Repatriierung der Obdachlosen vom Hauptbahnhofsviertel
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Daniel Stanke, Markus Walbrunn und Iris Wassill (AfD) vom 7.3.2022
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 7.3.2022 führen Sie Folgendes aus:
„Die LHM beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der wachsenden Anzahl obdachloser Personen vor allem rund um den Hauptbahnhof. Sie setzen sich aus Deutschen, EU-Ausländern und Bürger anderer Herkunftsländer zusammen. Diverse Runde Tische, Informationsreisen und Studien haben stattgefunden. Von der Chronologie her haben sich die Zahlen in München laut früheren Vorlagen wie folgt entwickelt:
1995 600 Menschen auf der Straße
2007 389 auf der Straße
2012 550 auf der Straße
2021 8.000 Menschen obdachlos – 1.000 tatsächlich auf der Straße München steht über das Projekt Eurocities mit anderen Städten im Aus- tausch u.a. zu diesem Problemkreis. Wie die Rumänienreise 2017 gezeigt hat, ist die Armenversorgung in Rumänien dürftig. Obwohl es genug euro- päische Hilfsprogramme gibt, wurden von Rumänien z.B. die Gelder nur zu einem kleinen Bruchteil angefordert und davon zu einem noch geringeren Teil auch tatsächlich ausgegeben.
Bekanntlich gibt es zahlreiche Projekte, mit denen die Reintegration in den Heimatländern unterstützt wird. Bereits seit 1979 unterhalten Bund und Länder das Programm REAG, welches 1989 um GARP ergänzt wurde. Im Auftrag des BMI und der zuständigen Ministerien der Länder wird das Programm vom BMI und BAMF organisiert und durch die ‚Internationale Organisation für Migration‘ (IOM) praktisch umgesetzt. In Ergänzung des Bund-Länder-Programms REAG hat die Bundesregierung in Zusammen- arbeit mit dem IOM im Februar 2017 das neue Rückkehrförderprogramm ‚StarthilfePlus‘ aufgelegt.
Mit diesem Förderprogramm wird ein zusätzlicher finanzieller Anreiz ge- schaffen; mithin soll die Rückkehr und der Neuanfang im Heimatland erleichtert werden. Die Menschen werden in ihren Heimatländern vor Ort betreut und unterstützt. StarthilfePlus kann bei der Rückkehrberatungsstelle zusätzlich zur freiwilligen Rückkehr mit REAG/GARP beantragt werden.“
Zu Ihrer Anfrage vom 7.3.2022 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Welche Bemühungen wurden seit 2019 unternommen, die Herkunftsstaaten der obdachlosen nichtdeutschen EU-Bürger vom Hauptbahnhof zur Lösung der adäquaten Versorgung der eigenen armen Bevölkerung anzuhalten?
Antwort:
Diplomatische Bemühungen dieser Art können nur auf nationaler Ebene erfolgen, nicht durch die Kommune.
Frage 2:
Wurde Hilfe auf europäischer Ebene gesucht? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Das Rückkehrprojekt Coming Home im Amt für Wohnen und Migration wird von der EU gefördert. Finanzielle Rückkehrhilfen erhalten aus diesem Förderprogramm jedoch nur Drittstaatsangehörige, Asylsuchende und Geflüchtete aus Staaten außerhalb der EU.
Frage 3:
Mit welchen Staaten, in und außerhalb der EU, wurde seit 2019 gezielt Kontakt aufgenommen?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 4:
Wurde gezielt über die Repatriierung von obdachlosen EU-Bürgern gesprochen?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 5:
Wurde geprüft, ob Erstattungsansprüche gegen europäische Heimatstaaten bestehen?
Antwort:
Nein.
Frage 6:
Wurde insbesondere geprüft, ob EU-Fördergelder, die den Heimatstaaten zur Armenversorgung zustehen, ggf. zur Kostendeckung in München abgetreten werden könnten?
Antwort:
Nein.
Frage 7:
Welche Maßnahmen werden ergriffen, damit solche Projekte wie „StarthilfePlus“ EU-Ausländern zur Kenntnis gebracht werden?
Antwort:
Das Programm StarthilfePlus der Internationalen Organisation für Migration sowie weitere Fördermittel für die freiwillige Rückkehr seitens des Bundes und der EU gelten nicht für EU-Bürger*innen, sondern nur für Drittstaatsangehörige.
Frage 8:
Wie vielen obdachlosen Bürgern außerhalb der EU wurden seit 2017 derartige Angebote unterbreitet; ist diesbezüglich eine Aufklärung erfolgt?
Antwort:
Das Büro für Rückkehrhilfen hat im Zeitraum 1.1.2017 bis 15.3.2022 insgesamt 865 freiwillige Ausreisen gefördert. Keine dieser Personen war obdachlos.
Frage 9:
Welche aktuellen Zahlen liegen in München zu Obdachlosen aufgeteilt nach Herkunft vor?
Antwort:
Zahlen zu obdachlosen Personen werden weder von der Ausländerbehörde noch von den Sicherheitsbehörden erhoben. Für Juli 2022 ist eine Studie „Obdachlose auf der Straße“ geplant, die auch eine Zählung der obdachlosen Personen in München umfasst.