Gurgelt München wie Wien?
Antrag Stadtrat Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 26.1.2022
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen, die Landeshauptstadt München möge schnellstmöglich Kontakt zur österreichischen Hauptstadt Wien aufnehmen und prüfen, ob sie das Konzept der Covid-Testkampagne „alles gurgelt“ übernehmen kann.
Die Kontaktaufnahme mit einer anderen Stadt zum Zwecke der Prüfung eines Testkonzepts ist weder der Entscheidung der Vollversammlung gemäß §§ 2 bis 4 GeschO vorbehalten, noch liegt eine gesonderte Zuweisung nach § 7 Nr. 3 GeschO für den Gesundheitsausschuss vor. Auch dem Katalog der laufenden Angelegenheiten kann eine Zuständigkeit des Stadtrats nicht entnommen werden. So werden etwa keine Lieferungen und Leistungen mit einem geschätzten Auftragswert von mehr als 2 Millionen Euro vergeben, § 22 Abs. 1 Nr. 3 GeschO. Zudem besteht weder grundsätzliche Bedeutung noch sind erhebliche Verpflichtungen zu erwarten.
Der Inhalt des Antrages betrifft damit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 26.1.2022 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Sie beantragen inhaltlich die Prüfung, ob die zuletzt in den Medien präsente Testkampagne aus der österreichischen Hauptstadt übernommen werden kann, und sehen München für ein Pilotprojekt hervorragend geeignet.
Das „Wiener Modell“ umfasst die Abgabe von bis zu fünf Gurgeltestungen pro Monat auf freiwilliger Basis an die Bürger*innen der Stadt. Die Identitätsprüfung findet mittels Scannen des Ausweises und Kameraaufnahmen während des Gurgelns statt. Wesentlich mitentscheidend für die Qualität einer Testung ist die korrekte Probenentnahme, die hier in nüchternem Zustand mittels Gurgeln erfolgen muss.Dem gegenüberzustellen ist die in der deutschen Coronavirus-Testverordnung (TestV) festgelegte Teststrategie, welche in Bayern bis Ende März 2022 ergänzt wurde durch die Bayerische Teststrategie. Letztere ist – hauptsächlich durch entsprechende Anpassungen der TestV – zwischenzeitlich beendet worden. Gerade in München besteht auf dieser Grundlage ein sehr breit gefächertes, niedrigschwellig erreichbares kostenfreies Testangebot. Für die infektionschutzfachlich relevanten Anlässe ist eine kostenfreie PCR Testung jederzeit verfügbar, im Übrigen stehen anlasslos flächendeckend Schnelltestungen zur Verfügung, die täglich in Anspruch genommen werden können.
Erkennbare positive Auswirkungen auf die Infektionslage in Wien sind durch das oben genannte Angebot unserer Einschätzung nach nicht zu erwarten und zeigen sich nach unseren Informationen auch nicht.
Zudem wäre eine freiwillige Kampagne der Landeshauptstadt weder mit den Kostenerstattungsregeln der Coronavirus-Testverordnung (TestV) noch denen der Bayerischen Teststrategie zu vereinbaren. Anlasslose PCR-Testungen mittels Gurgeltest sind dort jeweils nicht vorgesehen, eine Refinanzierung der Testungen wäre damit ausgeschlossen. Die Landeshauptstadt München müsste also solche Tests letztlich auf eigene Kosten als freiwillige Leistung anbieten.
Außerdem könnten für solche Gurgeltests keine wirksamen Testnachweise ausgestellt werden. Ein gültiger Testnachweis ist nach § 22a Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nur dann gegeben, wenn die zugrundeliegende Testung vor Ort unter Aufsicht desjenigen stattgefunden hat, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist (Nr. 1), im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal erfolgt ist, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzt (Nr. 2) oder von einem Leistungserbringer nach § 6 Absatz 1 der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder vor Ort überwacht worden ist (Nr. 3). Bei den in Wien vorgenommenen Gurgeltests wären diese Voraussetzungen nicht erfüllt, insbesondere stellt die bloße Durchführung des Gurgelns vor einer Kamera keine ausreichende Überwachung durch einen Leistungserbringer dar. Auch § 4 Abs. 2 der inzwischen außer Kraft getretenen Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV), der im Übrigen auf § 22a IfSG verwies, sah eine solche Möglichkeit nicht vor.
Nur wenn künftig auf Bundes- oder Landesebene die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden, um in gleicher Weise wie in Wientesten zu können, erscheint eine Anpassung des Geschehens auch in München sinnvoll. Eine Änderung der Teststrategie auf Bundes- und Landesebene ist allerdings unwahrscheinlich.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.