Mit Förderpreisen der Landeshauptstadt München 2022 werden für ihre herausragenden Leistungen im Bereich Bildende Kunst Melina Hennicker & Michael Schmidt und Gülbin Ünlü, im Bereich Architektur das Kollektiv P.O.N.R., im Bereich Design Sebastian Thies, im Bereich Fotografie Sima Dehgani sowie im Bereich Schmuck Jasmin Matzakow ausge-
zeichnet. Dies hat die Vollversammlung des Stadtrats heute auf Empfehlung der fünf Jurys beschlossen.
Alle zwei Jahre vergibt die Landeshauptstadt München zwei Förderpreise für Bildende Kunst und jeweils einen Förderpreis für Architektur, Design, Fotografie und Schmuck. Ausgezeichnet werden in München arbeitende und lebende Künstler*innen und Gestalter*innen für künstlerisch herausragende Leistungen beziehungsweise ungewöhnliche künstlerische Positionen in den oben genannten Sparten. Auf Beschluss des Münchner Stadtrats im Rahmen der Förderung „Mit Kultur aus der Krise“ ist die Dotierung erstmals und künftig von 6.000 Euro auf 8.000 Euro erhöht. Die Preise werden am Donnerstag, 5. Mai, 19 Uhr, im Rahmen der Ausstellung der „Förderpreise 2022 der Landeshauptstadt München“ in der Lothringer 13 Halle verliehen. Die Ausstellung mit Werken aller für die Förderpreise 2022 nominierten Künstler*innen, Agenturen und Büros ist noch bis zum 15. Mai in der Lothringer 13 Halle zu sehen.
Die Jury begründete ihre Entscheidungen wie folgt (in Auszügen):
Förderpreis Bildende Kunst an Melina Hennicker & Michael Schmidt
„Seit 2013 arbeiten Melina Hennicker und Michael Schmidt als Künstler*innenduo zusammen. In den von ihnen entwickelten Architekturen und Räumen setzen sie sich explizit mit sozialen Strukturen und deren untergründigen Machtstrukturen auseinander. Der eigene Körper der Künstler*innen dient in diesen künstlichen Räumen als Instrument für ihre prozessorientierten, ergebnisoffenen Versuchsanordnungen.
Das beeindruckend weit gefasste Werk schließt die Erstellung von Objekten, Räumen, Videos und Musik ein, um so multimediale Installationen und Environments als performative Räume entstehen zu lassen. (...)“
Förderpreis für Bildende Kunst an Gülbin Ünlü
„Gülbin Ünlüs Arbeiten sind direkt und hintergründig, haben Schärfe wie auch eine Offenheit, die sich der fließenden Bewegung hingeben kann. In ihrer künstlerischen Praxis amalgamiert Ünlü Performance mit Video und Malerei. Leinwände und Textilien bearbeitet sie mit einer eigenen Technik, bei der sich Drucke zu Malerei auflösen, sich erweitern oder überschrieben werden. Oft handelt es sich dabei um Mash-Ups, deren materielle Grundlagen gleichermaßen klassisch wie popkulturell, privat wie öffentlich, persönlich wie allgemeingültig sein können. Sie schafft Hallräume für präzise politische Aussagen und Environments für poetisches Promenieren. (...)“
Förderpreis für Architektur an das Kollektiv P.O.N.R.
„P.O.N.R. (point of no return) ist ein junges Kollektiv von neun Architekt*innen aus München. Sie arbeiten in unterschiedlichen Architekturbüros, teils freischaffend, in der Lehre oder im Bereich der Szenografie. Als Architekt*innen haben sie gemeinsam noch nie gebaut, sondern rollen in der Form des Kollektivs das Thema von hinten auf, hinterfragen das Gebaute, dessen Wirkung und die zugrundeliegenden Prozesse. Sie übernehmen Verantwortung, sie beteiligen sich aktiv an gesellschaftlichen Fragestellungen im Kontext der Architektur. Sie arbeiten mit der gebauten Umwelt und nutzen diese für diskursive Interventionen. Mit einem unverstellten Blick, mit Comics, Filmen, Debatten und Workshops laden sie dazu ein, den öffentlichen Raum neu zu denken. Sie verlassen dabei bewusst die Blase der Architektur und agieren geschickt mit Werkzeugen und Wissen aus Urbanistik, Soziologie und Theater. (...)“
Förderpreis für Design an Sebastian Thies
„Der Schuhdesigner Sebastian Thies entstammt einer Familie von Schuhherstellern und führt heute das Unternehmen von München-Garching aus bereits in sechster Generation. Das von ihm gegründete Label nat-2 nutzt er, um mit einem hohen Maß an Experimentierfreude und Forscherdrang überraschende Ansätze in der Konstruktion und Gestaltung von Schuhen zu entwickeln (…). Thies schafft es, Schuhe neu zu denken: Indem er Materialalternativen zu Leder und Kunststoff erprobt und dabei Abfälle aus der Lebensmittelindustrie wie Fischhäute und Ochsenblut ebenso wiederverwertet wie Weinkorken oder Textilien (…). Thies zeigt damit, wie ein forschend-experimenteller Ansatz in gleichermaßen unkonventionelle wie nachhaltige, komfortable und nicht zuletzt optisch ansprechende Schuhkollektionen münden kann, mit denen ein traditionelles Handwerk neu belebt wird.“
Förderpreis für Fotografie an Sima Dehgani
„In ihrer künstlerischen Arbeit fokussiert sich die Fotografin und Künstlerin Sima Dehgani auf Porträt- und Dokumentarfotografie und beschäftigt sich mit Themen wie Migration und Identität. Beispielhaft spürt Dehgani etwa in ihrer Serie ,Jewmynka und die verlorene Zeit´ in fotografischer Annäherung der Geschichte des ukrainischen Dorfes Jewmynka nach. (…) Dehgani bettet die Geschichte einer erzwungenen Migration, Flucht und Entwurzelung in einen visuellen Kontext ein, dokumentiert Objekte der Erinnerung und aktuelle Lebensrealitäten der Zeitzeug*innen und ihrer Familien generationenübergreifend, wobei ihre individuelle Herangehensweise an die dokumentarische Fotografie spürbar wird: Verschiedene visuelle Erzählstränge überlagern sich, assoziative Bilder stehen klassischeren dokumentarischen Aufnahmen gegenüber. (...)“
Förderpreis für Schmuck an Jasmin Matzakow
„Die Werke der Schmuckkünstlerin Jasmin Matzakow sind forschender Natur. Die These, dass Schmuck nicht allein existieren kann, sondern Teil eines komplexen Netzwerks ist, das den Menschen eng mit der Umwelt verknüpft, bildet den Ausgangspunkt ihrer Arbeiten. Hierzu gehören Überlegungen zu Sozialverhalten, gesellschaftlichen Normen, ökonomischen Systemen und Ökologie. (...)
In der Werkgruppe ECOTECHNOMAGIC (ab 2018) benutzt Matzakow Materialien, die nur am Rande der kapitalistischen westlichen Kulturen existieren und trotzdem für Menschen von großer Nützlichkeit sein können. Die Schmuckstücke sind aus Brennnesseln hergestellt, die die Künstlerin an verwahrlosten Orten in München gepflückt hat. Die entstandenen Werke bezeugen einen Arbeitsprozess, der eine Auseinandersetzung mit Umwelt und Kommerzialisierung anregt. (...)“
Die vollständigen Jurybegründungen können im Internet unter http://www.t1p.de/foerderpreise-kunst nachgelesen werden.