Menschenrechtssituation in Katar: Kein Public Viewing auf städtischem Gelände
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 6.10.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihren Antrag vom 6.10.2022 zur Beantwortung überlassen.
Inhaltlich teilten Sie Folgendes mit:
„Aufgrund der allgemein schlechten Menschenrechtssituation und der menschenverachtenden Arbeitsbedingungen rund um die Herren-Fußball-WM 2022 in Katar wird die Landeshauptstadt München keine Public-Viewing-Veranstaltungen der Spiele auf städtischem Gelände (Olympi- astadion, Theresienwiese etc.) genehmigen.
Begründung:
Selbst eingefleischte Fußballfans sehen die Herren-Fußball-Weltmeisterschaft (WM) in Katar aufgrund der desaströsen Menschenrechtssituation kritisch. Human Right Watch beschreibt, dass viele Arbeitsmigrant*innen, die am Bau der Fußballstadien in Katar beteiligt waren, ihre Pässe abgeben mussten und teils nicht für ihre Arbeit bezahlt wurden. Außerdem benötigen Frauen in Katar einen männlichen Vormund, der alle Entscheidungen für sie trifft und die LGBT-Szene muss Verfolgung und harte Bestrafung fürchten.1 Über 6.500 Arbeiter*innen sind nach Schätzungen des Guardians im Vorfeld der WM beim Bau von Stadien und anderen Infrastrukturmaßnahmen gestorben.2
Die Landeshauptstadt München sollte sich daher zahlreichen französischen Städten3 anschließen und die Fußball-WM von offizieller Seite boykottieren, indem keine Public-Viewing-Veranstaltungen auf öffentlichem Grund (z.B. Theresienwiese, Olympiapark etc.) genehmigt werden.
1 http://www.hrw.org/de/news/2022/08/12/was-der-deutsche-fussball-fuer-menschenrechte-katar-tun-kann
2 https://www.kicker.de/bauarbeiten-in-katar-guardian-berichtet-von-6500-toten-798104/artikel
3 http://www.tagesschau.de/ausland/fussball-wm-katar-frankreich-public-viewing-boykott-menschen-rechte-101.html“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadträt*innen nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen, dass die Landeshauptstadt München keine Public-Viewing-Veranstaltungen der Spiele auf städtischem Gelände (Olympiastadion, Theresienwiese etc.) genehmigt. Bei der Genehmigung vonVeranstaltungen handelt es sich um laufende Angelegenheiten im Sinne von Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO, deren Besorgung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag auf dem Schriftwege wie folgt zu beantworten und möchte dabei vorab feststellen, dass das Kreisverwaltungsreferat die Kritik an der Menschenrechtssituation im Ausrichterland der Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 teilt.
Im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2022 sind dem Kreisverwaltungsreferat bis Drucklegung keine Anzeigen oder Anträge für sog. Public-Viewing-Veranstaltungen auf städtischem Grund sowie keine einschlägigen städtischen Veranstaltungen bekannt geworden.
Nach Mitteilung des Referates für Arbeit und Wirtschaft habe die Messe München GmbH mitgeteilt, dass auf deren Gelände keine Public-Viewing-Veranstaltungen zur Fußballweltmeisterschaft 2022 stattfänden. Das gleiche Ergebnis habe auch die Olympiapark München GmbH mitgeteilt, zudem seien auf der Theresienwiese ebenfalls keine Public-Viewing-Veranstaltungen geplant.
Generell muss aber festgehalten werden, dass bei Vorliegen einer Veranstaltungsanzeige das Kreisverwaltungsreferat diese bearbeiten muss. Allein die Kritik an der Durchführung der Weltmeisterschaft 2022 im Ausrichterland rechtfertigt keine Versagung einer Genehmigung, wenn die sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dies gilt insbesondere für Veranstaltungen in Gaststätten, aber auch für Veranstaltungen auf öffentlichem Verkehrsgrund, wenn sie den Richtlinien für Veranstaltungen auf öffentlichem Verkehrsgrund entsprechen.
Unabhängig von dieser rechtlichen Lage empfiehlt das Kreisverwaltungsreferat allen Veranstaltenden eine verantwortungsvolle Abwägung der Interessen vor der Entscheidung, eine Public-Viewing-Veranstaltung zur Fußballweltmeisterschaft der Männer 2022 durchzuführen. Gleiches gilt für Verfügungsberechtigte von geeigneten Örtlichkeiten, sofern keine Verpflichtung zur Bereitstellung besteht.
Es wird um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.