich solcher zum Immissionsschutz, genehmigt. Auch im Kreisverwaltungsreferat werden keine Statistiken über „seltene Ereignisse“ im Sinne der Anfrage geführt. Gleiches gilt für eine Unterscheidung in nichtkommerzielle bzw. gemeinwohlorientierte oder kommerzielle Veranstaltungen. Diese Unterscheidung kann und darf sicherheitsrechtlich keine Rolle spielen.
Ich darf Sie um Kenntnisnahme dieser Ausführungen bitten und gehe davon aus, dass diese Angelegenheit damit erledigt ist.