Prüfung eines Standorts für das Münchner Ernährungshaus
Antrag Stadtrats-Mitglieder Mona Fuchs, Judith Greif, Dominik Krause, Clara Nitsche, Julia Post, Dr. Florian Roth, Christian Smolka (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Anne Hübner, Lars Mentrup, Dr. Julia Schmitt-Thiel, Andreas Schuster, Felix Sproll (SPD/Volt-Fraktion) vom 12.6.2021
Antwort Referat für Klima und Umweltschutz:
Sie beantragen, dass „Im Rahmen der Konzeptentwicklung für ein Münchner Ernährungshaus (…) das Referat für Klimaschutz und Umwelt und das Kommunalreferat beauftragt (werden), einen geeigneten Standort zu fin- den und ggf. mit Eigentümer*innen in Verhandlung zu treten. Die Mietkosten für das Objekt sollen sich dabei in einem leistbaren Rahmen belaufen“.
Das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) hat dem Stadtrat in der Vollversammlung vom 20.10.2021 das Projekt „House of Food/ Ernährungshaus“ (Vergabebeschluss „Beauftragung zur Konzeptentwicklung für ein „House of Food“ durch die Biostadt München“ Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 04580) ausführlich dargelegt.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten und teile Ihnen auf diesem Wege Folgendes mit:
Das RKU hat zwischenzeitlich den Standort Diamalt in Allach auf seine Eignung als „Münchner Ernährungshaus“ geprüft. Am 4.8.2021 fand eine Begehung statt, an der Stadtdirektor Boris Schwartz, Vertreter*innen von RKU-UVO11 (Biostadt-Team) und Vertreter*innen der Eigentümerin (die Optima Aegidius Firmengruppe) teilnahmen. Die Abwägung der Vor- und Nachteile der Immobilie ergab, dass das Gebäude mit umgebenden Gelände ungeeignet ist. Aus diesem Grund wurde die Optionierung zum 30.9.2021 abgesagt. Die Eigentümerin hatte dem RKU für diese Entscheidung eine entsprechende Terminfrist gesetzt.
Diese Entscheidung begründet das RKU wie folgt:
Das sich im entkernten Zustand befindliche Gebäude hat eine Fläche von maximal 400 Quadratmeter. Hinzu kommen Kellerflächen für sanitäre Einrichtungen, Umkleiden, Lagerflächen und eine kleine Außenfläche, denkbar für Urban Gardening-Aktivitäten sowie für einen möglichen Lehrpfad. Insgesamt stehen damit ca. 1.000 Quadratmeter zur Verfügung. Die Eigentümerin hatte angeboten, bei den notwendigen Sanierungsarbeiten auch die Wünsche des RKU hinsichtlich des Münchner Ernährungshauses zu be-rücksichtigen. Es sind grundsätzlich vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bei einer ansprechenden Optik des Gebäudes vorstellbar. Soweit die Vorteile dieses Standorts.
Die Nachteile liegen vor allem bei den zu erwartenden Kosten in unbekannter Höhe. Eine belastbare Aussage bezüglich der Kosten, die mit den baulichen Maßnahmen und dem Betrieb des Gebäudes anfallen, war der Eigentümerin nicht möglich. In den Mietzins werden neben den Sanierungskosten sicherlich auch die Kosten für die Erfüllung von Denkmalschutzauflagen eingepreist, ebenso auch die Kosten für die energetische Sanierung, für die 2020 stark gestiegenen Baukosten sowie für den Einbau Corona-konformer Luftfilteranlagen. Des Weiteren hängt der künftige Mietpreis – laut Aussage der Optima Aegidius Firmengruppe – auch davon ab, welche Ausstattung im Rahmen der Konzeption für ein Münchner Ernährungshaus gewünscht wird. Die Konkretisierung dieser Anforderungen wird aber erst das Ergebnis des im Laufe des Jahres 2022 vorliegenden Konzepts sein, das vom RKU – wie am 20.10.21 in der Vollversammlung beschlossen – derzeit ausgeschrieben wird.
Diese genannten Kostenfaktoren lassen einen deutlich höheren Preis als die bisher genannten 20 Euro pro Quadratmeter erwarten. Zum Mietverhältnis wurde keine Aussage getroffen, die Rede war von einer zeitlich unbegrenzten Mietdauer mit einer Mindestlaufzeit von zehn Jahren. Eine so langfristige vertragliche Bindung bedeutet auch, über diese Zeit die anfallenden Kosten zu tragen. Hinzu kommt, dass die Nutzungsfläche insgesamt doch sehr groß ist, so dass die Räumlichkeiten unter Umständen nicht dauerhaft und in Gänze hätten bespielt werden können. Im Umfeld des Gebäudes stehen nur in begrenztem Umfang Freiflächen zur Verfügung, deren konkrete Größenordnung aber noch unbekannt ist. Laut der Eigentümerin sind gärtnerische Aktivitäten zwar erwünscht, doch war nicht ermittelbar, für welche Art von Nutzung die vorhandenen Flächen überhaupt geeignet sind. Zum Teil sind diese Flächen mit Tiefgaragen unterbaut, was beispielsweise eine Bepflanzung mit Bäumen im Rahmen von Baumprojekten erschwert. Inwieweit sich die vorgesehene soziale Nutzung in einem Seitenflügel als Nachbarschaftscafé realisieren lässt, ist derzeit sehr unsicher.
Eine Nutzung des Gebäudes wäre frühestens, optimale Arbeitsabläufe bei der Sanierung der Baulichkeiten vorausgesetzt, in 2023 zu erwarten.
Die Lage des Gebäudes inmitten eines Neubaugebietes mit reiner Wohnbebauung ist eher als Nachteil zu werten. Ebenso ist auch die Entfernungzur 700 Meter fußläufig erreichbaren S-Bahn mit ca. 15 Minuten Gehzeit und einer 15-minütigen Fahrzeit zum Hauptbahnhof nachteilig zu sehen.
In der Zwischenzeit hat sich eine weitere Standortalternative ergeben: die Community Kitchen (ComKit) in Neuperlach (https://com-kit.de/). Bei der Entscheidung gegen den Standort des ehemaligen Diamalt-Geländes in Allach wurde die Option ComKit miteinbezogen.
Um den Standort Community Kitchen in Neuperlach hinsichtlich seiner Eignung zu bewerten, hat das RKU im Rahmen der Ausschreibung des Konzeptes für das „Münchner Ernährungshaus“ ein Pilotprojekt vorgesehen. Hierbei sollen die Räumlichkeiten hinsichtlich ihrer Eignung im Praxisbetrieb geprüft werden. Die Ergebnisse des Pilotprojekts werden in die Konzeption einfließen und Rückschlüsse darüber geben, ob der Standort ComKit geeignet ist. Es ist vom RKU geplant, die Immobilie zunächst für fünf Jahre als Standort des Münchner Ernährungshauses zu nutzen, vorerst nur als Übergang hin zu einer möglichen Dauerlösung.
Ein entscheidender Vorteil der ComKit ist eine bereits vorhandene Profiküche (mit abgenommenem HACCP-Konzept1, Fettabscheider, modernen Geräten etc; mobile „Zuschaltlösungen“ sind möglich), mit der unverzüglich mit der Beratungstätigkeit für die Einrichtungen der Außer-Haus Verpflegung (AHV) zur Steigerung des Bio-Anteils begonnen werden kann, um die ambitionierten Ziele zu erreichen und den Stadtratsbeschluss (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03573 vom 28.7.2021 „Mehr Bio-Lebensmittel in allen städtischen Einrichtungen und bei allen städtischen Verpflegungsanlässen: Schritte in Richtung einer Ernährungswende in München“ – bis Ende 2022 in allen Referaten und städtischen Einrichtungen ein Anteil an bio-regionalen Lebensmitteln von 40% und bis Mitte 2025 ein Anteil von 60% – nach Möglichkeit über alle Warengruppen hinweg; Fleisch bis Ende 2022 ein Bio-Anteil von 40% –) umzusetzen.
Ein weiterer Vorteil neben der sofortigen Nutzungsmöglichkeit ist der sehr geringe und flexibel gehaltene Mietpreis. Er beläuft sich auf ca. 12 bis 14 Euro pro Quadratmeter Küchenfläche und 9,50 Euro pro Quadratmeter für die Nutzung von Seminarräumen. Auch ist die Grundidee des Gebäudes ein positiver Aspekt: Es will ein Ort der gelebten Ernährungswende sein, gegen Lebensmittelverschwendung und nicht nur alle Münchner*innen, sondern auch Menschen aus dem Quartier erreichen. Aus diesem Ansatz können sich zahlreiche Synergien für die Arbeit des RKU und gewinnbringende Netzwerkeffekte ergeben. Die Immobilie ist gut zu erreichen, sie liegt inmitten eines urbanen Umfelds nähe dem PEP-Einkaufszentrum inNeuperlach und sechs Minuten von der U-Bahn entfernt, mit 15 Minuten Fahrzeit zum Hauptbahnhof.
Um räumlichen und konzeptionellen Nutzungsgrenzen, die sich möglicherweise im Laufe der Nutzung der ComKit zeigen, vorzubeugen, werden von Seiten des RKU im Laufe der kommenden fünf Jahre in Absprache mit dem Kommunalreferat weitere, potentielle Immobilienoptionen eruiert und geprüft. Für das RKU ist derzeit die Community Kitchen die optimale Einstiegs- und Zwischenlösung und mithin eine Möglichkeit, ohne Risiko und hohe Kosten direkt in die Umsetzung der Ernährungswende zu kommen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 HACCP-Konzept - Hazard Analysis Critical Control Point, zu Deutsch: Risiko-Analyse Kritischer Kontroll-Punkte; damit gemeint ist der systematische Ansatz, um unbedenkliche Lebensmittel zu gewährleisten.