Den Vorkurs Deutsch an Münchner Schulen erhalten!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Barbara Likus, Cumali Naz, Lena Odell, Julia Schönfeld-Knor, Felix Sproll (SPD/Volt-Fraktion) und Beppo Brem, Dr. Hannah Gerstenkorn, Nimet Gökmenoglu (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 24.8.2021
Antwort Stadtschulrat Florian Kraus:
In Ihrem Antrag baten Sie darum, dass der Oberbürgermeister sich beim Freistaat für den Erhalt und Ausbau des Vorkurses Deutsch einsetzt. Zusätzlich soll für den Vorkurs Deutsch seitens des Freistaates ein einheitlicher Lehrplan und ein Konzept geschaffen werden.
Zu Ihrem Antrag kann ich Ihnen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Folgendes mitteilen:
Der Vorkurs Deutsch 240 ist ein Angebot von Kindertageseinrichtungen für Kinder vor der Einschulung, das sie in Kooperation mit einer staatlichen Grundschule jeweils zu gleichen Anteilen durchführen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 AVBayKiBiG): In Kindertageseinrichtungen beginnt der Vorkurs bereits im vorletzten Kindergartenjahr vor der Einschulung, die Grundschule kommt zu Beginn des letzten Kindergartenjahres (= Vorschuljahr) als Tandempartner hinzu. Das Stundenkontingent für den schulischen Anteil wird durch die Regierung von Oberbayern zugewiesen und ist im sogenannten A-Budget (Sonderbudget für DaZ-Stunden) enthalten. Die restlichen Stunden des A-Budgets werden für die Deutsch PLUS-Stunden an die Schulen verteilt und können bei Bedarf ebenfalls für Vorkurse verwendet werden. Diese Stundenkontingente könnten dann als Förderstunden für die Schulkinder fehlen.
Der Städtische Träger der Kindertageseinrichtungen der LHM unterstützt und fördert die Umsetzung der Vorkurse Deutsch gemäß den Landesvorgaben seit ihrer Einführung im Schuljahr 2001/02 in allen Kindertageseinrichtungen mit Kindern im Vorschulalter.
Derzeit umfassen die Vorkurse 240 Stunden und sollen zu gleichen Anteilen von pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen und von Grundschullehrkräften in Kooperation durchgeführt werden. Der Vorkurs Deutsch 240 hat vor allem die Entwicklung von Literacy-Kompetenzen zum Inhalt. Es erfolgt eine gezielte individuelle Sprachbildung der Kinder in Kleingruppen zusätzlich zur alltagsintegrierten sprachlichen Bildung, die in Kindertageseinrichtungen ein durchgängiges Prinzip ist.Die mit der Durchführung der Vorkurse betrauten pädagogischen Fachkräfte des Städtischen Trägers haben eine Zusatzqualifikation als Kooperationsfachkraft. Sie nehmen zudem nach Möglichkeit an den staatlichen Fortbildungsmaßnahmen teil, die für pädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte im Tandem durchgeführt werden, um Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu unterstützen und die Effektivität der Vorkurse zu erhöhen. Alle betreffenden Kitas wurden zudem mit der Publikation „Vorkurs Deutsch 240 in Bayern. Eine Handreichung für die Praxis (Module A-C)“ ausgestattet, die konkrete Hinweise für die organisatorische und pädagogische Gestaltung der Vorkurse enthält.
Erfahrungsgemäß führen die meisten Kindertageseinrichtungen des Städtischen Trägers mit Kindern im Vorschulalter einen oder mehrere Vorkurse durch, um dem Bedarf gerecht zu werden. Dieser ist in der Großstadt München, in der viele Familien mit Migrationshintergrund leben, besonders hoch. Auch bei Kindern mit Deutsch als Familiensprache melden die Fachkräfte einen wachsenden Bedarf zurück. Insgesamt hat sich der Sprachförderbedarf durch die Corona-Pandemie noch deutlich verstärkt.
Für den Umgriff der 138 staatlichen Grundschulen in der Landeshauptstadt München obliegt dem Staatlichen Schulamt die Fach- und Dienstaufsicht. Zu deren Aufgaben gehören u. a. die Planung und Ordnung des Unterrichtswesens, die Sicherung der Qualität von Erziehung und Unterricht, die Förderung und Beratung der Schulen, die Aufsicht über die inneren und äußeren Schulverhältnisse sowie über die Schulleitung und das pädagogische Personal. Das Referat für Bildung und Sport (RBS) hat die Sachaufwandsträgerschaft inne und ist somit für Einrichtung, Ausstattung und das Hauspersonal zuständig.
Aus den oben genannten Zuständigkeiten heraus habe ich das Staatliche Schulamt in der Landeshauptstadt München um eine Stellungnahme zu Ihrem Antrag gebeten.
Das Staatliche Schulamt in der Landeshauptstadt München führt hierzu Folgendes aus:
„Die Vorkurse finden wie geplant an allen Schulen statt. Vorschulkinder werden demnach wie bisher ein Jahr vor Schulbeginn in Kooperation mit den Kindertagesstätten, die sich die Durchführung der Vorkurse mit den Schulen teilen, entsprechend gefördert.
Konzepte für die Durchführung der Kurse gibt es seit mehreren Jahren, das Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP, https://www.ifp.bayern.de/) hat eine Handreichung für die Vorkurs-Arbeit entwickelt, alle Vorkurspädagog*innen werden in regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen desKultusministeriums bzw. der Regierungen geschult und vollziehen die Vorkurse nach den entsprechenden Vorgaben.
Über die Vorkursarbeit hinaus wurden – wie bisher – im üblichen Umfang Lehrerstunden (Deutsch PLUS)-Stunden zugewiesen. Diese können im Schuljahr 2021/22 auch umgesetzt werden. Es wird keinen Entfall von Förderkursen in der Stadt München geben. Es ist auch im kommenden Schuljahr möglich, Schüler*innen mit Migrationshintergrund sowie Vorschulkindern im üblichen Umfang Förderung zuteilwerden zu lassen.“
Das RBS steht seit Jahren mit dem Staatlichen Schulamt in engem und regelmäßigen Austausch, u. a. in hierfür eingerichteten Gremien zur Gestaltung des Übergangs von der Kita in der Grundschule. Im Zuge eines intensiven Abstimmungsprozesses wurde so auch eine gemeinsame
Kooperationsvereinbarung für Münchner Kindertageseinrichtungen und Grundschulen (Elementar- und Primarbereich) erarbeitet und verabschiedet. Die grundsätzliche – auch in Nicht-Pandemie Zeiten – Unterdeckung beim Vorkursangebot (schulischer Anteil) wird von uns bestätigt, unter anderem durch entsprechende Erhebungen. Das RBS (Geschäftsbereiche KITA und PI-ZKB) diskutiert diesen Mangel bereits seit längerem mit dem Staatlichen Schulamt. Dieses ist wiederum abhängig von der Zuweisung durch den Freistaat bzw. die Regierung von Oberbayern.
Aktuell stellt sich zunehmend das Problem, dass von Seiten der Grundschulen der Bedarf an Vorkursen nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann. So melden immer mehr Kindergärten zurück, dass sie die Vorkurse allein bzw. ohne den schulischen Anteil durchführen müssen. Als Grund führen die Schulen in der Regel einen Mangel an Lehrkräften bzw. Unterrichtsstunden an. Diese Entwicklung stellt aus meiner Sicht letztlich den Sinn des Vorkurses Deutsch in Frage. Dieser soll ja gerade in enger Kooperation und in gemeinsamer Verantwortung von Kitas und Grundschulen die Kinder auf den Schuleintritt vorbereiten.
Mit Blick auf die Pandemie, die Familien und Kinder besonders belastet, sollten hier – auch im Sinne der Bildungsgerechtigkeit – die notwendigen Prioritäten gesetzt werden.
Grundsätzlich ist aus meiner Sicht anzumerken, dass sich der Fachkräftemangel wie überall anders auch nicht zu Lasten der Kinder bemerkbar machen darf.
Das Referat für Bildung und Sport wird dies in die entsprechenden Gremien, an denen auch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus beteiligt ist, einbringen. Denn aufgrund der anfänglich geschilderten Zustän-digkeiten ist hier der Freistaat in die Pflicht zu nehmen und gegebenenfalls der Landtag mit dieser Unterversorgung zu befassen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.