Wieviel verausgabt die Stadt für die München-Zulage und Fahrtkostenzuschuss?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 23.9.2021
Antwort Personal- und Organisationsreferent Dr. Alexander Dietrich:
Auf Ihre Anfrage vom 23.9.2021 nehme ich Bezug. Sie haben folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„In der Vollversammlung des Stadtrates vom 28.7.2021 hat sich unsere Fraktion dafür eingesetzt, im Rahmen der Haushaltskonsolidierung den ÖPNV-Fahrtkostenzuschuss für städtische Beschäftigte nicht zu kürzen. Eine Einsparung bei der München-Zulage statt beim Fahrtkostenzuschuss hätte, neben ökologischen Vorteilen und Vorteilen für die Verkehrswende, auch handfeste finanzielle Vorteile für die städtischen Beschäftigten. Denn gemäß Seite 10 der Vorlage vom 6.6.2019 gilt: ‚Seit 1.1.2019 sind Zuschüsse des Arbeitgebers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gem. § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei.‘ Bei gleichem Aufwand der Stadt hätten die Beschäftigten also Netto rund ein Drittel mehr auf dem Konto, wenn nicht der Fahrtkostenzuschuss, sondern die München-Zulage gekürzt wird. Auf Seite 10 der Vorlage zur Einführung des erweiterten Fahrtkostenzuschusses vom 6.6.2019 wurden folgende Beweggründe für die Einführung genannt: ‚Ziel dieses Antrages ist es, die Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin und die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs attraktiver zu gestalten. Letzteres hätte auch einen positiven ökologischen Effekt.‘ Daran hat sich nichts geändert. Im Gegenteil: Aufgrund des inzwischen vom Stadtrat am 18.12.2019 ausgerufenen Klimanotstandes und des Beschlusses des Stadtrates zur Mobilitätsstrategie 2035 am 23.6.2021 ist die Übernahme der ÖPNV-Fahrtkosten im Stadtgebiet für städtische Beschäftigte zur Zielerreichung noch wichtiger geworden. Zudem nutzen neuerdings viele Beschäftigten sehr gerne die im Zuge der Corona-Maßnahmen eingeführten Möglichkeiten, einige Tage pro Woche im Home-Office zu arbeiten. Dies macht aber den Erwerb der herkömm- lichen MVV-Dauerkarten auf eigene Kosten eher unattraktiv, da diese preislich für eine Nutzung an ca. fünf Wochentagen konzipiert sind. Daher würden vermutlich bei Reduzierung oder Abschaffung des erweiterten Fahrtkostenzuschusses oft keine Dauerkarten mehr erworben, sondern Fahrten im Bedarfsfall mit Streifenkarten und vermehrter Automobilnutzung durchgeführt. Am Fahrtkostenzuschuss zu sparen, wäre also aus vielen Gründen ein Spa- ren am falschen Fleck und würde auch die gegenüber anderen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern angestrebte Vorbildwirkung Münchens bei der Job-Ticket-Bezuschussung konterkarieren.
Auf Seite 20 der Vorlage vom 28.7.2021 stand trotzdem: ‚Hierfür ist ab 1.1.2022 eine weitere Einsparung im Umfang von 5 Mio. Euro infolge der Rückabwicklung des seit 1.1.2020 gewährten Fahrtkostenzuschusses geplant. Eine konkrete Konzeption über die künftige Ausgestaltung des Fahrtkostenzuschusses wird seitens des Personal- und Organisationsreferates im Herbst in den Stadtrat eingebracht.‘
Daraufhin haben wir in der Sitzung am 28.7.2021 Fragen aufgeworfen, die dort nicht beantwortet wurden. Im Hinblick auf die weitere Diskussion zum Thema stellen wir die Fragen hiermit schriftlich.“
Bevor ich zu den im Einzelnen gestellten Fragen antworte, möchte ich Folgendes vorausschicken:
Grundsätzlich stellt die gegenwärtige und prognostizierte Haushaltslage der Landeshauptstadt München alle Bereiche der Stadtverwaltung vor enorme Herausforderungen. Vom Stadtrat wurde daher beschlossen, dass auch die Beschäftigten der Landeshauptstadt München ihren Beitrag dazu leisten müssen (Einsparung beim Fahrkostenzuschuss in Höhe von 5 Mio. Euro). Aufgrund der erfreulichen aktuellen Entwicklung hinsichtlich der Gewerbesteuereinnahmen musste aber an dieser Einsparvorgabe nicht festgehalten werden. Der Stadtrat hat zwischenzeitlich auch entschieden, dass der Fahrkostenzuschuss unverändert bestehen bleibt (vgl. Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 04508).
Die von Ihnen vorgeschlagene Einsparung bei der Münchenzulage statt beim Fahrkostenzuschuss hätte sich auch aus rechtlichen Gründen nicht realisieren lassen.
Bei der Gewährung des Fahrkostenzuschusses handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Landeshauptstadt München, die einseitig (durch Beschluss des Stadtrates) abgeändert werden kann. Anders verhält es sich bei der für den Tarifbereich geltenden Münchenzulage.
Grundlage für diese Arbeitgeberleistung ist die örtliche Tarifvereinbarung A 35 (öTV A 35). Veränderungen in der öTV A 35 sind nicht einseitig durch die Landeshauptstadt München, sondern nur im Wege von Tarifverhandlungen mit ver.di möglich.
Die Tarifvereinbarung wurde unbefristet abgeschlossen, eine Kündigung der öTV A 35 ist erstmalig zum 31.12.2024 möglich. Selbst wenn Ihr auchauf die Entgeltoptimierung der Beschäftigten ausgerichteter Vorschlag als tarifpolitische Zielrichtung angenommen wird, lässt sich dieser gegenwärtig nicht umsetzen. Demzufolge sind entsprechende Überlegungen auch hinsichtlich der beamtenrechtlichen Ballungsraumzulage (Art. 94 Abs. 6 Bayerisches Besoldungsgesetz) nicht opportun. Zudem ist auch keine allgemeingültige Aussage zu eventuell möglichen monetären Optimierungen möglich, da steuerfreie und pauschal besteuerte Fahrkostenzuschüsse den steuerrechtlichen Werbungskostenabzug der Beschäftigten mindern.
Da eine Realisierung der Ihrer Anfrage zugrundeliegenden Intention nicht möglich und auch nicht in Betracht zu ziehen ist, wurde aus verwaltungs-ökonomischen Gründen auf eine Einzelabfrage der Aufwendungen für den Fahrkostenzuschuss und die Münchenzulage bei den Gesellschaften verzichtet. Hinzu kommt, dass die städtischen Gesellschaften eigenständig sind und für sie somit jeweils andere rechtliche Grundlagen gelten (z.B. keine unmittelbare Anwendung der öTV A 35, ggf. eigene örtliche Tarifverträge).
Frage 1:
Die „Rückabwicklung“ des erweiterten Fahrtkostenzuschusses soll laut Vorlage vom 28.7.2021 eine Ersparnis von 5 Mio. Euro erbringen. In der Vorlage vom 6.6.2019 war auf Seite 15 von einem Mehrbedarf „von bis zu 25,2 Millionen Euro“ für den erweiterten Fahrtkostenzuschuss die Rede, und dies war noch bevor er auch auf die Beschäftigten der städtischen Gesellschaften und Zuschussnehmer ausgedehnt wurde. Wie hoch fiel der Aufwand für den Fahrtkostenzuschuss im Jahr 2020 aus und wieviel wird er im Jahr 2021 voraussichtlich betragen (aufgeschlüsselt nach Hoheits- haushalt, städtischen Gesellschaften und Zuschussnehmern)?
Antwort:
a) Gemeindehaushalt
Bis 31.12.2019 erhielten einen Fahrkostenzuschuss (FKZ) nur bestimmte Einkommensgruppen (vgl. auch Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 04508 unter I. Ziffer 1 Buchstabe b). Die Kosten im Jahr 2019 beliefen sich auf 2,43 Mio. Euro.
Im Jahr 2020 wurden nach den seit 1.1.2020 gültigen FKZ-Richtlinien im Gemeindehaushalt insgesamt ca. 8,9 Mio. Euro an derzeit 17.923 Mitarbeiter*innen (Stichtagsauswertung im Juli 2021) ausgezahlt.
Für das Jahr 2021 wurden Kosten in Höhe von 9,72 Mio. Euro prognostiziert.b) Zuschussbereiche/Gesellschaften
Die von der Stadtkämmerei initiierte Abfrage bei den Betreuungsreferaten ergab hierzu folgende Daten:
Im Jahr 2020 betrug der FKZ-Kostenanteil bei den Zuschussbereichen insgesamt 2,3 Mio. Euro. Die zwei größten Positionen entfallen mit 980.000 Euro auf die dem Referat für Bildung und Sport zuzuordnenden Zuschussbereiche bzw. mit 1,09 Mio. Euro auf dem Sozialreferat zuzuordnende Zuschussbereiche.
Im Jahr 2021 betrug der FKZ-Kostenanteil bei den Zuschussbereichen insgesamt 2,17 Mio. Euro (800.000 Euro für die dem Referat für Bildung und Sport zuzuordnenden Zuschussbereiche bzw. mit 1,09 Mio. Euro auf dem Sozialreferat zuzuordnende Zuschussbereiche).
Wie in der Vorbemerkung aufgeführt, wurden keine Einzelabfragen bei den Gesellschaften durchgeführt. Aus den Rückmeldungen der Referate zeichnet sich hinsichtlich des Aufwands der städtischen Gesellschaften für den FKZ folgendes Bild: Für das Jahr 2020 insgesamt 608.224 Euro und für das Jahr 2021 insgesamt 646.894 Euro.
Frage 2:
Der Mehrbedarf für die Erhöhung der München-Zulage wurde auf Seite 8 der Vorlage vom 6.6.2019 mit „47,41 Millionen Euro“ angegeben, auch hier ohne die spätere Ausdehnung auf die städtischen Gesellschaften und die Zuschussnehmer der Stadt. Wie hoch fiel der Aufwand für die München-Zulage im Jahr 2020 aus und wieviel wird er im Jahr 2021 voraussichtlich betragen (aufgeschlüsselt nach Hoheitshaushalt, städtischen Gesellschaften und Zuschussnehmern)?“
Antwort:
a) Gemeindehaushalt
Die Kosten für die München- bzw. Ballungsraumzulage im Jahr 2019 beliefen sich auf 32,15 Mio. Euro (öTV A 35 „alt“– Tarifbeschäftigte) bzw. 3,86 Mio. Euro (Art. 94 BayBesG – Beamte).
Im Jahr 2020 betrugen die Aufwendungen für die Münchenzulage (Tarifbereich – öTV A 35 zum Stand 1. Januar 2020) 80,97 Mio. Euro und für die Ballungsraumzulage (Beamte) 3,94 Mio. Euro.
Für das Jahr 2021 wurden Kosten in Höhe von 81,63 Mio. Euro (Tarifbeschäftigte) bzw. 3,96 Mio. Euro (Beamte) prognostiziert.b) Zuschussbereiche/Gesellschaften
Die Abfrage der Stadtkämmerei bei den Betreuungsreferaten ergab hierzu folgende Daten:
Im Jahr 2020 betrug der Münchenzulage-Kostenanteil bei den Zuschussbereichen insgesamt 20,82 Mio. Euro. Die zwei größten Positionen entfallen mit 11,5 Mio. Euro auf die dem Referat für Bildung und Sport zuzuordnenden Zuschussbereiche bzw. mit knapp 8 Mio. Euro auf dem Sozialreferat zuzuordnende Zuschussbereiche.
Im Jahr 2021 betrug der Münchenzulage-Kostenanteil bei den Zuschussbereichen insgesamt 27,85 Mio. Euro (18,24 Mio. Euro für die dem Referat für Bildung und Sport zuzuordnende Zuschussbereiche bzw. mit knapp 8 Mio. Euro auf dem Sozialreferat zuzuordnende Zuschussbereiche).
Aus den Rückmeldungen der Referate zeichnet sich hinsichtlich des Aufwands der städtischen Gesellschaften für die Münchenzulage folgendes Bild: Für das Jahr 2020 insgesamt 6,35 Mio. Euro und für das Jahr 2021 insgesamt 7,95 Mio. Euro.