Recycling von Leichtverpackungen – nicht nur ein Münchner Problem?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Heike Kainz, Thomas Schmid und Professor Dr. Hans Theiss (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 19.8.2022
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
In Ihrer o.g. Anfrage verweisen Sie auf die Ausstrahlung der Dokumentation „Die Recyclinglüge“ vom 22.6.22 der ARD. Diese hat massive Zweifel an der Nachhaltigkeit und der Sinnhaftigkeit des Sammelns bzw. des Recycelns von Kunststoffen aufkommen lassen.
„Die im Beitrag aufgegriffenen Recherchen zeigen ein anderes als das, vom Dualen System Deutschland (DSD), der weltweiten Recycling- und Abfallwirtschaft sowie der Verpackungsindustrie vermittelte Bild, wonach ein Großteil der Kunststoffe recyclebar sind. Im Hinblick auf die Bemühungen der Landeshauptstadt München mit der Initiative ‚Zero Waste‘ Müll zu vermeiden bzw. dort wo er anfällt, möglichst in einen Wertstoff- oder Recyclingkreislauf zu halten, ergibt sich die Frage, ob Verbraucherinnen und Verbraucher für ihren ehrbaren Versuch (‚Plastik‘)-Müll zu trennen, letztlich von der Abfall- und Verpackungsindustrie aber auch der Politik auf allen Ebenen hinters Licht geführt werden. Nach diesem Bericht bedarf es einer schonungslosen Analyse der Recyclingsituation für Kunststoffe.“
Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der folgenden Fragen:
Frage 1:
Wie viel Kunststoff fällt jährlich in München an?
Antwort:
Der AWM kann selbst nur über die in München anfallenden Kunststoffabfälle aus Haushalten berichten, die im Restmüll landen. Mengen aus dem gewerblichen Bereich oder von den Wertstoffinseln liegen nicht vor.
Laut Abfallbilanz 2021 wurden 172t Hartkunststoffe (Beispiele: Kanister, Eimer, Wäschekörbe, Plastikwannen, Gartenmöbel, Bobbycar, Blumentöpfe, Sandspielzeug) auf den Münchener Wertstoffhöfen getrennt erfasst.Laut der letzten Abfall-Analyse von 2016 waren in der Restmülltonne noch etwa 10 Gewichtsprozent Kunststoffe enthalten (sh. Grafik). Diese 10% bzw. ca. 31.000t Kunststoffe teilen sich auf in ca. 21.000t Verpackungen, die vom Bürger nicht in den „Recycling-Pfad“ Wertstoffinseln gegeben wurden, und in ca. 10.000t andere Kunststoffe (Kunststofffolien, sonstige Kunststoffe, Styropor).
Mengen der Dualen Systeme: siehe Frage 2.
Frage 2:
Wie viel Kunststoff davon wird durch das DSD in München eingesammelt?
Antwort:
Die Menge an Leichtverpackungen, die an den Wertstoffinseln nach Angaben der von den Dualen Systemen Deutschland (DSD) beauftragten Firmen REMONDIS GmbH & Co. KG und Wittmann Entsorgungswirtschaft GmbH für die Abfallbilanz 2021 gemeldet wurde, beträgt 10.205t.
In den Containern für Leichtverpackungen werden allerdings Verpackungen aus verschiedenen Materialien zusammengefasst: Kunststoffe, Verbunde, Aluminium und Weißblech, so dass im Stoffstrom Leichtverpackungen eine dem AWM nicht bekannte Menge an Kunststoffen enthalten ist.
Frage 3:
Welche der bekannten Kunststoffe lassen sich gererell recyclen?
Antwort:
Es gibt über 200 Kunststoffarten. Grob kann man diese in Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere einteilen. Gut recycelbar – also werkstofflich verwertbar – sind prinzipiell die Thermoplaste, wenn sie als Monomaterial vorliegen und nicht in Verbundform mit anderen Materialien.
Weitere Aspekte für das komplexe Thema Kunststoff-Recycling sind z.B. auch:
- die Verweilzeit in der jeweiligen Nutzung (Jahrzehnte im Bereich Bau),
- enthaltene Additive und Schadstoffe,
- Zugriffsmöglichkeiten (Export von gebrauchten Autos),
- Degradation der Kunststoffe (Umwelteinfluss und Recycling),
- Preise für Recycling-Kunststoffe müssen mit denen der Primärkunststoffe konkurrieren, und
- es muss eine Marktnachfrage vorhanden sein.
Die mengenmäßig wichtigsten Kunststoffe werden in folgender Übersicht (Conversio-Studie „Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2019“) in einer Matrix einerseits nach dem Anwendungszweck dargestellt und andererseits nach der Kunststoffart. Die Größe der Kreise stellt einen Mengenvergleich her.
Die für die Registrierung von Verpackungen zuständige Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZVSR) prüft zur Beurteilung der Recyclingfähigkeit unter anderem, ob eine Verwertungsstruktur vorhanden ist, ob die Verpackungtechnisch überhaupt sortier- und trennbar ist und ob es Recyclingunverträglichkeiten gibt („Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen“).
Frage 4:
Wie groß ist der Anteil der recyclebaren Kunststoffe an der Gesamtproduktion, münchen-, deutschland- bzw. weltweit?
Antwort:
Hierzu liegen dem AWM aufgrund der vorgenannten Situation keine Daten vo r.
Frage 5:
Welchen Anteil haben die recyclebaren Kunststoffe am gesamten Kunststoffabfall in München?
Antwort:
Hierzu liegen dem AWM aufgrund der vorgenannten Situation keine Daten vo r.
Frage 6:
Welchen Anteil haben die recyclebaren Kunststoffe am vom DSD gesammelten Kunststoff in München?
Antwort:
Hierzu liegen dem AWM aufgrund der vorgenannten Situation keine Daten vo r.
Frage 7:
Wie hoch ist die Recyclingquote bezogen auf den gesamten gesammelten Kunststoffmüll?
Antwort:
Bisher wurden alle Sammelmengen, die in eine Recyclinganlage als Input gingen, zu 100% als recycelt gerechnet. Durch geänderte rechtliche Vorgaben (Durchführungsbeschluss (EU) 2019/1004 der Kommission vom 7.6.2019) müssen zukünftig von den Inputmengen die Mengen an Störstoff-, Sortier- und Aufbereitungsresten abgezogen werden, so dass die Qualität der gesammelten Kunststoffabfälle einen höheren Stellenwert bekommt.Folgende Grafik aus dem Zero-Waste-Konzept (Seite 195) stellt diesen Sachverhalt dar.
Frage 8:
Wie hoch ist die Recyclingquote bezogen auf die recyclefähigen gesammelten Kunststoffe?
Antwort:
Hierzu liegen dem AWM aufgrund der vorgenannten Situation keine Daten vor.
Frage 9:
Wie erfolgt die Trennung von recyclebaren und nicht-recyclebaren Kunststoffen?
Antwort:
Die Trenntechnik in den Sortieranlagen ist darauf ausgelegt, dass die gewünschten Kunststoffsorten positiv aus dem gemischten Abfallstrom aussortiert werden. Dazu werden Aggregate mit unterschiedlichen Detektions- und Sortierprinzipien eingesetzt. Diese schaffen aber in der Praxis keine vollständige Abtrennung des gewünschten Materials. Der am Ende der Positivsortierungen verbleibende Sortierrest enthält dann Störstoffe, Fehlwürfe aber auch nicht abgeschiedene recyclingfähige Kunststoffe.
Frage 10:
Wie hoch ist die Fehlerquote bei der Trennung und wie wirkt sich dies auf die Recyclingfähigkeit des Kunststoffes aus?
Antwort:
Die Fehlerquote dürfte unterschiedlich sein und von verschiedenen Faktoren abhängen wie z.B. der Qualität des zu sortierenden Inputs, der eingesetzten Technik, der Fahrweise der Anlage (Bandgeschwindigkeit, Schichtdicke, Anzahl der Sortierdurchläufe etc.).
Die Recyclingfähigkeit der positiv aussortierten Kunststoffe hängt nicht von der Fehlerquote der Sortierung ab.
Frage 11:
Wie wird der nicht recyclebare Kunststoff „verwertet“?
Antwort:
Laut der Conversio-Studie werden diese fast vollständig energetisch verwertet, also verbrannt.
Frage 12:
Sollte dies thermisch erfolgen, wie hoch ist die zusätzliche Menge des in die Atmosphäre emittierte CO2?
Antwort:
Pro Tonne verbrannter Kunststoffe werden 2,24t CO2 emittiert (aus: Bundeseinheitliche Liste der CO2-Emissionsfaktoren des UBA).
Frage 13:
Trifft es auch für München und/oder Bayern zu, dass das Gewerbe in Plastik verpackte Nahrungsmittel einfach ohne Entpacken im Bio-Müll entsorgen darf, während ein solches Verhalten beim Bürger als „Fehlwurf“ gerügt wird?
Antwort:
Die bundesweit gültige Gewerbeabfallverordnung verpflichtet die Gewerbebetriebe seit 6.5.2022 grundsätzlich, Bioabfälle unterteilt nach verpackten Bioabfällen, insbesondere verpackten Lebensmittelabfällen, und unverpackten Bioabfällen jeweils separat zu sammeln (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 GewAbfV). Eine vermischte Erfassung ist nicht zulässig.
Während die unverpackte Bioabfallfraktion direkt in Bioabfallverwertungsanlagen zu verwerten ist, müssen bei der verpackten Bioabfallfraktion die Verpackungsbestandteile zwangsläufig in geeigneten Anlagen aussortiert werden, um die sortenreine Biofraktion einer Verwertung zuführen zu können. Die separierten Verpackungsbestandteile sind vorrangig stofflich oder, falls dies nicht möglich oder zumutbar ist, energetisch zu verwerten.
Während diese Pflichten die gewerblichen Abfallerzeuger*innen und ihre beauftragten Betriebe treffen, besteht für die Münchner Haushalte nach der städt. Hausmüllentsorgungssatzung ein Anschluss- und Benutzungszwang an die städt. Biotonne. Der AWM verwertet die Inhalte der Biotonne unmittelbar entweder in der stadteigenen Trockenfermentationsanlage am Entsorgungspark Freimann oder über beauftragte Bioabfallverwertungsbetriebe. Der angelieferte Bioabfall muss möglichst sortenrein sein und darf nur in minimalen, unvermeidbaren Umfang Störstoffe enthalten, da keine automatische Vorsortierung erfolgt und die Annahmekriterien der Bioabfallverordnung zu erfüllen sind. Das Befüllen der städt. Biotonne mit verpackten Lebensmitteln ist insofern nicht zulässig.
Frage 14:
Wenn ja, wer darf dies anordnen und welche drei Maßnahmen hat die Landeshauptstadt München gegen eine solche Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger unternommen?
Antwort:
Die Pflichten für Erzeuger*innen und Besitzer*innen von Gewerbeabfällen ergeben sich aus der bundesweit gültigen Gewerbeabfallverordnung, auf deren Regelungsinhalte die LHM keinen direkten Einfluss hat. Für den Vollzug dieser Bundesverordnung ist in München das Referat für Klima und Umweltschutz (RKU) zuständig, das ggf. die notwendigen Anordnungen trifft.
Zum 1.5.2023 wird die GewAbfV dahingehend geändert, dass verpackte Bioabfälle, z.B. überlagerte Lebensmittel, vor dem Recycling oder einer sonstigen stofflichen Verwertung entpackt werden müssen. Gewerbeabfallbesitzer*innen können künftig auch nicht mehr argumentieren, dass ein Entpacken der verpackten Lebensmittel technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Der Lebensmitteleinzelhandel muss sich vor diesem Hintergrund künftig entscheiden, ob er verpackte überlagerte Lebensmittel künftig selbst entpackt oder alternativ von einem beauftragten Entsorger entpacken lässt.
Mit Inkrafttreten der novellierten GewAbfV zum 1.5.2023 ist die „Ungleichbehandlung“ zwischen Gewerbebetrieben und Privathaushalten beendet.
Frage 15:
Welche Unternehmen übernehmen das Recycling des Kunststoffmülls von den in München mit der Sammlung betrauten Entsorgungsfirmen (Einzelnennung mit Geschäftssitz)?
Antwort:
Der AWM erfasst auf den 12 Wertstoffhöfen Kunststoffe, in der Regel große Verpackungen (wie Eimer oder Folien) sowie sonstige Kunststoffe (wie Wannen, Gartenmöbel, Plastikspielzeug, Haushaltsgegenstände etc.). Diese erfassten Mischkunststoffe werden aktuell der Firma Schenker, Industrie- und Städtereinigungs GmbH in 85411 Hohenkammer bis 31.12.2022 zur stofflichen Verwertung übergeben. Danach erfolgt eine neue Ausschreibung.
Darüber hinaus werden Kunststoffabfälle wie CDs, CD-Roms, DVDs und BlueRays aus den städtischen Wertstoffhöfen von der Firma Krall Kunststoffrecycling GmbH in Elsenfeld am Main stofflich verwertet.
Für die Entsorgung der Verpackungsabfälle aus Kunststoff, die über die Wertstoffinseln erfasst werden, sind die Entsorgungsfirmen REMONDIS GmbH & Co. KG, Pasteurstraße 22, 80999 München sowie WittmannEntsorgungswirtschaft GmbH, Lochhamer Schlag 7 in 82166 Gräfelfing zuständig. Die Firmen REMONDIS GmbH & Co. KG und Wittmann Entsorgungswirtschaft GmbH wurden von den DSD beauftragt.
Frage 16:
Wird Münchner Kunststoffmüll in andere Länder exportiert?
Antwort:
Nach Auskunft der ZVSR (Zentrale Stelle Verpackungsregister) vom 15.5.2020 an den AWM wurden „die Kunststoffe aus der Landeshauptstadt München, wie im gesamten Bundesdurchschnitt, weit überwiegend in Deutschland verwertet. Kleinere Mengen wurden in die Niederlande, nach Österreich, Italien und Frankreich in zertifizierte Verwertungsanlagen geliefert.“ Eigene Erkenntnisse zu von den DSD zu verwertenden Kunststoffabfällen liegen dem AWM nicht vor.
Kunststoffe, die auf den Wertstoffhöfen des AWM gesammelt, oder in der Restmülltonne landen, werden ausschließlich in Deutschland verwertet.
Frage 17:
Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgt das?
Antwort:
Das in Deutschland geltende Abfallverbringungsrecht basiert auf der europäischen Verordnung über die Verbringung von Abfällen (VVA). Diese baut wiederum auf dem Basler Übereinkommen und dem OECD-Ratsbeschluss auf. Das Basler Übereinkommen wurde mit dem Ziel erarbeitet, die Ausfuhr gefährlicher Abfälle in Entwicklungsländer einzuschränken. Parallel zum Basler Übereinkommen wurde für die OECD-Staaten mit dem OECD-Ratsbeschluss ein System für die Notifizierung, Identifizierung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen zur Verwertung geschaffen.
Ergänzt werden diese Vorschriften durch das Abfallverbringungsgesetz (AbfVerbrG). Es beinhaltet die notwendigen rechtlichen Regelungen unter anderem zur Umsetzung des Basler Übereinkommens in Deutschland. Gleichzeitig enthält es notwendige Ergänzungen zur VVA, beispielsweise ergänzende Regelungen zu Wiedereinfuhrpflichten, zur Sicherheitsleistung, zur Zuweisung von Behördenzuständigkeiten (Genehmigungsbehörden für Export und Import in den Bundesländern und für den Transit das Umweltbundesamt), zum Datenaustausch sowie zu Bußgeldvorschriften.Je nach vorgesehenem Entsorgungsverfahren, dem Bestimmungsstaat
und der Einstufung des Abfalls unterliegt eine grenzüberschreitende Abfallverbringung gemäß VVA entweder Informationspflichten oder dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung.
Frage 18:
Gibt es bezüglich des DSD entsprechende hoheitliche Kontrollorgane und -mechanismen, um festzustellen, was mit dem gesammelten Kunststoff passiert?
Antwort:
Die Verwertung von Kunststoffabfällen aus gebrauchten Verkaufsverpackungen wird vom Verpackungsgesetz geregelt. Die Erfassung der Verpackungen erfolgt durch die von den DSD beauftragten Entsorgungsunternehmen. Die DSD sind verantwortlich für die Einhaltung der Verwertungsquoten nach dem Verpackungsgesetz. Geprüft werden die hierzu von den dualen Systemen erstellten Mengenstromnachweise jährlich von der ZVSR. Die Prüfergebnisse werden an die Bundesländer weitergeleitet.
Mit Schreiben vom 12.8.2022 hat sich der AWM erneut an das Bayerische Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz gewandt und um Auskunft gebeten, in welchen zertifizierten Verwertungsanlagen die in München über die Wertstoffinseln erfassten Kunststoffabfälle entsorgt werden.
Von Seiten des Ministeriums wurde mit Schreiben vom 6.9.2022 Folgendes mitgeteilt:
„Nach § 7 des Verpackungsgesetzes (VerpackG) haben sich Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen mit diesen Verpackungen zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme vor dem Inverkehrbringen an einem oder mehreren Systemen zu beteiligen. Diese dualen Systeme haben die Verpackungen vorrangig der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 VerpackG). Im Hinblick auf die nach § 16 Abs. 4 VerpackG gesetzlich vorgeschriebene Mindestrecyclingquote weisen die Mengenstromnachweise aller Systeme in der Gesamtbetrachtung eine Recyclingquote von etwa 50 Prozent aus. Eine Übersicht aller dualen Systeme in Bezug auf die Mengenströme Bayerns, aus der die Mengen der in Bayern gesammelten Leichtverpackungen und deren weitere Verwertungswege hervorgehen, sowie Aussagen zur werkstofflichen und energetischen Verwertung in Deutschland oder im Auslang lassen sich dem Bericht der Zentralen Stelle Verpackungsregister nicht entnehmen. Auch liegen uns diese Informationen auch nicht in anderer Form vor. Wir weisen jedoch auf die Abfallbilanz 2020 des Bayerischen Landesamts für Umwelt hin, die einen Gesamtüberblick über die wichtigsten Stoffströme (Anfall- und Erfassungsmengen von Restabfällen und Wertstoffen sowie Entsorgungswege) der kommunalen Abfallwirtschaft in Bayern gibt.“
Frage 19:
Welche Rechte und Pflichten hat die Landeshauptstadt München bezüglich der Sammlung bzw. des Recyclings des Kunststoffmülls?
Antwort:
Die LHM/AWM verwertet die auf den 12 Münchner Wertstoffhöfen erfassten Kunststoffabfälle ordnungsgemäß in zugelassenen Verwertungsanlagen.
Die Erfassung von Verkaufsverpackungen aus Kunststoff erfolgt gegenwärtig über das Bringsystem Depotcontainer. Dies ist in der derzeit geltenden Abstimmungsvereinbarung für den Zeitraum 2021 bis 2023 festgelegt. Die von den DSD beauftragten Subunternehmen Firma REMONDIS GmbH
& Co. KG und Firma Wittmann Entsorgungswirtschaft GmbH beantragen zur Einrichtung eines Depotcontainerstandplatzes bei der LHM eine Sondernutzungserlaubnis, die von der LHM nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt wird. Die Standplatzsuche und der Betrieb der Sammelstellen erfolgt ausschließlich durch die Entsorgungsfirmen.
In Umsetzung eines Stadtratsauftrages hat der AWM zwischenzeitlich ein Konzept zur Durchführung eines Pilotversuchs zur Einführung eines gelben Systems in München erarbeitet. Mit Hilfe eines Pilotversuchs soll in ausgesuchten Stadtvierteln die Einführung eines Holsystems in München getestet werden. Es sollen sowohl der gelbe Sack, die gelbe Tonne sowie die Wertstofftonne (Erfassung von Kunststoffverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen) zum Einsatz kommen. Der Pilotversuch soll wissenschaftlich begleitet werden. Die Erkenntnisse aus dem Pilotversuch sollen Eingang finden in die Frage, ob eine flächendeckende Einführung eines Holsystems in München sinnvoll und durchsetzbar ist. Gegenwärtig sind die Verhandlungen über die Durchführung eines Pilotversuchs in München mit den Verhandlungspartnern der DSD noch nicht abgeschlossen.
Frage 20:
Inwieweit hat der Gesetzgeber auf allen Ebenen die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Recyclingfähigkeit, die Zertifizierung und Überwachung von Unternehmen sowie den Export oder das sog. „greenwashing“ etc.?
Antwort:
Die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Recyclingfähigkeit, die Zertifizierung und Überwachung von Unternehmen sowie den Export, oder das sog. „Greenwashing“ besteht sowohl für die Gesetzgeber auf europäischer als auch für die Gesetzgeber auf nationaler Ebene.
Beispielsweise legte die neue Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, am 11.12.2019 den europäischen „Green Deal“ vor. Der europäische „Green Deal“ ist eine neue Wachstumsstrategie, mit der die EU zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden soll. Im Jahr 2025 sollen keine Nettotreibhausgasemmissionen mehr freigesetzt werden und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt sein. Ein wichtiger Baustein des „Green Deal“ ist die Weiterentwicklung der zirkulären Wirtschaft, der Circular Economy.
Im Rahmen des „Green Deal“ soll auch der Export von Abfällen aus der EU in Länder außerhalb der EU beendet werden. Die EU kündigte insoweit eine Überprüfung der EU-Vorschriften über die Abfallverbringung und illegalen Exporte an.
Darüber hinaus legte die EU-Kommission im Jahr 2020 den „neuen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft“ vor. In diesem wurden Initiativen für den gesamten Lebenszyklus von Produkten angekündigt. Vom Design und der Herstellung bis zum Verbrauch, Reparatur, Wiederverwendung und zum Recycling, um Ressourcen wieder in die Wirtschaft zurückzuführen, reichen die entsprechenden Vorschläge. Die nationalen Gesetzgeber sind gefordert, auf dieser Grundlage die nationalen Gesetze entsprechend weiterzuentwickeln.
Mit der Einwegkunststoffrichtlinie will die EU gegen die zunehmenden Mengen an Plastikmüll vorgehen. Zu den Maßnahmen gehört u.a. die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung.
In Umsetzung der EU-Kunststoffrichtlinie trat im Jahr 2021 die (nationale) Einwegkunststoffverbotsverordnung in Kraft. Mit der Einwegkunststoffverbotsverordnung sind beispielsweise die Hersteller von Einwegkunststoffgetränkeflaschen, die hauptsächlich aus Polyethylenterephthalat bestehen, zur Einhaltung einer bestimmten Mindestrecyclatquote (25% ab 1.1.2025, 30 Masseprozent ab 1.1.2030) verpflichtet. Zudem dürfen keine Wattestäbchen, Besteck (insbesondere Gabeln, Messer, Löffel und Essstäbchen, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe) sowie Lebensmittelbe-hälter, Getränkebehälter und Getränkebecher aus expandiertem Polystyrol in Verkehr gebracht werden. Zudem wurde festgelegt, dass ab 1.1.2023 größere Gastronomiebetriebe für To-Go-Produkte auch eine Mehrwegalternative anbieten müssen.
Grundsätzlich sind die Nationalstaaten verpflichtet, die in EU-Richtlinien geregelten Vorgaben innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen. Erfolgt die Umsetzung in nationales Recht nicht fristgerecht, entfalten die EU-Vorgaben unmittelbare Wirkung auch für die Nationalstaaten.
Die Kommunen selbst haben im Bereich der Abfallwirtschaft nur einen geringen Spielraum; lediglich über das Abfallortsrecht können Regelungen ausschließlich für das Hoheitsgebiet getroffen werden, wie beispielsweise das Mehrweggebot in der Münchner Hausmüllentsorgungssatzung.