Postversorgung II – Briefkästen und Packstationen in Liegenschaften der Stadt
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 16.2.2022
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit Ihrem o.g. Antrag hatten Sie der Landeshauptstadt München (LHM) folgenden Prüfauftrag erteilt:
„Die Stadtverwaltung wird gebeten, zu prüfen, wo künftig in Liegenschaften der Stadt und ihrer Gesellschaften Briefkästen und Packstationen aufgestellt werden können.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 16.2.2022 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Die in Ihrem Antrag verwendete Begrifflichkeit „Liegenschaften der Stadt“ bedarf zum Verständnis nachstehender Ausführungen eingangs einer Erläuterung: Städtische Liegenschaften beinhalten sowohl unbebaute als auch bebaute Grundstücke. Deren vermögensrechtliche Zuordnung erfolgt entsprechend ihrer Nutzung. Die Unterscheidung erfolgt dabei vereinfacht in öffentliche und private Flächen. Beispielhaft seien als öffentliche Flächen allgemein zugängliche Straßen und Plätze und als Privatflächen Wohn- und/ oder Geschäftshäuser im städtischen Eigentum genannt.
Die nachfolgenden Ausführungen seitens des Kommunalreferates (KR) zu eigenen Beständen (vgl. Ziffer 2.1.1) beziehen sich konkret auf die im KR betreuten Liegenschaften auf städtischen Privatflächen sowie die öffentlichen Flächen des Baureferates (BAU), soweit hierfür entsprechende Vertragsdienstleistungen beim KR bestehen (siehe hierzu Ziffer 2.1.2).
Zu Immobilien des Referats für Bildung und Sport (RBS) wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2.1.3 verwiesen, hinsichtlich der städtischen Wohnungsbaugesellschaften auf Ziffer 2.3.Zum Thema „Packstationen und Briefkästen auf öffentlichem Grund bzw. in städtischen Gebäuden“ fand am 28.4.2022 ein vom Referat für Arbeit und Wirtschaft (RAW) initiierter referatsübergreifender Austausch unter Beteiligung von Vertreter*innen der Post und DHL statt. Anlass für die Veranstaltung war im Zuge der Schließung mehrerer Münchner Postbank Finanzcenter die Zunahme von Anträgen aus der Bürgerschaft, von Bezirksausschüssen und vom Stadtrat mit dem Ansinnen, mehr Packstationen, aber auch Briefkästen in München zu ermöglichen.
Vor diesem Hintergrund kann zusammenfassend Folgendes festgehalten werden:
1. Briefkästen
Hinsichtlich der Versorgung mit Briefkästen wurde im Rahmen des o.g. Austausches seitens Post und DHL ausgeführt, dass entgegen der kolportierten öffentlichen Wahrnehmung die Zahl der Briefkästen in München konstant geblieben sei, obschon sich die Briefmenge im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung allgemein stark reduziert habe.
Dies wird durch eine zum gleichen Thema durchgeführte Recherche der GEWOFAG bei den Fachabteilungen für Standortbedarfe der Post/DHL und DPD bestätigt.
2. Packstationen
Im Rahmen des o.g. Austauschs führten Post/DHL ferner aus, dass großes Interesse an einem massiven Ausbau des Packstationsnetzes in München bestehe. Da sich Standortnachfragen bei Privateigentümer*innen zunehmend schwieriger gestalten würden, müssten vermehrt städtische Flächen in den Fokus genommen werden, um der infolge des boomenden Onlinehandels steigenden Paketmenge infrastrukturell gerecht werden zu können. Damit verbundene Vorteile werden seitens der DHL insbesondere in der Entlastung des Verkehrsgeschehens und dem damit verbundenen Umweltbenefit gesehen. Vorrangiges Ziel des Logistikunternehmens sei es, die Anzahl der Packstationen in München bis Ende 2023 von aktuell 166 auf rd. 300 ausbauen zu wollen.
DHL-Packstationen gibt es in unterschiedlichsten Größen und Gestaltungsoptionen, um auf lagespezifische Gegebenheiten eingehen zu können. In Frage kommende Standorte müssen dabei zwingend über festen Untergrund, öffentliche Zuwegung sowie Strom- und Datenanschluss (alternativ Solarmodule bzw. Datenübertragung via Mobilfunk) verfügen. Als wesentliche technische Anforderungen nennt die Post/DHL:-Aufstellung auf tragfähigem Boden/Fundament mit Verankerung (Verkehrsfläche wird bei Bedarf beigepflastert),
-Betrieb mit Solarmodulen oder alternativ Stromanschluss, Datenübertragung via Mobilfunk,
-keine Hindernisse im Boden (Kanaldeckel, Schächte, Gasleitungen, Hydranten, Öltanks, eventuelle Kabellagen, Wurzelbereiche, o.ä.).
2.1 Städtische Liegenschaften (KR, BAU, RBS) 2.1.1 Bebaute Flächen im Bestand des KR
Grundsätzlich lässt sich für Objekte keine allgemeingültige Aussage treffen, ob bspw. Eingangs- oder Außenbereiche bspw. in Verwaltungsgebäuden für Packstationen geeignet sind. Hier sind Einzelfallprüfungen notwendig, die den konkreten Flächenanspruch und die technischen Anforderungen der jeweiligen Packstation beinhalten müssen. Abklärungen dieser Art können deshalb nicht für Anwesensbestände verallgemeinert werden, sondern sind objektspezifisch und deshalb meist komplex und aufwändig.
Überwiegend verfügen die bebauten Grundstücke im Bestand des KR infolge meist aktuell bereits gegebener Ausnutzung des vorhandenen Baurechts über sehr wenige nutzbare Außenbereiche. Die Grundstücke sind oftmals bis an die Grundstücksgrenzen bebaut.
Nicht-öffentliche städtische Gebäude ohne Publikumsverkehr scheiden bei der Betrachtung hinsichtlich der Nutzung des Objektinneren aus, da diese bei städtischer Eigennutzung i.d.R aufgrund des städtischen Beschäftigtensicherheitskonzeptes geschlossen sind und daher für Externe keinen Zugang bieten. Andere Gebäude müssen wegen der Nutzung bspw. als Wohn- und/oder Geschäftshaus von vorneherein ausgeschlossen werden. Unter diesem Gesichtspunkt besteht daher bei öffentlich zugänglichen Gebäuden am ehesten die Option – zumindest während der Öffnungszeiten – diesen Service anbieten zu können. Grundsätzlich vorstellbar wären – soweit ausreichend Platz zur Verfügung stünde und eine Anpassung der räumlichen Gegebenheiten mit einem wirtschaftlich angemessenen Aufwand erreicht werden kann – Eingangsbereiche und/oder Wartezonen. Ob allerdings die technischen und betrieblichen Anforderungen (u.a. ein 24/7-Zugang) realisierbar sind und die jeweilige Nutzerdienststelle dies akzeptiert, müsste im Einzelfall ebenfalls geprüft werden. Weitere einschlägige Prüfnotwendigkeiten (wie Übernahme der Kostentragung für Ein- und Umbau der benötigten Infrastruktur, Rückbauverpflichtungen, mögliche Beeinträchtigungen des Behördenbetriebes, Zugangsregelungen, zusätzliche wirtschaftliche Aufwendungen für die Erweiterung von Gebäudesicherheitseinrichtungen, etc.) seien der Vollständigkeit halber erwähnt.Bislang ist kein Logistikunternehmen bezüglich konkreter Standortfragen oder Bedarfe an das KR herangetreten. Das KR wird diese dann gerne prüfen.
2.1.2 Unbebaute Flächen des KR und des BAU
Unbebaute Flächen können grundsätzlich im Bedarfsfalle befristet vermietet werden, soweit diese verfügbar sind. Die Dauer der Vermietbarkeit wird für jede Fläche individuell festgelegt und richtet sich i.d.R. nach der ggf. gegebenen befristeten aktuellen Nutzung und den perspektivisch geplanten städtischen Folgenutzungen.
Die Grundstücke, bei denen das KR als Vertragsdienstleister für das BAU fungiert, beinhalten Flächen, die als Einrichtungen für Erholung und Freizeitgestaltung bzw. als Gemeindestraßen und als Wasserläufe und Wasserbau gewidmet sind. Dies sind in der Regel öffentlich genutzte Flächen. Sollen Briefkästen oder Packstationen auf öffentlich gewidmeten Straßen aufgestellt werden, handelt es sich grundsätzlich um erlaubnispflichtige Sondernutzungen. Sollen Briefkästen und Packstationen in öffentlichen Grünanlagen platziert werden, muss diese Nutzung nach der Grünanlagensatzung genehmigt werden. Die Genehmigung erfolgt in beiden Fällen durch das Kreisverwaltungsreferat (KVR). Da die städtische Sondernutzungsrichtlinie bzw. die Grünanlagensatzung keine speziellen Regelungen für Briefkästen und Packstationen enthalten, ist vom KVR über die Erteilung der Erlaubnisse zu entscheiden.
Nicht gewidmete Betriebsgebäude und -flächen des BAU dürfen aus Sicherheitsgründen nur von Betriebsangehörigen betreten/befahren werden und stehen deshalb für die Nutzung Dritter nicht zur Verfügung.
2.1.3 Bestände des RBS
Auf Anfrage des KR teilte das RBS mit, dass eine Zustimmung zu Standorten für die Einrichtung von Packstationen/Briefkästen auf Schul- und Kitagrundstücken bereits aus sicherheitsrelevanten Gründen nicht erteilt werden könne. Die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Schüler*innen auf dem Schulgelände bzw. der Kitakinder auf dem Gelände von Kindertageseinrichtungen seien von großer Bedeutung und damit verbunden auch die Kontrolle/Gewährleistung darüber (Aufsichtspflicht). Die Grundstücke seien daher i.d.R. eingezäunt, um Unbefugten den Zugang zu verwehren und den Schul-/Kitabetrieb nicht zu stören. Die Einrichtung von Paketstationen/Briefkästen auf Schul- und Kitagrundstücken wäre u.a. mit Anlieferver-kehr der Paketfahrzeuge und Publikumsverkehr von Bürger*innen, die die Pakete abholen, Einwurf/Leerung der Briefkästen, usw., verbunden. Davon ausgehende Störungen im Schul- und Kitabetrieb sowie Gefahren für die Kinder, die sich auf dem jeweiligen Gelände bewegen, könnten nicht ausgeschlossen werden, seien aber unbedingt zu vermeiden. Außerdem seien in der Regel auch die Flächenverhältnisse/-ressourcen an den Schulen und Kitas für eine derartige Nutzung nicht vorhanden und geeignet.
2.2 Wertstoffinseln
Vor dem eingangs zu Packstationen beschriebenen Hintergrund wurde im Rahmen des erwähnten Austauschs mit Post/DHL auch deren Platzierung auf den im Stadtgebiet verteilten sog. „Wertstoffinseln“ thematisiert. Eine derartige Variante wird seitens Post/DHL favorisiert. Der ganz überwiegende Teil der aktuell vorhandenen Wertstoffinseln befindet sich auf städtischem öffentlichem Grund. Diese Nutzung erfolgt nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG). Die Flächen werden nicht privatrechtlich vergeben.
2.3 Bestände der Wohnungsbaugesellschaften GWG und GEWOFAG
Im Rahmen der durchgeführten Recherchen zum Antrag wurde bezüglich ggf. vorhandener Erfahrungswerte bei den beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften nachgefragt. Die zuvor gemachten Ausführungen für stadteigene Immobilien wurden dabei bestätigt.
Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Referates für Stadtplanung und Bauordnung in seinem Antwortschreiben vom 13.4.2022 zu Ihrem Antrag Nr. 20-26/ A 02405, „Postversorgung III – Außenbriefkästen für alle Wohngebäude“ wird inhaltlich verwiesen. Eine allgemeine, generelle Umsetzung dieses Antrags wurde bei den Wohnungsbaugesellschaften aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen.
3. Rahmenbedingungen 3.1 Verfügbarkeit städtischer Immobilien
Nach stadteigenen Flächen und Räumen aller Art besteht eine hohe Nachfrage, zum einen zur Befriedigung des städtischen Eigenbedarfes, zum anderen aus vielen privaten und wirtschaftlichen Anfragen resultierend. Eine Deckung externer Interessen ist im Rahmen des begrenzten städtischen Immobilienportfolios deshalb punktuell, unter Beachtung der gegebenen Vorgaben (bspw. keine Unterwertvergabe Art. 75 GO, Ausschreibungspflicht, etc.), möglich.3.2. Ausschreibungspflicht
Die LHM ist rechtlich verpflichtet, verfügbare Flächen öffentlich auszuschreiben. Eine Ausnahme von dieser Ausschreibungspflicht ist nur möglich, wenn die/der potentielle Mieter*in auf Grund ihrer/seiner Aufgabenstellung oder des Mietzweckes über ein sog. „Alleinstellungsmerkmal“ verfügt. Da auch andere Anbieter*innen ihren Logistikservice in Form von Packstationen anbieten, ist ein solches Alleinstellungsmerkmal seitens Post/DHL zu verneinen.
3.3 Baurecht
Nach Auskunft der Lokalbaukommission (LBK) ist das Aufstellen von Packstationen (sowie die Anbringung von Briefkästen) bis 50 m³ zwar grundsätzlich nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 6c der Bayerischen Bauordnung – unter den dort genannten Voraussetzungen – verfahrensfrei. Die Stadt als Eigentümerin müsste allerdings für die Einhaltung aller materiell-rechtlichen Anforderungen eigenverantwortlich – auch außerhalb eines Baugenehmigungsverfahrens – für die Einholung sonstiger Genehmigungen, Erlaubnisse oder Gestattungen Sorge tragen oder alternativ diesbezügliche Verpflichtungen auf eine/n potenzielle/n Mieter*in vertraglich übertragen. Insbesondere die Frage, ob mangels Baugenehmigungsverfahren eine isolierte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nötig ist und ggf. erteilt werden kann, könne nur im Einzelfall, nicht aber allgemeingültig beantwortet werden.
Insbesondere bei Packstationen sei – je nach Größe und Situierung – besonderes Augenmerk auf die Einhaltung des Abstandsflächenrechts sowie etwaig vorhandener Bauliniengefüge zu legen. Wenn durch Packstationen Bauräume überschritten würden, müsste im Einzelfall geprüft werden, ob eine Befreiung erteilt werden könne, insbesondere in sog. „Vorgartenbereichen“ wird dies lt. LBK wohl nicht möglich sein. Desweiteren sei darauf zu achten, dass Rettungswege freizuhalten sind, Verkehrswege nicht eingeschränkt werden und an Grenzen zu Wohngebäuden ein sog. „Rücksichtnahmegebot“ besteht.
Unabhängig von den vorgenannten baurechtlichen Rahmenbedingungen müsse eine Standortprüfung alle Faktoren, wie bspw. die Vereinbarkeit der Nutzung bzw. die Vermeidung von Kollisionen mit Bestandsnutzungen in der unmittelbaren Nachbarschaft, berücksichtigen.4. Resümee
Soweit bei Post/DHL konkretes Interesse an einem/einer oder mehreren städtischen Einzelobjekten/-flächen besteht, wird seitens der LHM eine Prüfung der Eignung bzw. Verfügbarkeit erfolgen.
Gerne bietet das KR an, in Zusammenarbeit mit Post/DHL eine Prüfung und Projektentwicklung am Beispiel von 2 bis 3 geeigneten Musterstandorten durchzuführen. Denkbar sind bspw. Standorte von Wertstoffinseln auf städtischem Grund, an denen das KR bereits Vertragsverhältnisse mit den Entsorgungsfirmen Wittmann und Remondis unterhält. Im Anschluss würden diese Standorte dann gegen Höchstgebot ausgeschrieben werden.
Hierzu erfolgt eine Abstimmung mit dem Mobilitätsreferat (MOR), das derzeit im Rahmen eines integrierten Logistikkonzepts für München prüft, ob und unter welchen Bedingungen Packstationen bei den restlichen über 900 Wertstoffinseln im öffentlichen Verkehrsraum oder auf anderen öffentlichen Verkehrsflächen ermöglicht werden können. Dabei werden die Interessen verschiedener Logistikanbieter, unter anderem auch der DHL, abgewogen und deren Verwendbarkeit mit der Bestrebung nach
einer Reduzierung des Lieferverkehr im öffentlichen Raum geprüft. Dies gehört zum Aufgabenbereich des MOR, das über die Kernkompetenz zur Beurteilung verkehrlicher Auswirkungen bei verschiedenartigen Nutzungsinteressen von öffentlichen Flächen verfügt. Das MOR agiert hier in enger Abstimmung mit dem KVR.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.