Einfacheres ÖPNV-Tarifsystem für Seniorinnen und Senioren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm und Heike Kainz (CSU-Fraktion) vom 10.2.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In o.g. Antrag fordern Sie, „die Landeshauptstadt München wird aufgefordert, das Tarifsystem des ÖPNV für Seniorinnen und Senioren dahingehend zu vereinfachen, dass Seniorinnen und Senioren mit einem entwerteten Streifen der Streifenkarte pro Tag den ÖPNV in München (Zone M) nutzen können. Zudem sollte die jetzige Monats- und Jahreskarte für Seniorinnen und Senioren (ISARCARD 65 Zone M) auch für den gesamten MVV Bereich (Zone M + Zone 1-6) Gültigkeit haben.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Der Antrag bezieht sich jedoch auf eine Angelegenheit, die in die Zuständigkeit der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) fällt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, im Folgenden als Brief beantwortet.
Die MVV GmbH hat hierzu in Abstimmung mit der MVG folgende Stellungnahme abgegeben:
„Der Gedanke, ermäßigte Tarife für bestimmte Nutzergruppen, z.B. für Senior*innen, anzubieten, hätte sicherlich für den betreffenden Nutzerkreis finanzielle Vorteile. Jedes Angebot jedoch, das bei den Kunden zu einer Fahrpreisersparnis führt – und das ist ja auch bei einem preislich reduzierten Seniorenangebot oder bei ermäßigten Streifen-, Einzel- oder Tagesfahrkarten für Senior:innen, eine der Zielsetzungen – würde bei den Verkehrsunternehmen automatisch zu Mindereinnahmen führen, die ausgeglichen werden müssten. Weiterhin ist die Ausgabe von ermäßigten Einzel-, Tages- oder Streifenkarten für Senior*innen keine praktikable Maßnahme, da die Möglichkeit fehlt, bei jedem Verkaufsvorgang die Berechtigung des Nutzers für den Seniorentarif zu prüfen. Bei der Fahrkartenkontrolle wiederum würde dies zu einem Mehraufwand führen, der bei Gelegenheitskunden nicht vorgesehen ist. Eine Ausweitung des Geltungsbereichs der IsarCard65 für die Zone M auf das gesamte Tarifgebiet ist aus Gründen der Tarifgerechtigkeit nicht möglich – dies müsste dann auch Senior*innen, die nicht im Stadtgebiet von München wohnen, ermöglicht werden – undwürde dazu führen, dass alle Senior*innen die IsarCard65 für die Zone M erwerben, um im gesamten MVV-Tarifgebiet unterwegs sein zu können. Dies wiederum würde Mindereinnahmen in Millionenhöhe generieren.
Obwohl ein hohes Leistungsangebot in München zur Verfügung steht, sind darüber hinaus die Fahrpreise für Zeitkarten, insbesondere die Preise für Senior*innen, im Vergleich zu anderen Verbünden in Deutschland sehr kundenfreundlich gestaltet. Mit einem Preis von derzeit 49,50 Euro für eine Monatskarte (IsarCard65) erhalten Senior:innen für München die günstigste Bus-und-Bahn-Monatskarte von allen deutschen Großstadtverbünden (Hamburg 65,80 Euro, Köln 62 Euro, Berlin 52 Euro). Abonnent*innen der IsarCard65, die die jährliche Einmalzahlung bevorzugen und somit für zwölf Kalendermonate ab dem 1.1.2022 nur 468 Euro für die Tarifzone ‚M‘ bezahlen, fahren zu einem umgerechneten Tagespreis von etwa 1,28 Euro. Aber auch bei der monatlichen Bezahlung des Abonnements (10 mal 49,50 Euro) für die Tarifzone ‚M‘, beträgt der umgerechnete Tagespreis etwa nur 1,36 Euro. Für die Zielgruppe der einkommensschwachen Personen gibt es darüber hinaus den MünchenPass der LH München. Für Inhaber:innen des München-Passes besteht mit der IsarCard S und den stark ermäßigten Tageskarten bereits ein attraktives Angebot: Für die Tarifzone ‚M‘ beträgt der Preis der IsarCard S für einen Kalendermonat 31,10 Euro, also umgerechnet etwas mehr als einen Euro pro Tag. Ein weiteres, zusätzliches Angebot für einkommensschwache Senior*innen wäre eine sozialpolitische Maßnahme, die jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich des MVV fällt.“
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft schließt sich den Ausführungen an. Die beantragten Änderungen hätten erhebliche Einnahmeausfälle zur Folge, die dann von allen anderen Fahrgästen mitgetragen werden müssten. Anders als für Kinder und Jugendliche sieht der Freistaat für Seniorinnen und Senioren auch keine gesetzlichen Ausgleichsleistungen für reduzierte Tarife vor. Diese müssten vom jeweiligen Veranlasser selbst getragen werden. In Anbetracht des weiter steigenden Finanzierungsbedarfs im ÖPNV sehen wir hierzu leider keinen Spielraum.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass Ihr Antrag damit als erledigt gelten darf.