Wieder einmal nur geklatscht – werden die Ärzte des Testzentrums Theresienwiese nicht adäquat bezahlt?
Anfrage Stadtrat Professor Dr. Hans Theiss (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 13.10.2022
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Im Testzentrum Theresienwiese führten zahlreiche Ärzte (z.B. Klinikärzte, Praxisinhaber, Poolärzte, Honorarärzte, Bereitschaftsärzte etc.) unter hohem persönlichem Infektionsrisiko Covid-Tests für die Münchner Bevölke- rung durch. Nach Auslaufen der bayrischen Testverordnung Ende März wurden dennoch viel Ärzte im Testzentrum zu Diensten eingeteilt, die diese bisher ohne Bezahlung absolvierten (betrifft den Zeitraum von 1.4.2022 bis 16.5.2022). Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landeshauptstadt München schieben sich hier wohl auf dem Rücken der ca. 40-50 Ärzte den Schwarzen Peter der Bezahlung zu. Dies ist unwürdig, und wird von den Beteiligten vor dem Hintergrund, dass Kinderbetreuung organisiert werden musste, Dienstfrei-Zeit investiert wurde, andere Dienste abgesagt wurden, wie ein Schlag ins Gesicht empfunden.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Ist dem Oberbürgermeister dieser Missstand bekannt?
Antwort:
Im kommunalen Testzentrum der Landeshauptstadt München (LHM) wurden in Umsetzung der mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) vom 8.7.2020 übermittelten Vorgaben des Freistaats ab August 2020 Vertragsärzt*innen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) eingesetzt.
Über die Abrechnung der Vergütung für Einsätze im Zeitraum April bis Mai 2022 gibt es derzeit einen Dissens zwischen der LHM und einzelnen Ärzt*innen, die mit entsprechenden Forderungen an die LHM herangetreten sind. Dieser Umstand ist dem Büro des Oberbürgermeisters bekannt.
Der Einsatz der Ärzt*innen im kommunalen Testzentrum basierte auf einem formularmäßigen Vertrag, der seinerzeit durch den Freistaat für den Einsatz von Ärzt*innen der KVB im Rahmen der Umsetzung des Bayeri-schen Testkonzepts zur Verfügung gestellt wurde. Dieser Formularvertrag zwischen den Ärzt*innen und der LHM beinhaltete lediglich die Beauftragung, die Abstrichnahmen bei den durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst veranlassten Testungen auf Grundlage der Coronavirus-Testverordnung (TestV) vorzunehmen.
Vergütungsansprüche der Ärzt*innen gegenüber der LHM waren weder in dieser Vereinbarung noch sonst geregelt. Überdies enthielt der Formularvertrag eine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass mit dem Auslaufen der Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der KVB vom 23.6.2020, die Grundlage des Einsatzes von beteiligten Ärzt*innen in den kommunalen Testzentren im Freistaat Bayern war, auch die Beauftragung bzgl. des Einsatzes im kommunalen Testzentrum der Landeshauptstadt auf der Theresienwiese bzw. im Gasteig endete.
Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen erfolgte unmittelbar im Verhältnis zwischen Ärzt*innen und der KVB auf Grundlage der „Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der KVB über die Durchführung der Abrechnung im Rahmen von Testungen für den Nukleinsäurenachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem beta-Coronavirus SARS-COV-2 vom 23.6.2020“ (KVB-Vereinbarung). Für die Tätigkeit in kommunalen Testzentren wurde eine Stundenvergütung in Höhe von 130 Euro (160 Euro am Wochenende) gewährt.
Mit Außerkrafttreten der oben genannten Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der KVB war eine Tätigkeit gegen Vergütung auf Basis einer Stundenpauschale ab dem 1.4.2022 nicht mehr möglich.
Trotz Außerkrafttreten der KVB-Vereinbarung waren im Zeitraum von Anfang April 2022 bis Mitte Mai 2022 täglich Vertragsärzt*innen im kommunalen Testzentrum der LHM tätig (Betriebszeiten: 8 bis 20 Uhr), um Abstriche durchzuführen. Die Vermittlung und Einsatzplanung der Ärzt*innen erfolgte nach wie vor durch die KVB.
Seit Mai 2022 erreichten das GSR Abrechnungen und Zahlungsaufforderungen der betroffenen Ärzt*innen, die aufgrund einer Information der KVB davon ausgingen, dass die LHM zur Erstattung ihrer Rechnungen verpflichtet sei. Das GSR hat auf die betreffenden Schreiben hin den Ärzt*innen gegenüber unter ausführlicher Erläuterung der Sach- und Rechtslage eine Kostenübernahme abgelehnt.
Frage 2:
Um wie viele unbezahlte Stunden und welche Gesamtsumme handelt es sich?
Antwort:
Insgesamt sind 41 Ärzt*innen an die LHM herangetreten. Der Gesamtbetrag der Forderungen beträgt 216.450 Euro. Der Betrag errechnet sich aus insgesamt 1.543 Stunden. Davon wurde bei 1.017 Stunden ein Honorar von 130 Euro/Stunde (Montag bis Freitag bis 13 Uhr) und bei 526 Stunden ein Honorar von 160 Euro/Stunde (Freitag ab 13 Uhr, Wochenende und Feiertage) angesetzt. In einem Fall wurden zusätzlich 80 Euro sonstige Kosten berechnet.
Frage 3:
Wie kann eine Lösung gefunden werden, ohne dass Kassenärztliche Vereinigung und Landeshauptstadt München gegenseitig mit dem Finger aufeinander zeigen und die Ärztinnen und Ärzte im Regen stehen lassen?
Antwort:
Der LHM ist selbstverständlich daran gelegen, die im kommunalen Testzentrum tätigen Ärzt*innen zu unterstützen.
Seit Bekanntwerden der Problematik steht das GSR im Austausch mit der KVB, um einen Lösungsweg für diese – auch aus Sicht der LHM – unbefriedigende Situation zu finden.
Zu unserem Bedauern ist es bisher allerdings trotz dieser Bemühungen nicht gelungen, eine Einigung hinsichtlich der Kostentragung zu vermitteln. Dies ist aus Sicht des GSR umso unverständlicher, als die Rechtslage unserer Auffassung nach eindeutig ist und eine Kostentragung durch die LHM nicht zulässt. Eine Abrechnung der Leistungen der Ärzt*innen unmittelbar gegenüber der KVB ist hingegen auf Grundlage der TestV nach wie vor möglich.
Ich hoffe, dass die Ärzt*innen in direktem Kontakt mit der KVB zu einer befriedigenden Lösung kommen und bedauere sehr, dass der LHM diesbezüglich keine weitere Möglichkeit eines Beitrages zu einer Einigung zur Verfügung steht.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen hiermit ausreichend beantwortet werden konnten.