Leichtbauhallen: Lange Bauzeit, kurze Nutzung, hohe Kosten?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Fabian Ewald, Alexandra Gaßmann und Jens Luther (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 18.8.2022
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 18.8.2022 führen Sie Folgendes aus:
„Auf dem Schulgrundstück an der Hachinger-Bach-Straße in Berg am Laim wurden seit März vier große Leichtbauhallen für bis zu 426 Geflüchtete aus der Ukraine inklusive der erforderlichen Zuwegungen und technischen sowie organisatorischen Einrichtungen errichtet. Die Anlage wurde Ende Juni fertiggestellt (ursprünglich geplanter Termin: 29. April) und anschließend mit rund 30 bis 40 Personen belegt. Bereits Ende Juli hat das Sozialreferat angekündigt, ab Anfang August die dort untergebrachten Personen wieder anderweitig unterzubringen. Somit ergibt sich eine Nutzungsdauer von nur rund einem Monat und eine maximale Belegung von unter 10%. Stadtweit sollen statt Leichtbauhallen in Zukunft verstärkt Containeranla- gen zum Einsatz kommen.“
Zu Ihrer Anfrage vom 18.8.2022 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Vorab möchte ich im Allgemeinen darauf hinweisen, dass die Unterbringungspflicht für Geflüchtete primär eine gesetzliche Aufgabe der Regierung von Oberbayern (ROB) ist.
Die ROB kommt diesem gesetzlichen Auftrag hauptsächlich dadurch nach, indem sie die sekundäre Unterbringungspflicht der Kommunen in Anspruch nimmt.
Zur Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine mussten durch die Landeshauptstadt München (LHM) ab März 2022 binnen kürzester Zeit tausende Notbettplätze zum Beispiel in Sporthallen und Leichtbauhallen errichtet und bereitgestellt werden.
Mit Stand 1.9.2022 sind ca. 1.511 geflüchtete Menschen aus der Ukraine in städtischen Unterkünften untergebracht. Etwa 9.000 Geflüchtete leben noch in Privatunterkünften. Derzeit melden sich 60 bis 70 Personen wöchentlich für eine Anschlussunterbringung in einer städtischen Unterkunft. Seit Mai 2022 erhalten Geflüchtete aus der Ukraine mit der Registrierung die Zuweisung in ein Bundesland. Die Erstverteilung auf die Bundesländer erfolgt prozentual nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Nachdem in den ersten Kriegswochen überproportional viele Menschen aus der Ukraine nach Bayern geflohen waren, erfolgten daher in den letzten Mona-ten im Zuge der Erstverteilung vorrangig Zuweisungen in andere Bundesländer. Seit dem 16.9.2022 werden wieder Geflüchtete nach Bayern und damit in einem folgenden Schritt auch München zugewiesen.
Die ROB fordert für ein Zugangsszenario „50.000“ von der LHM die Bereitstellung von insgesamt 5.625 Bettplätzen, davon 80% in langfristigen Unterbringungsformen, also rund 4.500 langfristige Bettplätze. Die weitere Entwicklung des Zugangs- aber auch des Abgangsgeschehen ist nur sehr begrenzt prognostizierbar angesichts der beinahe täglich neuen Ereignisse in den umkämpften ukrainischen Gebieten, aber auch aufgrund des weltweiten Fluchtgeschehens.
Es müssen daher alle notwendigen Vorbereitungen getroffen werden, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Frage 1:
Was ist der Grund für die Umverlegung der Bewohner der Unterkunft an der Hachinger-Bach-Straße?
Antwort:
Die Bewohner*innen aus der Hachinger-Bach-Straße 19 wurden umverlegt, da Kapazitäten in neuen Festbauten (Eröffnung des Frankfurter Ring 20-22, Stahlgruberring 28 und der Elisabethstraße 87) vorhanden waren. Gegenüber den Leichtbauhallen bieten die Festbauten einen höheren Wohnstandard und die anfallenden Kosten sind niedriger, da beispielsweise weniger Sicherheitspersonal benötigt wird oder die Notwendigkeit eines Caterings wegfällt. Zudem war aufgrund der hohen Außentemperaturen in den Leichtbauhallen zeitweise die menschenwürdige Unterbringung nicht gewährleistet. Die Leichtbauhallen waren mit Lüftungsanlagen ausgestattet, die die Außenluft ansaugen und sie bei Bedarf erwärmen, allerdings nicht kühlen konnten. Klimageräte mussten erst noch beschafft und angeschlossen werden. Insofern kam bis zur technischen Abhilfe nur eine Abverlegung der Bewohner*innen in Frage.
Frage 2:
Werden die Leichtbauhallen in Zukunft weiterhin genutzt?
Antwort:
Wie eingangs geschildert, ist die LHM aufgrund des hohen Fluchtaufkommens darauf angewiesen, im Bedarfsfall auch die Leichtbauhallen in Betrieb zu nehmen bzw. weiterhin in Betrieb zu halten. Derzeit sind alle fünf Leichtbauhallenstandorte in Betrieb. Leider konnte die Errichtung von mittelfristig nutzbaren Containerstandorten nicht wie geplant bereits vor der Sommerpause vom Münchner Stadtrat verabschiedet werden, so dasssich für diese Anschlussunterbringung der Zeitplan nach hinten geschoben hat.
Frage 3:
Was waren die Gründe für die Verzögerungen bei der Fertigstellung?
Antwort:
Der Standort Hachinger-Bach-Straße 19 ist mit vier Leichtbauhallen und der dazu umgebenden Infrastruktur mit Büro-, Sanitär- und Lagercontainern sowie Cateringzelt in kürzester Zeit errichtet worden. Im Gegensatz zu anderen Standorten, die reaktiviert worden sind, mussten hier die komplette Leitungsverlegung und die Anschlüsse an die städtische Versorgung neu aufgebaut werden.
Frage 4:
Welche Kosten sind für die Errichtung und den Betrieb der Anlage entstan- den?
Antwort:
Die Kosten für die Betriebsführung (Betrieb, Sicherheitsdienst, Reinigungsdienst etc.), das Catering sowie benötigte Ausstattung (Mobiliar etc.) sind im Rahmen bestehender Beschlüsse zur Rahmenfinanzierung der Ukraine-Krise gesichert (bis 31.7.2022 durch Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 05998, Beschluss der Vollversammlung vom 27.4.2022; vom 1.8.2022 bis 31.12.2022 durch Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 06731, Beschluss der Vollversammlung vom 27.7.2022).
Für das Objekt Hachinger Bach liegt eine Kostenzusicherung für eine monatliche „Mietpauschale“ in Höhe von 526.315,79 Euro vor. ( Laufzeit Erstbelegung Juli 2022 bis inkl. 31.12.2023, Gesamtsumme bei voller Laufzeit = 9.473.684,22 Euro). Die Neben- und Betriebskosten werden zusätzlich quartalsweise geltend gemacht. Die Errichtungskosten sind Bestandteil der zugesagten „Mietpauschale“.
Eine Anmeldung und Erstattung dieser Kosten erfolgt demzufolge zeitlich sukzessive und nicht bereits vorab. Eine Gesamtsumme aller entstanden Kosten für dieses Objekt kann folglich aktuell noch nicht abschließend beziffert werden, da es sich um einen laufenden Erstattungsprozess handelt.
Frage 5:
Welche weiteren Standorte von Leichtbauhallen in München wurden wie lange mit wie vielen Personen belegt?
Antwort:
Neben dem Leichtbauhallenstandort an der Hachinger-Bach-Straße 19 sind vier weitere Leichtbauhallenstandorte in der Hansastraße 55, der Kronstadter Straße 36, der Neuherbergstraße 24 sowie der Gerty-Spies-Straße 9 in Betrieb.
Die Belegungszahlen stellen sich zum Stand 30.9.2022 wie folgt dar:
Frage 6:
Welche Standorte werden wann wieder zurück gebaut?
Antwort:
Für alle Leichtbauhallen ist derzeit eine Laufzeit bis 31.12.2023 vorgesehen. Wichtig ist für einen Ersatz durch Festbauten, dass deren Errichtung tatsächlich auch zeitgerecht möglich wird.
Frage 7:
Welche Kosten sind insgesamt entstanden?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 4