Anfrage an das Kreisverwaltungsreferat Situation von Sexarbeiter*innen in Zeiten von Corona
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 14.9.2021
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Situation der Sexarbeiter*innen wurde in Zeiten von Corona bestimmt von der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung der Landesregierung vom 27. März 2020.
Die Erfüllung der Aufgaben, die sich für das Gesundheitsreferat aus dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), inkraftgetreten am 1.7.2017, ergeben, wurde durch die Coronapandemie eingeschränkt.
In der Beratung nach ProstSchG werden nur angemeldete Sexarbeiter*in- nen erfasst.
Viele Sexarbeiter*innen haben keine legale Aufenthaltserlaubnis, keine Krankenversicherung und leben ohne festen Wohnsitz.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Ich bedanke mich für die gewährte Fristverlängerung und beantworte die darin aufgeworfenen Fragen wie folgt:
Frage 1:
Wie viele Gesundheitsberatungen von Sexarbeiter*innen gemäß § 10 ProstSchG wurden seit Juli 2017 in München durchgeführt? Bitte quartalsweise auflisten.
Antwort:
Es wurden seit Juli 2017 insgesamt 6.648 Beratungen nach §10 ProstSchG durchgeführt.
2017: 1. Quartal = 0 Beratungen, vor Inkrafttreten ProstSchG 2. Quartal = 0 Beratungen, vor Inkrafttreten ProstSchG 3. Quartal = 665 Beratungen
4. Quartal = 819 Beratungen
2018: 1. Quartal = 628 Beratungen
2. Quartal = 349 Beratungen
3. Quartal = 441 Beratungen
4. Quartal = 336 Beratungen
2019: 1. Quartal = 547 Beratungen
2. Quartal = 503 Beratungen
3. Quartal = 786 Beratungen
4. Quartal = 611 Beratungen
2020: 1. Quartal = 450 Beratungen
2. Quartal = 0 Beratungen (geschlossen wegen Coronapandemie)
3. Quartal = 86 Beratungen (eingeschränkte Öffnung wegen Co ronapandemie)
4. Quartal = 77 Beratungen (eingeschränkte Öffnung wegen Co ronapandemie)
2021: 1. Quartal = 32 Beratungen (eingeschränkte Öffnung wegen Co ronapandemie)
2. Quartal = 92 Beratungen (eingeschränkte Öffnung wegen Co ronapandemie)
3. Quartal = 226 Beratungen (eingeschränkte Öffnung wegen Co ronapandemie)
Frage 2:
Wie viele dieser Beratungen waren Erstberatungen? Wie viele waren Folgeberatungen?
Antwort:
Es waren im GSR 5.071 Erstberatungen und 1.577 Folgeberatungen.
Frage 3:
Wie viele der Sexarbeiter*innen, die in München an den Gesundheitsberatungen gemäß § 10 ProstSchG teilgenommen haben, waren a. 18 bis 21 Jahre alt bzw. älter als 21 Jahre?
b. Weiblich, männlich, transgender?
Antwort:
Insgesamt wurden 5.071 Personen beraten.
zu a) Unter 21 Jahren wurden 304 Personen, über 21 Jahren wurden 4.767 beraten.
zu b) Es wurden 4.808 weibliche, 74 männliche und 189 transgender Klient*innen beraten.
Frage 4:
Werden Gebühren für die Teilnahme an Gesundheitsberatungen auf die Inanspruchnahme dieser Beratungen erhoben? Wenn ja, in welcher Höhe?
Antwort:
Ja, es werden Gebühren in Höhe von 35 Euro erhoben.
Frage 5:
Wie viele „Informations- und Beratungsgespräche“ gemäß § 7 ProstSchG wurden seit Juli 2017 in München durchgeführt? Bitte quartalsweise aufgelistet darstellen.
Antwort:
Beratungen nach § 7 ProstSchG liegen im Zuständigkeitsbereich des KVR. Bitte beachten Sie dazu die Antwort des KVR auf Ihre Anfrage Nr. 20-26/ F00330, Frage 13.
Frage 6:
Werden die „Informations- und Beratungsgespräche“ für Sexarbeiter*innen von im Themenfeld Sexarbeit, Trauma und Diskriminierung geschulten Mitarbeiter*innen durchgeführt?
Antwort:
Im GSR werden Beratungen nach § 10 ProstSchG durchgeführt, Informations- und Beratungsgespräche nach § 7 ProstSchG finden im KVR statt.
Für Aussagen zu Beratungen nach § 7 ProstSchG verweisen wir auf die Antwort des KVR auf Ihre Anfrage Nr. 20-26/F00330, Frage 15.
Frage 7:
Müssen Frauen* einen Mann als „Berater“ in den „Informations- und Beratungsgesprächen“ akzeptieren oder können Sexarbeiter*innen auch eine sie beratende Person* der eigenen geschlechtlichen Identität wählen?
Antwort:
Im GSR werden Beratungen nach § 10 ProstSchG durchgeführt, Informations- und Beratungsgespräche nach § 7 ProstSchG finden im KVR statt.
Für Aussagen zu Beratungen nach § 7 ProstSchG verweisen wir auf die Antwort des KVR auf Ihre Anfrage Nr. 20-26/F00330, Frage 16.
Frage 8:
Wie viele dieser Beratungen waren Erstberatungen? Wie viele waren Folgeberatungen?
Antwort:
Im GSR werden Beratungen nach § 10 ProstSchG durchgeführt, Informations- und Beratungsgespräche nach § 7 ProstSchG finden im KVR statt. Zu den entsprechenden Zahlen für die gesundheitliche Beratung nach § 10 ProstSchG vergleiche Antwort zu Frage 2.
Für Aussagen zu Beratungen nach § 10 ProstSchG verweisen wir auf die Antwort des KVR auf Ihre Anfrage Nr. 20-26/F00330, Frage 14.
Frage 9:
Welche neuen Unterstützungsbedarfe im RGU ergeben sich für die Landeshauptstadt München aus dem Verbot der Ausübung von Sexarbeit vom 27. März 2020 für die Betreuung während der Corona-Pandemie von Sexarbeiter*innen?
Antwort:
Im GSR ergaben sich neben der gesundheitlichen Beratung keine weiteren Unterstützungsangebote durch das Verbot vom 27. März 2020.
Die Stellungnahme der Gleichstellungsstelle für Frauen zu Ihrer Anfrage lautet wie folgt:
Die Gleichstellungsstelle für Frauen möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass derzeit gemeinsam mit dem Gesundheitsreferat, dem Referat für Bildung und Sport, dem Sozialreferat, weiteren städtischen Referaten und Fachstellen der Freien Träger ein Aktionsplan gegen geschlechtsspezifische Gewalt auf der Grundlage der Istanbulkonvention erarbeitet wird. Da es sich bei fast 95% der in der Prostitution Tätigen um Frauen handelt und da Frauen in der Prostitution überdurchschnittlich oft und heftig von Gewalt betroffen sind, planen wir, dieses Thema mit Maßnahmen in den Aktionsplan aufzunehmen. Wir sehen die dringende Notwendigkeit, unabhängig von den besonderen Umständen der Corona-Pandemie, die Bedarfe der Personengruppe über die bereits vorhandenen Angebote hinaus zu identifizieren und hieraus Handlungsempfehlungen zu entwickeln.