Die Kabarettistin und Slampoetin Fee (Felicia) Brembeck und der Journalist und Autor Alex Rühle werden mit den Ernst-Hoferichter-Preisen 2022 ausgezeichnet. Der mit jeweils 5.000 Euro dotierte Preis wird seit 1975 jährlich an Münchner Künstlerinnen und Künstler der erzählenden Kunst vergeben, die – wie Ernst Hoferichter – Originalität mit Weltoffenheit und Humor verbinden. Der Preis wurde von Franzi Hoferichter, der Witwe des Münchner Schriftstellers, gestiftet. Über die Vergabe entscheidet der Stiftungsbeirat der Ernst-Hoferichter-Stiftung, der auch als Jury fungiert. Unter den rund 100 Künstler*innen, die bisher mit dem Ernst-Hoferichter-Preis ausgezeichnet wurden, sind Herbert Achternbusch, Doris Dörrie, Axel Hacke, Jörg Hube, Bruno Jonas, Luise Kinseher, Ali Mitgutsch, Erwin Pelzig, Maria Peschek, Gerhard Polt, Herbert Riehl-Heyse, Tilman Spengler, Keto von Waberer, Marcus H. Rosenmüller, Christoph Süß, Dana von Suffrin sowie zuletzt Wolfgang Ettlich, Jaromir Konecny und Barbara Yelin.
Aus den Jurybegründungen: Fee (Felicia) Brembeck
„Man spürt in jedem Moment, warum das Publikum gar nichts anderes tun konnte, als sich von dieser Fee verzaubern zu lassen.” So hymnisch kommentierte die SZ schon 2013 die Anfänge der Wortkünstlerin Felicia Brembeck. Damals war FEE – 1994 in München geboren – noch keine zwanzig und gerade deutschsprachige Meisterin im Poetry Slam der Kategorie U20 geworden.
Es waren keine leichtfertigen Vorschusslorbeeren. 2016 konnte dieselbe Zeitung rühmend nachlegen: „Zweifelsfrei zählt FEE zur poetischen Wortakrobaten-Elite.” Das war anlässlich der Verleihung des Tassilo-Kultur-Preises der Süddeutschen Zeitung. An anderer Stelle zeigte man sich beeindruckt von ihrem „feinsinnigen Umgang mit Sprache“, der sich in ‚temporeichen und pointierten Texten‘ Bahn breche. Hier habe jemand ‚wirklich etwas zu sagen – mit erstaunlichem Tiefgang und Gespür für menschliche Abgründe.‘ Auf so vielversprechender Grundlage weitete FEE Brembeck ihren künstlerischen Radius von der Slampoetin zur Kabarettistin und Schriftstel- lerin aus und parallel dazu zur Sängerin. (...) Gleichzeitig eroberte sie sich bereits ein breitgefächertes Publikum auf den unterschiedlichsten Bühnen. Unter anderem profilierte sie sich als Mitbegründerin und Akteurin des Formats ‚AGORÀ – Kunstlied meets Poetry Slam‘ in Berlin, was nichts an ihrer kontinuierlichen Teilnahme an Veranstaltungen in ihrer Heimatstadt änderte – zum Beispiel als Stammmitglied der Münchner Kabarett- und Leseshow ‚Die Stützen der Gesellschaft‘ im Schwabinger Vereinsheim (…) Auch das Fernsehen interessiert sich inzwischen für ihre diversen Fähigkeiten. Seit Längerem befasst sich FEE schwerpunktmäßig mit dem Thema Feminismus – sowohl auf der Bühne als auch in gedruckter Form: zum Beispiel in der Textsammlung „Feeminismus“. Druckfrisch liegt nun im Herbst 2021 ihr erstes Sachbuch in den Buchhandlungen: ‚Jetzt halt doch mal die Klappe, Mann! Warum wir auf Mansplaining keinen Bock mehr haben‘ (Goldmann). FEEs besondere Aufmerksamkeit gilt derzeit ihrem Masterstudium Operngesang an der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig und ihrem Debüt in der Welturaufführung von ‚unser Vater/Vater unser‘ an der Deutschen Oper Berlin. Aber sie wäre nicht Felicia Brembeck, wenn nicht gleichzeitig noch Zeit bliebe für die Vorbereitung ihres Soloprogramms ‚Wenn schlau das neue schön wäre.‘ No- men est Omen: Diese Felicia (die Glückliche, Fruchtbare) ist ganz in ihrem Element.“
Alex Rühle
„(…) In der Welt ist Alex Rühle häufig unterwegs: Seit 2010 arbeitet er als Redakteur beim Feuilleton der SZ und reiste dafür in das krisengeplagte Griechenland (2009), nach Lampedusa kurz nach dem Flüchtlingsdrama von 2013, nach Kanada zum großen Fotografen Robert Frank. Und nach Paris, ob zu einem Bericht über Karl Lagerfelds Couture-Show, zu einem Interview mit der Sängerin Zaz oder zu einer Reportage über die brennenden und verwüsteten Bibliotheken in Frankreichs Banlieues. Für seine Reportage ‚Ruhig strahlend wie die Gleise vor uns‘ erhielt er 2009 den Deutsch-Französischen Journalistenpreis. (…) Mit seinem Buch ‚Ohne Netz. Mein halbes Jahr offline‘ (2010) wurde Alex Rühle auch als Sachbuchautor bekannt. Es ist die penible und sehr persönliche Dokumentation eines Selbstversuches: Sechs Monate geht der bekennende Internetsüchtige offline (…). Heraus kommt ein ‚Entzugstagebuch‘ voller Humor und Sprachwitz, der Bericht einer Abenteuerreise in die analoge Welt. (…) Seit 2018 veröffentlicht Alex Rühle auch Kinderbücher, u.a. gemeinsam mit der Münchner Illustratorin und Comiczeichnerin Barbara Yelin das gereimte Bilderbuch ‚Giga-Guhl und das Riesen-Glück‘ für ganz Groß, Groß und Klein.
Ein wichtiges Thema ist für Alex Rühle auch die Zukunft des Lebens in den großen Städten der Welt. Er ist der Herausgeber des Buches ‚Megacitys – Die Zukunft der Städte‘ (2008), in dem er 12 Geschichten über das Leben in Millionenstädten wie Los Angeles, Bombay, Lagos, Peking oder Johannesburg versammelt. Dass ihm auch seine Heimatstadt München, in der er 1969 geboren wurde und heute noch lebt, am Herzen liegt, zeigt er mit Engagement und guten Ideen: Gemeinsam mit dem Veranstalter Till Hofmann und dem Filmemacher Christian Ganzer gründete er 2012 die ‚Goldgrund Immobilien Organisation‘, mit der sie auf gut gelaunte, pfiffige Weise auf die Auswüchse der Gentrifizierung und die rasant steigenden Mieten und Immobilienpreise aufmerksam machen. Alex Rühle engagiert sich als Mitinitiator des Flüchtlingsprojekts ‚Bellevue di Monaco‘,das sich für Wohnungen und Kulturräume für Menschen mit Fluchthintergrund einsetzt – weltoffen, originell und humorvoll.“ Informationen zum Preis und die ausführlichen Jurybegründungen unter https://t1p.de/ernst-hoferichter-preis.