Stadt übergibt Erinnerungszeichen für NS-Opfer der Öffentlichkeit Archiv
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Rathaus Umschau 209 / 2022, veröffentlicht am 02.11.2022
Am Montag, 7. November, 15 Uhr, sprechen im Café Reitschule, Königinstraße 34, Bürgermeisterin Katrin Habenschaden und Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, anlässlich der Übergabe von Erinnerungszeichen für die NS-Opfer Irma Hecht, Dr. med. Eugen Doernberger und Dr. jur. Hermann Raff in der Ohmstraße 13. Das Gedenken ist zugleich Auftakt für das Erinnerungsprojekt „Jüdisches Leben in der Ohmstraße“. In der Ohmstraße lebten in der NS-Zeit mehr als 200 jüdische Nachbar*innen. Von ihrem Leben ist kaum etwas bekannt – das soll dieses Projekt ändern. Im Lauf der nächsten Jahre werden für viele ehemalige Bewohner*innen der Straße weitere Erinnerungszeichen angebracht. Das Projekt soll von möglichst vielen Anwohner*innen der Straße und engagierten Bürger*innen getragen werden. Angeleitet werden sie bei ihren Recherchen von „Neumann & Kamp Historische Projekte“. Bereits beteiligt sind Schüler*innen des Oskar-von-Miller-Gymnasiums.
Nach der Gedenkveranstaltung im Café Reitschule werden die Erinnerungszeichen an der Ohmstraße 13 ab zirka 16.15 Uhr der Öffentlichkeit übergeben. Für den weiteren Austausch zum Bürgerprojekt lädt die Initiative im Anschluss an der Ohmstraße zum Empfang.
Dr. med. Eugen Doernberger wurde 1867 in München geboren und studierte hier Medizin. Mit seiner Frau Emilie, geb. Guggenheimer, hatte er zwei Söhne, Franz Kurt (*1902) und Rudolf Karl (*1907). Eugen Doernberger arbeitete im Ersten Weltkrieg als Schiffsarzt und versorgte während der Kämpfe um die Räterepublik in München 1919 Verwundete. Später war er als Arzt für das Städtische Schul- und Gesundheitsamt sowie in der Sozialarbeit der Israelitischen Kultusgemeinde tätig. Eugen Doernberger starb am 21. März 1938 in München, seine Witwe konnte im gleichen Jahr zu ihrem Sohn Rudolf nach Montevideo emigrieren.
Irma Hecht kam 1885 in Nürnberg zur Welt. Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zog sie nach München, hier besuchte sie das Gymnasium und die Universität. Nach dem Studium arbeitete sie als Privatlehrerin für alte Sprachen und war wissenschaftliche Hilfskraft. Ihre jüngere Schwester Emmy emigrierte 1940 nach New York, wo sie bis zu ihrem Tod 1971 lebte. Irma Hecht blieb in München, von hier wurde sie am 20. November 1941 nach Kaunas deportiert und dort am 25. November 1941 ermordet.
Dr. jur. Hermann Raff wurde 1868 in Göppingen geboren, studierte in München und Erlangen Jura und spezialisierte sich auf Handels- und Grundstücksrecht. 1900 heiratete er Katharina Siegel. Um der andauernden Verfolgung zu entgehen, zog das Paar 1936 nach Füssen. Während der Pogromnacht vom 9. November 1938 konnte sich Hermann Raff in der Nähe von Kreuth verstecken und entging dadurch einer Verhaftung. Wegen sei- ner Ehe mit einer nichtjüdischen Frau wurde er nicht deportiert, doch der permanente Verfolgungsdruck setzte ihm gesundheitlich stark zu. Er starb am 29. September 1943 in Füssen.
Zu den Erinnerungszeichen: Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie in zwei Ausführungen – als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild. Durch die gelochte Oberfläche können die Informationen auch ertastet werden.
Weitere Infos unter www.erinnerungszeichen.de und http://www.map.erinnerungszeichen.de.
(Siehe auch unter Terminhinweise)