Historische Bedeutung und gegenwärtige Nutzung – das sind die Eckpfeiler der Sanierung des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers an der Ehrenbürgstraße 9. Das planerische Gesamtkonzept für das Areal wurde 2021 im Rahmen eines Realisierungswettbewerbs ermittelt. Der Stadtrat erteilte jetzt den Projektauftrag und genehmigte die Ausführung von vorgezogenen Maßnahmen. Die Projektkosten inklusive Risikoreserve belaufen sich auf rund 26 Millionen Euro. Davon können rund 6,6 Millionen Euro aus staatlichen Zuwendungen finanziert werden, unter anderem aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“. Dieses hat das Projekt „Erinnerungsort Neuaubing“ 2021 als eines von deutschlandweit 24 Projekten ausgewählt.
Auf dem Gelände in Neuaubing sind acht Baracken erhalten, in denen während der NS-Diktatur rund 1.000 Zwangsarbeiter*innen untergebracht waren. Sie waren unter anderem aus Polen, der Sowjetunion und Italien nach Deutschland verschleppt worden und mussten vorrangig im nahegelegenen Reparaturwerk der Reichsbahn Waggons für Kriegszwecke umrüsten. Das gesamte Gelände ist als einziges noch erhaltenes Lagerensemble dieser Art in Süddeutschland als Bodendenkmal ausgewiesen und steht unter Ensembleschutz. Alle Baracken, die vorhandenen bauzeitlichen Zaunreste sowie zwei Kleinbunker sind Einzeldenkmäler. Sie sind vom Verfall bedroht, und eine Sanierung ist dringend notwendig.
In diesem Rahmen soll die langfristige Weiternutzung von vier Baracken als Atelierflächen sowie der dort ansässige pädagogische Betrieb des Vereins Kinder- und Jugendfarm gesichert werden. Zudem wird ein Erinnerungsort des NS-Dokumentationszentrums neu geschaffen, der an die Geschichte der NS-Zwangsarbeit in München erinnert.
Das Freiraumkonzept ermöglicht eine räumliche und inhaltliche Erschlie-ßung des Innenhofs für vielseitige Nutzungen. Es soll ein „Kulturband“ geben, einen „Grünweg“ und einen Ausstellungs- und Vermittlungsbereich zur Erinnerung und zum Gedenken, der jederzeit für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.
Kommunalreferentin Kristina Frank: „Dieser Ort ist beispielhaft für das Miteinander von Gedenken, künstlerischem, handwerklichem und sozialem Arbeiten sowie nachbarschaftlicher Begegnung. Diese Koexistenz wird sich gegenseitig stärken – und städtebaulich eine große Rolle in der Entwicklung von Neuaubing und Freiham Nord spielen. Das Gelände soll nun denkmal- und naturschutzgerecht saniert werden. Ein grüner Aufenthaltsraum, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Münchner Westens im Blick hat.”
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Kinder und Jugendliche, ihre Familien, pädagogische Fachkräfte und Schulklassen werden künftig als Nutzer*in- nen mit dazu beitragen, den Erinnerungsort respektvoll und lebendig zu erhalten. Der Erhalt des geschichtlich bedeutsamen Ortes aus der NS-Zeit als Lern- und Erinnerungsort, die Sanierung der Gebäude auf dem Gelände ebenso wie die vielfältigen Formen der Weiternutzung stellen eine große Herausforderung dar. Der konstruktive – weil sensible – Planungsprozess mit sehr vielen Beteiligten und Unterstützer*innen hat gezeigt, dass dies dennoch gut gelingen kann.“
Kulturreferent Anton Biebl: „Im Spannungsfeld zwischen historischer Bedeutung und gegenwärtiger Nutzung wollen wir erinnern und zugleich Zukunftsvisionen entwerfen. Gedankt sei den Bürger*innen, die das Areal im Bewusstsein um seine Geschichte erhalten und mit kreativen Nutzungen geprägt haben. Der Erinnerungsort Neuaubing bleibt 150.000 Menschen gewidmet, die während des Zweiten Weltkriegs nach München verschleppt und zur Arbeit gezwungen wurden.”