Diskriminierungsfreier Sport in München – Sexualisierte Gewalt verhindern
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 13.4.2021
Antwort Statschulrat Florian Kraus:
Auf Ihren Antrag vom 13.4.2021 nehme ich Bezug und bedanke mich für die Fristverlängerung.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Bei dem Inhalt Ihres Antrags handelt es sich jedoch um eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher nicht möglich, weshalb die Beantwortung auf diesem Wege erfolgt.
Der Antrag lautet wie folgt: „Das Fünf-Punkte-Präventionskonzept gemäß der Münchner ,Leitlinie zur Prävention sexualisierter Gewalt‘ muss in jedem Verein, nicht nur denen, die die Sportförderung Münchens erhalten, umgesetzt werden.“
Hierzu teile ich Ihnen Folgendes mit:
Bei der von Ihnen angesprochenen Thematik, handelt es sich um eine fortwährende Querschnittsaufgabe im organisierten Sport sowie in der Verwaltung. Sie wird von verschiedenen Akteuren sowie Institutionen in Kooperation eingehend wahrgenommen. Im Netzwerk findet regelmäßig ein gegenseitiger Austausch über aktuelle Beratungsangebote und Qualifizierungen statt.
Im Folgenden ein kurzer Überblick über aktuelle Maßnahmen zum Thema Prävention vor sexualisierter Gewalt (PsG) sortiert nach Akteuren:
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Dachverband des or-
ganisierten Sports hat sich und seine Mitgliedsorganisationen mit der Unterzeichnung der Erklärung „Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport – Vorbeugen und Aufklären, Hinsehen und Handeln!“ dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Prävention von und Intervention bei sexualisierter Gewalt im Sport umzusetzen. Die Realisierung dieser Maßnahmen liegt bei den einzelnen Landessportbünden, Spitzenverbänden und Verbänden gemein-sam mit ihren Jugendorganisationen. Die Deutsche Sportjugend (dsj), die die Aktivitäten zur PsG für den DOSB koordiniert, unterstützt die Mitgliedsorganisationen zu dem Themenfeld u.a. mit Hilfe von Materialien und Veranstaltungen.
Die Bayerische Sportjugend (BSJ) als Jugendorganisation des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV) hat einen Muster-Verhaltenskodex verfasst, welcher auf die individuellen Situationen von Sportvereinen angepasst werden kann. Des Weiteren liefert der BSJ verschiedene schriftliche Arbeitshilfen und Schulungen für das Themenfeld PsG. Aktuell werden die Online-Seminare „Schützt uns – Zeigt Verantwortung“ und „Schutzelemente einführen“ zur Vermittlung von Basiswissen zur Prävention vor sexualisierter Gewalt im Kinder- und Jugendsport angeboten. Die BSJ führt auch Schulungsveranstaltungen für die Zielgruppe „Vertrauenspersonen im Sportverein/-verband“ durch. Um aktuelle Themen und Neuerungen des Arbeitsgebietes PsG zu besprechen, lädt die BSJ außerdem zu einem Vernetzungstreffen mit den Vertrauenspersonen von Sportverbänden, Kreisen, Bezirken und Sportvereinen ein, um Erfahrungen und Wissen zu teilen. PsG ist außerdem verbindlicher Inhalt der vom BLSV angebotenen Ausbildung zum Übungsleiter-C Breitensport Kinder/Jugendliche. In zwei Unterrichtseinheiten werden die angehenden Übungsleiter*innen zum Thema sensibilisiert und die Selbstverpflichtung der Bayerischen Sportjugend vorgestellt sowie unterzeichnet.
Der Bayerische Jugendring (BJR) verfolgt mit seiner Fachstelle „Prätect“ die Umsetzung einer Gesamtstrategie für Schutzmaßnahmen, die die spezifischen Strukturen und Prinzipien von Jugendarbeit einbeziehen und auf allen Ebenen von Jugendverbänden wirksam werden. Prätect unterstützt die Jugendverbände in ihrer Jugendarbeit durch verschiedene Angebote. Hierzu zählen unter anderem Informationsmaterialien und Praxishilfen, Informationsveranstaltungen, Schulungen und Tagungen, Individuelle Beratung zu möglichen Schutzmaßnahmen, Vernetzung und Kooperation der unterschiedlichen Zielgruppen und Ansprechpartner*innen und eine sechsteilige Zusatzqualifikation für Leitungs- und Fachkräfte.
Die Münchner Sportjugend (MSJ), die in die BSJ und den BJR eingegliedert ist, unterstützt Münchner Vereine in ihrer Arbeit der PsG durch entsprechende Präventions- und Beratungsangebote. Gemeinsam mit Expert*innen verschiedener Informations- und Beratungsstellen (Bayerische Sportjugend, Frauennotruf, Imma e.V., KIBS, Kinderschutzzentrum, Wildwasser e.V., Amyna e.V.) bietet die MSJ für interessierte Mitarbeiter*innen in der sportlichen Jugendarbeit mehrmals im Jahr kostenfreie Seminar-abende zu diesen Themen. Zusätzlich bietet die MSJ den Sportvereinen im BLSV-Sportkreis München-Stadt die Möglichkeit, Informationsabende zum Thema „Prävention sexueller Gewalt“ vor Ort vereinsbezogen durchzuführen. Möglich sind zum einen Basis-Informations-Veranstaltungen zur Einführung in das Thema und zum anderen umfassende Seminarabende, deren Schwerpunkte auf die Bedürfnisse des jeweiligen Vereins zugeschnitten werden können. Dabei werden unter anderem auch Empfehlungen zu Einführung eines eigenen Verhaltenskodex im Verein vermittelt.
Das Referat für Bildung und Sport hat eine Leitlinie zur Prävention vor sexualisierter Gewalt erarbeitet. Diese Leitlinie umfasst ein Fünf-Punkte-Präventionskonzept, dessen Verwirklichung allen Vereinen und Institutionen im Sport empfohlen wird.
Nach §1 Ziffer 4 der Sportförderrichtlinien der Landeshauptstadt München gelten seit dem 1.1.2018 verpflichtende Maßnahmen zur Überprüfung der Eignung von Mitarbeiter*innen im Kinder- und Jugendbereich für Zuschussnehmer*innen, welche Fördermittel aus der kommunalen Sportförderung erhalten. Zu diesen verpflichtenden Maßnahmen zählen die Unterzeichnung von Selbstverpflichtungserklärungen durch alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sowie die Vorlage eines zum Zeitpunkt der erstmaligen Vorlage maximal drei Jahre alten erweiterten Führungszeugnisses, alternativ eine entsprechende Unbedenklichkeitsbescheinigung. Zusätzlich besteht eine Dokumentationspflicht dieser Maßnahmen, da deren pflichtgemäße Umsetzung stichprobenartig durch das Referat für Bildung und Sport überprüft wird.
Die Leitlinie zur Prävention vor sexualisierter Gewalt des Referats für Bildung und Sport ist in Form einer Broschüre oder als Online-Dokument frei erhältlich.
Die hier dargestellten Maßnahmen haben alle ein gemeinsames Ziel: Die Enttabuisierung der Thematik PsG und das Schaffen einer „Kultur der Aufmerksamkeit“ im organisierten Sport. Es sind Akteure wie z.B. die Sportvereine, welche letztendlich in der Verantwortung stehen, Präventionsmaßnahmen in den eigenen Strukturen nachhaltig zu verankern. Jedoch unterstützen die hier beschriebenen Angebote der Organisationen sowie der Verwaltung die Vereine bei dieser Aufgabe. Durch Informationsvermittlung wird Wissens- und Handlungskompetenz in den Vereinen vor Ort etabliert. Tätige im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit im Sport werden zum einen für das Thema PsG sensibilisiert, zum anderen lernen sie, wie in entsprechenden Situationen zu reagieren und zu handeln wäre. Das vielfältige Angebot an Maßnahmen ist über alle Ebenen des organisierten Sports vernetzt. Diese Zusammenarbeit hat bereits dazu beigetragen, dassdie Thematik tiefer in die Strukturen des organisierten Sports gedrungen ist und an Relevanz gewonnen hat.
Eine 100%ige Sicherheit kann es aber nicht geben, deshalb ist ein auf den jeweiligen Verein individuell abgestimmtes Präventionskonzept mit einer Kombination verschiedener Schutzelemente und einer „Kultur der Aufmerksamkeit“ unabdingbar. Die Vereine werden hierbei bereits bestmöglich durch die dargestellten Akteure und Maßnahmen unterstützt.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.