Unterstützung von Opfern sexueller Gewalt
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Rathaus Umschau 241 / 2022, veröffentlicht am 16.12.2022
(16.12.2022 – teilweise voraus) Mit einer Aufklärungskampagne und einer Notfallsprechstunde auch am Wochenende und in den Nachtstunden will die Landeshauptstadt München die Opfer von sexueller Gewalt besser unterstützen und auf Hilfsangebote aufmerksam machen.
Bürgermeisterin Verena Dietl: „Ziel der Kampagne ist, dass jede*r in München über die Möglichkeit der medizinischen Soforthilfe und vertraulichen Spurensicherung nach einer Vergewaltigung informiert wird. Vergewaltigungsopfer sollen wissen, wohin sie sich wenden können. Es ist wichtig, dass Opfer von Vergewaltigung sich trauen, schnell Hilfe zu holen. Eine Aufklärungskampagne über medizinische Versorgung und professionelle Dokumentation nach sexualisierter Gewalt ist dringend erforderlich, damit Hilfsmöglichkeiten in München bekannter werden.“
Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek: „Aufgrund der Schließung der Frauenklinik in der Maistraße sowie der beschränkten Personalbesetzung der anderen Kliniken nachts und am Wochenende ist aus unserer Sicht eine qualitativ hochwertige Akutversorgung von Opfern sexueller Gewalt au-ßerhalb der Kernarbeitszeiten schwierig. Die München Klinik stellt diese Versorgung nun sicher.“
Die medizinische Akutversorgung umfasst u.a.: Körperliche Untersuchung, Versorgung etwaiger Verletzungen, Testung auf sexuell übertragbare Krankheiten und Einleitung einer Postexpositionsprophylaxe nach Abschätzung des Infektionsrisikos, Untersuchung auf möglichen Einfluss von Sucht- oder Betäubungsmitteln, Beratung zur Verhinderung einer ungewollten Schwangerschaft. Darüber hinaus soll auf weitergehende Hilfs- und Schutzangebote hingewiesen und medizinische Folgetermine angeboten werden.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil kann die rechtssichere Spurensicherung sein, die nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Opfers durchgeführt wird. Diese kann auch vertraulich erfolgen, das heißt dass das Opfer nicht sofort entscheiden muss, ob es eine Anzeige erstellen möchte oder nicht. Die Spuren und Verletzungen werden sichergestellt bzw. dokumentiert und können eine Anzeige zu einem späteren Zeitpunkt unterstützen. Viele Betroffene sind unmittelbar nach der Tat traumatisiert und nicht in der Lage, eine Entscheidung für oder gegen eine Anzeige zu treffen, vor allem wenn es sich um einen Täter aus dem eigenen Umfeld handelt.
Laut Sicherheitsreport des Polizeipräsidiums werden in München zirka 300 Vergewaltigungen im Jahr registriert. Dabei geht man davon aus, dass die Dunkelziffer weit über den gemeldeten Zahlen liegt: Dunkelfeldstudien zufolge stellen nur zwischen 1 Prozent und 15 Prozent der Opfer von Sexualstraftaten eine Anzeige. Zudem nehmen Opfer sexueller Gewalt oft keine professionelle medizinische oder psychosoziale Hilfe in der Akutphase nach einem sexuellen Übergriff in Anspruch. Besonders selten erreichen gefährdete Gruppen wie Frauen mit Behinderung oder geflüchtete Frauen Hilfsangebote. Häufig verhindern Angst, Scham oder Nicht-Wissen um die Hilfen die Inanspruchnahme von medizinischen oder psychosozialen Hilfen. Das Gesundheitsreferat plant die Kampagne zusammen mit der Gleichstellungsstelle für Frauen, der Beratungsstelle Frauennotruf, der Initiative für Münchner Mädchen (IMMA e.V.), dem Behindertenbeirat und dem Paritätischen Landesverband Bayern.
Die Vollversammlung des Stadtrats muss diesen Beschluss des Gesundheitsausschusses noch bestätigen.