Seniorinnen und Senioren beim digitalen Banking unterstützen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm und Heike Kainz (CSU-Fraktion) vom 10.2.2022
Antwort Stadtkämmerer Christoph Frey:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt: „Die Stadtsparkasse München stellt zunehmend auf das digitale Banking um. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Für die ältere Generation, insbesondere für Menschen ohne Smartphone, stellt das Voranschreiten des digitalen Bankings jedoch eine große Herausforderung dar. Soweit und sofern auch noch Bankfilialen weiter schließen, wird die Teilnahme am Zahlungsverkehr zunehmend schwieriger.
Umso wichtiger ist es, dass sich die Stadtsparkasse München gerade um diesen Kundenkreis besonders bemüht, um den Einstieg in das digitale Banking so einfach wie möglich zu gestalten.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Deutschlandweit nutzen immer mehr Senior*innen das Onlinebanking. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch deutlich beschleunigt. So zeigte eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom aus dem Jahre 2021, dass sich der Anteil der Menschen ab 65 Jahren, die ihre Bankgeschäfte online abwickeln, innerhalb eines Jahres fast verdoppelt hatte von 22 auf 39 Prozent. In der gesamten Bevölkerung hatte sich dieser Wert im gleichen Zeitraum von 73 auf 80 Prozent erhöht.
Hierbei wurden auch die Gründe hinterfragt, weshalb Senior*innen kein Onlinebanking nutzen:
87 Prozent Gewohnheit
74 ProzentKontakt mit Menschen in der Bank
66 ProzentDatenschutzgründe
61 ProzentAngst vor Kriminellen
51 Prozentzu kompliziert.
Der Bundesverband deutscher Banken hat im Jahre 2020 ein Maßnahmenpaket vorgestellt, mit dem Banken und Sparkassen ihre digitalen Angebote attraktiv für Senioren gestalten können:
1. Eine inklusive Bildwelt und eine klare, verständliche Sprache verwenden. Das Problem fängt häufig schon bei der Werbung bzw. Präsenta-tion der Angebote auf den Websites vieler Banken an: In der dort dargestellten Bildwelt finden ältere Menschen oftmals gar nicht statt. Kein Wunder, wenn sie dann die Produkte für sich selbst als weniger relevant wahrnehmen. Die Häufung von Anglizismen und Fachbegriffen, die einem geübten Nutzer gar nicht auffallen, verstärkt diese Wahrnehmung noch. Eine inklusive Bildwelt und eine klare, verständliche Sprache kommen Kunden aller Altersgruppen zugute.
2. Neue Zugangskanäle identifizieren. Auch ältere Personen müssen dort abgeholt werden, wo sie sich befinden. So gibt es beispielsweise Initiativen wie „Wege aus der Einsamkeit“, die Senior*innen beim Umgang mit Technologie unterstützen. Warum nicht in Zusammenarbeit mit den Trägern solcher Initiativen den Einstieg ins digitale Banking ermöglichen? Auch Kooperationen mit Internet- und Mobilfunkanbietern sind denkbar. Diese bieten bereits eine breite Palette an technischer Unterstützung vom Initialsetup von Smartphones und Tablets bis zu Schulungen und Workshops für Senior*innen. Auch hier könnte der erste Berührungspunkt mit dem Online- oder Mobile-Banking geschaffen werden.
3. Angehörige einbeziehen. Kinder und Enkelkinder sind für die ältere Generation häufig die ersten Ansprechpartner in Sachen Digitalisierung. Von ihnen bekommen Senior*innen das erste Smartphone oder Tablet (oder zumindest die Kaufempfehlung), auch werden sie meist zurate gezogen, wenn die Technologie Probleme bereitet. Daher adressieren Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, die auf ältere Menschen ausgerichtet sind, häufig vorrangig die unmittelbaren Angehörigen. Das muss sich beim Digitalen Banking aber keineswegs auf die Kundenakquisition beschränken. Möglichkeiten des gemeinsamen Zugriffs auf ein Konto, zum Beispiel über Co-Browsing, können den Kund*innen die Angst nehmen, etwas falsch zu machen, und ihnen die Möglichkeit geben, sich langsam an das digitale Angebot heranzutasten.
4. Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit betonen. Für viele Senior*innen ist das Internet eine immer noch neue Technologie, der mit einer großen Dosis Misstrauen begegnet wird – vor allem wenn es um Finanzen geht. Die Themen „Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit“ sollten daher nicht nur proaktiv angesprochen, sondern auch gelebt werden. Helfen können zum Beispiel unverbindliche Online-Demonstrationen, die zunächst keine Eingabe der persönlichen Daten erfordern. Auch verständliche Erklärungen (etwa als Video), warum persönliche Daten erfasst werden und wie die Sicherheit von Zahlungen gewährleistet wird, können Hemmschwellen senken.5. Das Gefühl von Kontrolle vermitteln. Die Kontrolle ihrer Ausgaben ist vielen Senior*innen wichtig. Das zeigen zum Beispiel die Statistiken aus dem Mobilfunkbereich recht deutlich: Während der Anteil der Prepaid-Verträge bei der Gesamtbevölkerung mittlerweile auf unter 25 Prozent gesunken ist, liegt er bei den über 60-Jährigen bei mehr als 45 Prozent. Gleichzeitig werden ältere Menschen häufiger Opfer von Betrug und Abo-Fallen. Benachrichtigungen über Transaktionen, die transparente Darstellung von regelmäßigen Abbuchungen sowie einfache Möglichkeiten der Kündigung (etwa von Zeitschriften), wie sie einzelne FinTechs anbieten, geben den Kund*innen das Gefühl, die Oberhand über ihre Finanzen zu behalten.
6. Nicht auf Papier verzichten. Während die Millennials am liebsten auf jegliche gedruckte Kommunikation verzichten würden, ist diese für ihre Eltern und Großeltern weiterhin wichtig. Auch dies hat mit dem Wunsch nach Kontrolle und mit dem Faktor Vertrauen zu tun. Rechnungen und Kontoauszüge können so entsprechend den Angewohnheiten dieser Zielgruppe überprüft und abgeheftet werden.
7. Kompatibilität mit älteren Browsern und mobilen Betriebssystemen sicherstellen. Ob Laptop, Tablet oder Smartphone – die neueste Technik zu nutzen, steht bei älteren Kund*innen nur äußerst selten weit oben auf der Prioritätenliste. Oft wird ein gebrauchtes Gerät von technikaffineren Mitgliedern der Familie übernommen, wenn diese auf ein neueres Modell umsteigen. Auch beim Neukauf wird häufig auf ältere Modelle zurückgegriffen; meist nutzen Senior*innen die Geräte obendrein über einen sehr langen Zeitraum. Hinzu kommen Berührungsängste mit Software-Aktualisierungen, weswegen ältere Versionen von Betriebssystemen und Browsern verwendet werden. Deswegen sollten Banken
sowohl für ihre mobilen als auch für ihre Web-Angebote testen, ob die Kompatibilität auch mit älteren Geräten und Browsern sichergestellt ist.
8. Auf barrierefreie bzw. barrierearme Gestaltung achten. Nur der Vollständigkeit halber sollte an dieser Stelle auch die Barrierefreiheit erwähnt werden, die zwar längst in ein Gesetz gegossen, trotzdem vielerorts noch nicht adäquat umgesetzt worden ist.
9. Plan B anbieten. Auch wenn das Problem der ständigen Suche nach Zugangsdaten und Passwörtern bei weitem nicht nur die Älteren betrifft (etwa 40 Prozent der Kundenserviceanfragen bei den Banken bezie-
hen sich auf verlorene Zugangsdaten), werden diese davon besondersüberwältigt. Von klar kommunizierten Wegen zur Wiederherstellung des Zugangs und schnellen Lösung des Problems – sei es mittels SMS-Validierung oder biometrischer Daten – profitieren alle Kunden, nicht nur die Ältesten.
10.Unterstützung anbieten. Service-Center der Banken sollten auf Gespräche mit Senior*innen vorbereitet sein; die Mitarbeiter*innen müssen entsprechend sensibilisiert werden. Wie erwähnt, stellen Anglizismen und technisches Vokabular häufig eine Hürde da – auch Worte wie „Browser“, „Download“ oder „Button“ werden nicht von allen verstanden. Zudem tun sich viele mit Sprachdialogsystemen schwer, was leicht zu Frustration und Überforderung führen kann.
11.Mit der Zielgruppe regelmäßig testen. Gute Produkte für Senior*innen müssen nicht notwendigerweise solche sein, die ausschließlich für diese Zielgruppe entwickelt wurden. Auch bestehende Angebote, die ein breites Spektrum an Kund*innen adressieren, sind für die ältere Generation häufig interessant. Wichtig ist aber, diese Angebote auch mit den älteren Menschen regelmäßig zu testen, um ihre spezifischen Probleme mit dem Produkt zu identifizieren.
Sparkassen sind selbstständige Wirtschaftsunternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe (öffentlicher Auftrag), auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse für ihren Geschäftsbezirk den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen (§ 1 Satz 1 Verordnung über die Organisation und den Geschäftsbetrieb der Sparkassen). Sparkassen sind damit dazu angehalten, die Belange von Senior*innen zu berücksichtigen. Diese Anforderungen sind von der Sparkasse in Einklang zu bringen mit einem wirtschaftlich tragfähigen Geschäftsbetrieb.
Die Stadtsparkasse München führt zu den Fragen Folgendes aus:
Frage 1:
Wie viele Kunden nehmen noch nicht am Online-Banking teil?
Antwort:
Ca. 73 Prozent unserer Kunden nehmen am Online Banking teil. Alle Generationen sind dabei vertreten. Die Stadtsparkasse München ist die digi-talste Sparkasse Deutschlands, gemessen an der Nutzung digitaler Lösungen durch ihre Kunden.
Frage 2:
Wie hoch an diesem Personenkreis ist der Anteil an Seniorinnen und Senioren?
Antwort:
105.000 Seniorinnen und Senioren (Alter 65+) haben ein Girokonto bei der Stadtsparkasse München. Davon nutzen ca. 1/3 (33.000) bereits Online Banking und 2/3 (72.000) haben noch kein Online Banking.
Frage 3:
Wie kann dieser Personenkreis unter Berücksichtigung der speziellen Anforderungen an das digitale Banking herangeführt werden?
Antwort:
Die Stadtsparkasse München kontaktiert regelmäßig Kontoinhaber*innen, die noch kein Online Banking nutzen und bieten Beratung und eine einfache Freischaltung an. Dazu nutzt sie insbesondere auch offline Kommunikationswege, um die ältere Zielgruppe zu erreichen, z.B. Brief, Werbepartnerschaften mit Münchner Zeitungsverlagen oder München TV.
Als besonderen Service bietet die Stadtsparkasse München an, dass sich jeder das Online Banking persönlich durch einen Mitarbeiter erklären lassen kann. Alle Vertriebsmitarbeiter sind geschult und können bei den regulären Anfragen zum Online Banking weiterhelfen. Im Digital Center der Hauptstelle in der Stadtmitte kann man das Online Banking auf verschiedenen Endgeräten in einer sicheren Testumgebung live ausprobieren, sich von speziellen Digi Coaches beraten lassen und Hilfe bei der Einrichtung des eigene Online Bankings erhalten. Im Jahre 2020 hat die Stadtsparkasse München einen Piloten durchgeführt, bei dem eine für Senioren optimierte Online Banking Oberfläche getestet wurde.
Die Stadtsparkasse München arbeitet mit dem Seniorenbeirat der Landeshauptstadt München zusammen, hier besteht ein regelmäßiger Kontakt. Der Seniorenbeirat kommt bei Fragen aktiv auf die Stadtsparkasse München zu. Pandemiebedingt haben in den vergangenen zwei Jahren keine Veranstaltungen/Vorträge stattgefunden. Für das Frühjahr ist bereits ein Vortrag zum Thema „Wie geht´s weiter mit dem Bargeld?“ terminiert.
Frage 4:
Wie werden Kundinnen und Kunden unterstützt, die Schwierigkeiten beim OnlineBanking haben?
Antwort:
-Persönlich: Einweisung ins Online Banking durch Berater*innen vor Ort und im Digital Center Stadtmitte.
-Telefonisch: über den mitarbeiterbesetzten Online Banking Support (089 2167 58068, Montag bis Freitag, 8 bis 20 Uhr).
-Medial: über Kurzanleitungen und Erklärvideos auf sskm.de und You-Tube in verschiedenen Sprachen.
-Alternativen zum Online Banking:
-Telefon Banking
-Kontoaufträge per Automat in allen Filialen und SB Standorten im Geschäftsgebiet
-Persönlicher Service in den Filialen und Beratungs Centern
Frage 5:
Gibt es in den Filialen Schulungsmaßnahmen für betroffene Kundinnen und Kunden?
Antwort:
Die Stadtsparkasse München hat Präsenzseminare „Online Banking für Senioren“ in verschiedenen Beratungscentern angeboten. Diese finden derzeit wegen der Corona-Hygienemaßnahmen nicht statt. Sobald die Coronalage Präsenzseminare vor Ort wieder zulässt und Nachfrage besteht, wird die Stadtsparkasse München die Seminare wieder anbieten. Auch die Mitarbeiter*innen werden regelmäßig zum Thema Online Banking geschult.
Aus Sicht der Stadtkämmerei sind die Maßnahmen der Stadtsparkasse München umfangreich und gewährleisten eine wirkungsvolle Unterstützung von Senior*innen beim Onlinebanking. Die Stadtsparkasse zeigt damit in diesem Bereich ein umfassendes Engagement für Senior*innen, wie es auch bei anderen Kreditinstituten wünschenswert wäre.