IAA Mobility 2021 – Wie wurde Mobilität in München ausgebremst?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner, Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) und Sonja Haider (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 28.9.2021
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Zunächst möchten wir uns entschuldigen, dass Sie bisher noch keine Rückmeldung von uns erhalten haben. Der Aufbau unseres neuen Referates war und ist ein intensiver Prozess, der in Zeiten der Corona-Pandemie und Haushaltskonsolidierung umso anspruchsvoller ist.
In Ihrer Anfrage vom 28.9.2021 führten Sie als Begründung aus:
„Entgegen aller vollmundigen Ankündigungen des VDA als Veranstalter und des städtischen Referenten für Arbeit und Wirtschaft war die IAA 2021 mitnichten ein Gewinn für die Mobilität in der Stadt. Im Gegenteil: Nicht nur der Rad- und Fußverkehr, auch der ÖPNV wurde an vielen Orten ausgebremst. Im Vorfeld war jedoch verkündet worden, dass es um ‚Mobilität für Alle‘ gehen werde.“
Ich darf der detaillierten Antwort vorausschicken, dass es sich um die erstmalige, vom Stadtrat genehmigte Durchführung der IAA Mobility und den „Open Spaces“ gehandelt hat und deshalb sowohl der Veranstalter wie auch die Stadtverwaltung nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen konnten. Wie z.B. das Oktoberfest zeigt, unterliegen solche Großveranstaltungen einem ständigen Entwicklungsprozess und müssen aus verkehrlicher Sicht ständig weiter optimiert werden.
Im Nachgang der IAA Mobility hat das Mobilitätsreferat unter anderem in den Beschlüssen Nr. 20-26/V 04525 „Bericht über die IAA-Mobility 2021“ sowie 20-26/V 04919 „IAA Mobility 2021 – Bericht über die Einhaltung der Stadtratsvorgaben“ Stellungnahmen zu den Verkehrseinschränkungen abgegeben und damit die aus verkehrlicher Sicht zwingend zu verbessernden Punkte für die kommende IAA Mobility im Jahr 2023 benannt. Abschlie-ßend möchte ich darauf hinweisen, dass Veranstaltungen dieser Größenordnung immer verkehrliche Einschränkungen für die Allgemeinheit mit sich bringen und nicht gänzlich auszuschließen sind.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Laut MVG wurden am Odeonsplatz mehrere Buslinien (Linie 100, 153, N40, N41 und N45) mehr als zwei Wochen lang umgeleitet bzw. entfielen. Gab es darüber hinaus noch weitere Buslinien, die von der IAA Mobility beeinträchtigt wurden?
Antwort:
Hierzu teilt die SWM mit:
„Es entfielen aufgrund der IAA Mobility 2021 keine Buslinien der MVG. Richtig ist jedoch, dass die Linien 100 und 153 während der IAA Mobility 2021 sowie während der Auf- und Abbauzeiten den Odeonsplatz nicht an ihrer Originalhaltestelle anfahren konnten. Im Vorfeld ergaben sich zahlreiche Abstimmungsgespräche mit der Messe München sowie dem Mobilitätsreferat und Polizei zu diesem Thema. Es sollte eine Wendung der Linien 100 und 153 Höhe Galeriestraße ermöglicht werden und die Ersatzhaltestelle Odeonsplatz wurde nahe der Haltestelle Von-der-Tann-Straße angeordnet, auch wurden entsprechende Haltverbote angeordnet. Die Ersatzhaltestelle Odeonsplatz wäre so unweit der Originalhaltestelle Odeonsplatz gewesen. In der Praxis wurden die Halteverbote leider kaum beachtet, so dass Falschparker – aber auch Polizeifahrzeuge – die Wendung Höhe Galeriestraße zumeist unmöglich machten. Die Linie 100 musste in der Folge geradeaus über Oskar-von-Miller-Ring und Von-der-Tann-Straße bzw. in der Gegenrichtung von Von-der-Tann-Straße direkt rechts ab in die Ludwigstraße umgeleitet werden, die Linie 153 teilweise zum Siegestor. Die Nachtlinien N40, N41 und N45 wurden über Oskar-von-Miller-Ring umgeleitet, teilweise konnte in einer Richtung der Odeonsplatz angefahren werden (dies verlief weitgehend wie geplant und kommuniziert).
In der Gesamtschau nur zu dieser Maßnahme muss man einen hohen personellen und zeitlichen Abstimmungsbedarf bei diversen Dienststellen konstatieren – mit einem mäßigen und für die Fahrgäste aufgrund der Abhängung des Odeonsplatzes vom Oberflächennetz der MVG nachteiligen Ergebnis. Bei einer Wiederholung der Veranstaltung bedarf es eindeutiger und frühzeitiger Regelungen, klarer Zuständigkeiten und ggf. einer Kosten-übernahme im Falle von Zusatzkosten für aufwändige Umleitungsfahrten der Buslinien.
Anders als bei sonstigen, meist Wochenend-Veranstaltungen im Bereich des Odeonsplatzes musste inklusive Auf- und Abbau über einen Zeitraum von nahezu zwei Wochen improvisiert werden.
Weitere Buslinien wurden durch die IAA Mobility 2021 nicht direkt beeinträchtigt. Fast alle Bus- und Straßenbahnlinien wurden jedoch indirekt durch die IAA durch verschiedene Aktionen wie Demonstrationen gegen die IAA oder ‚Abseilen von Autobahnbrücken‘ durch gesperrte Straßenoder Rückstau beeinträchtigt (teilweise Einstellung von Linien, Linienabbrüche und Umleitungen oder erhebliche Verspätungen). Auch durch die Radsternfahrt am 13.9.2021 war ein großer Teil der Bus- und Tramlinien betroffen. Auch hier kam es zu Linienabbrüchen und teilweise Einstellungen von Linien sowie erheblichen Verspätungen.“
Frage 2:
Welche Fahrradwege wurden wegen der IAA komplett temporär gesperrt? Warum gab es keine Hinweise auf direkte und großräumige Umfahrungsmöglichkeiten, die im Vorfeld über verschiedene Wege kommuniziert wurden?
Antwort:
Beim „Open Space Königsplatz“ musste die Radverbindung „Brienner Straße“ analog zu Konzertveranstaltungen oder dem „Sommer in der Stadt“ bereits ab Aufbaubeginn gesperrt werden. Es wurde in beide Fahrtrichtungen eine großräumige Radumleitung ausgeschildert.
Laut der ursprünglichen Veranstaltungskonzeption für den „Open Space Odeonsplatz“ waren keine Einschränkungen für die Radverbindungen vorgesehen. Aufgrund des Pandemiegeschehens und den damit einhergehenden Auflagen aus dem Hygienekonzept zum Schutz der Besucher*innen mussten die Ausstellbereiche eingezäunt und mit Zugangskontrollen versehen werden. Dadurch erfolgte eine Kanalisierung der Zufußgehenden um die definierten Ausstellerflächen herum. Aufgrund des hohen Fußgängeraufkommens mussten die Radbeziehungen im Bereich des Odeons-
platzes in Fahrtrichtung Süden sowie in der Brienner Straße, zwischen Hofgarten und Amiraplatz, untertags gesperrt werden.
Zusätzlich hat die Schlösser- und Seenverwaltung einer Nutzung des Hofgartens (Privatgrund) für eine Radwegbeziehung zwischen Alfons-Goppel-Straße und Odeonsplatz nicht zugestimmt. Im Bereich der Residenzstraße, auf Höhe der Feldherrnhalle, musste wegen des hohen Fußgängeraufkommens die Radwegbeziehung unterbrochen werden.
Daher wurde in der Ludwigstraße nördlich des Altstadtringes sowie in der Brienner Straße östlich des Altstadtringes mittels Beschilderung auf die Sperrung des Odeonsplatzes hingewiesen. Diese Vorsperren bzw. Vorhinweise wurden jedoch zumeist von Radfahrenden nicht beachtet oder übersehen und es wurde bis an den Veranstaltungsbereich herangefahren. Der Veranstalter hatte sodann während den Veranstaltungszeiten mittels zusätzlichem eingewiesenen Personal aus Sicherheitsgründen die Radfahrenden gebeten abzusteigen und den Bereich schiebend zu queren.Ein Passieren der Flächen außerhalb der Veranstaltungszeiten war im Bereich des Odeonsplatzes möglich. In Richtung Norden konnte die Radwegbeziehung im Bereich des Odeonsplatzes dauerhaft aufrecht erhalten werden.
Die Messe München teilt hierzu ergänzend mit:
„In der Veranstaltungskonzeption sollte es keine Einschränkungen von Fahrradwegen geben und diese durchgängig befahrbar bleiben. Auf Grund des Pandemiegeschehens und den damit einhergehenden Auflagen aus dem Hygienekonzept zum Schutz der Besucher*innen mussten die Veranstaltungsbereiche eingefriedet werden, so dass ein Befahren einzelner weniger Fahrradwege nicht mehr umgesetzt werden konnte. Die dadurch erforderlichen Umleitungen wurden geplant und mittels den dafür vorgesehenen Verkehrszeichen 442 (Vorwegweiser) eingerichtet. Darüber hinaus wurde eingewiesenes Personal zur verbalen Erläuterung der eingerichteten Umleitungen positioniert.“
Zusammenfassend ist aber festzuhalten, dass auf dieser für den Rad- und Fußverkehr wichtigen Nord-Süd-Querung bei zukünftigen Veranstaltungen, auch mit Hygienekonzepten und damit zusätzlichen Flächenbedarfen, aus Sicht des Mobilitätsreferates eine Verbindung für den Radverkehr freigehalten werden muss.
Frage 3:
Warum wurde die U7, die als Verstärkerlinie nach Neuperlach Süd fährt, zur Messe umgelenkt? Warum wurde nicht eine zusätzliche Verstärkerlinie eingesetzt, so sie denn überhaupt erforderlich war? Das Fahrgastaufkommen zur Messe hielt sich im Rahmen des Üblichen.
Antwort:
Hierzu teilt die SWM mit:
„Die U7 verkehrt in erster Linie aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens im Bereich OEZ – Innsbrucker Ring. Die Weiterführung nach Neuperlach Zentrum erfolgt, da dort die nächstgelegene Wendemöglichkeit besteht. Zudem würde sich durch eine weitere U-Bahnlinie (zusätzlich zu den Linien während der Hauptverkehrszeit Takt 5 auf U2 und U7) im Bereich Hauptbahnhof – Kolumbusplatz ein Takt von etwa 2 Minuten ergeben, der derzeit noch nicht gefahren werden kann. Das Fahrgastaufkommen zur Messe hielt sich im Rahmen des Üblichen. Die Angebotsplanung erfolgte auf Basis der vorab erstellten bzw. zur Verfügung gestellten Prognosen.“
Frage 4:
Die U-Bahn-Baustelle Sendlinger Tor wurde für den Zeitraum der IAA eingestellt – verlängern sich dadurch die massiven Einschränkungen an diesem Knotenpunkt des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)?
Antwort:
Hierzu teilt die SWM mit:
„In einem solchen mehrjährigen Großprojekt wie der Baustelle am U-Bf. Sendlinger Tor werden stets ausreichende Puffer eingeplant; durch die IAA ergeben sich keine Verzögerungen im Gesamtzeitplan.“
Frage 5:
Waren neben dem Königsplatz weitere Plätze nicht einmal mehr zu Fuß zu überqueren? Warum wurde bei Umleitungen (z.B. am Finanzministerium) nicht darauf geachtet, dass Kinderwägen oder Rollstühle noch durchkommen und nicht zu eng neben Laternen geführt werden? Welche weiteren Beeinträchtigungen gab es für zu Fuß Gehende?
Antwort:
Hierzu teilt die Messe München mit:
„Gemäß des Stadtratsbeschlusses vom April 2020 waren sämtliche Plätze zu jeder Zeit für den Fußgängerverkehr querbar. Der Königsplatz konnte zu jeder Zeit von/zur Luisenstraße und der Katharina-von-Bora, sowie der Arcisstraße passiert werden. Neben der Beschilderung wurde geschultes Personal vorgehalten, um auf die Querungsmöglichkeiten hinzuweisen. Der Veranstalter hat mehrmals täglich Qualitätskontrollen durchgeführt, bei dem u.a. besonders auf Freundlichkeit und Kenntnis des eingesetzten Personals geachtet wurde.“
Wir gehen davon aus, dass die Anfrage auf einem Tweet auf sozialen Netzwerken basiert, welcher die Situation am 2. September 2021 während der Aufbauarbeiten zur IAA Mobility am Odeonsplatz im Bereich des Reiterdenkmals zeigt. Bedingt durch die Aufbauarbeiten musste die ursprüngliche Radwegführung um das Reiterdenkmal herum umgeleitet werden. Dadurch konnte den Fußgänger*innen trotz der Aufbauarbeiten eine gesicherte Führung entlang des Denkmals gewährleistet werden. Bereits zum 5. September hat das Baureferat-Verkehrszeichenbetrieb den am Finanzministerium befindlichen Radständer entfernt und in den Bereich der Ludwigstraße verschoben, damit ebenso eine gesicherte Fußgängerführung während des Veranstaltungszeitraumes über die Außenflächen des Innen- und Finanzministeriums zur Verfügung stand.Durch die vom Veranstalter verwendeten verkehrssicheren und barrierefreien Kabelführungen konnten weitere Beeinträchtigungen für zu Fuß Gehende nahezu ausgeschlossen werden.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.