Strategisches Konzept zum Einsatz der verkaufsoffenen Sonntage
Antrag Stadträte Hans Hammer und Hans-Peter Mehling (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 22.9.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Mit Schreiben vom 22.9.2022 haben Sie Folgendes beantragt:
Die Stadtverwaltung solle ein strategisches Konzept zum Einsatz der vier aufgrund von Bundesgesetzen und Landesverordnungen zur Verfügung stehenden verkaufsoffenen Sonntage für 2023 und die Folgejahre auf Grundlage zu erwartender Besucherströme, Kreuzwirkungen mit Kongressen und stadtweiten Events sowie bisherigen Einzelhandelsstatistiken erstellen.
Insbesondere sei zu prüfen, ob die städtische Verordnung über die Freigabe von Verkaufszeiten während des allgemeinen Ladenschlusses (LadenschlussV440) dahingehend abzuändern ist, dass
-„der bisher beschränkt freigegebene 3. Oktober ganz frei gegeben wird (§ 5)
-der bisher beschränkt freigegebene Faschingssonntag ganz freigegeben oder verschoben wird (§ 4)
-der bisher beschränkt freigegebene erste Oktoberfest-Sonntag verscho- ben wird (§ 5)
-der bisher noch ungenutzte vierte mögliche verkaufsoffene Sonntag oder Feiertag dem 1. Adventssonntag, falls dieser wie 2022 im November liegt, oder alternativ dem Stadtgründungsfest zugeordnet wird.“ Außerdem sei zu beantragen, dass die Münchner Innenstadt in die Liste der Kur-, Ausflugs-, Wallfahrts- oder Erholungsorte nach § 10 des Ladenschlussgesetzes und der sog. „Bayerischen Ladenschlussverordnung“ auf Landesebene aufgenommen wird und somit Souvenirläden (keine anderen Händler) dort auch an Sonn- und Feiertagen „Devotionalien, frische Früchte, alkoholfreie Getränke, Milch, Milcherzeugnisse im Sinn des § 4 Abs. 2 des Milch- und Fettgesetzes, Süßwaren, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind“, also Souvenirs, verkaufen können.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihren konkreten Antragspunkten möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Für das Bundesland Bayern regelt das Ladenschlussgesetz (LadSchlG) die zulässigen Öffnungszeiten für Verkaufsstellen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Lad-SchlG müssen Verkaufsstellen grundsätzlich an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kund*innen geschlossen sein.
Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gemäß § 14 Abs. 1 LadSchlG an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Die entsprechenden Tage können von den zuständigen Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben werden.
Die Landeshauptstadt München hat mit der Verordnung über die Freigabe von Verkaufszeiten während des allgemeinen Ladenschlusses (Ladenschlussverordnung) von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Konkret bedeutet dies, dass jedes Jahr anlässlich des Oktoberfestes am 1. Oktoberfestsonntag sowie am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober und anlässlich des Faschingstreibens in der Fußgängerzone der Verkauf von bestimmten Waren zugelassen ist.
Neben diesen drei Möglichkeiten verbleibt eine weitere Ausnahmemöglichkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 LadSchlG. In begründeten Einzelfällen, wie zum Beispiel 2005 im Rahmen der Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Stadterhebung von Pasing im Jahre 1905, wird eine Verordnung zur Freigabe des vierten möglichen Sonntags erlassen.
Zuletzt erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 18.5.2016 die geänderte Ladenschlussverordnung im Hinblick auf die Freigabe des vierten Sonntages im Sinne von § 14 Abs. 1 LadSchlG anlässlich des Stadtgründungsfestes für unwirksam. Der Verwaltungsgerichtshof setzte für die Festlegung einer Ausnahme zur Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen anlässlich von Messen, Märkten und ähnlichen Veranstaltungen erhebliche Hürden. So muss insbesondere detailliert nachgewiesen werden, dass der überwiegende Teil der Besucher*innen allein wegen der stattfindenden Veranstaltung und nicht wegen der Öffnung der jeweiligen Geschäfte das betreffende Stadtgebiet aufsucht.
Darüber hinaus können Landesregierungen nach § 10 Abs. 1 und 2 des Ladenschlussgesetzes durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen in Ausflugsorten mit besonders starkem Fremdenverkehr bestimmte Waren (Badegegenstände, Devotionalien, frische Früchte, alkoholfreie Getränke, Milch- und Milcherzeugnisse, Süßwaren, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind) abweichend von den normalen Ladenschlusszeiten an jährlich höchstens vierzig Sonn- und Feiertagen bis zurDauer von acht Stunden verkauft werden dürfen. In Bayern wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bayerische Ladenschlussverordnung erlassen, in deren Anlage die Liste der Gemeinden und Gemeindeteile geführt wird, in denen ein Verkauf an Sonntagen erlaubt ist.
München ist in dieser Liste mit dem Olympiapark und seit 26.7.2005 auch mit dem Fußballstadion Fröttmaning berücksichtigt. Die konkreten Tage sowie die acht Stunden Verkaufszeiten wurden in der Ladenschlussverordnung der Landeshauptstadt München (§§ 2 und 3) festgelegt. Die Aufnahme in die Liste ist allerdings nur möglich, wenn die einschlägigen Kriterien für die Anerkennung als Kur-, Ausflugs-, Wallfahrts- oder Erholungsort gemäß § 10 Abs. 1 und 2 Ladenschlussgesetz erfüllt werden. Voraussetzungen sind der Nachweis eines besonders starken Fremdenverkehrs mit Versorgungsbedürfnissen der Touristen nach bestimmten Waren und die Berücksichtigung lokaler Belange.
Zudem ist bei Aufnahme in die Anlage der Bayerischen Ladenschlussverordnung eine Beschränkung auf bestimmte Einzelhandelsbetriebe (z.B. Souvenirstände) nicht möglich. Von der Möglichkeit zur Sonntagsöffnung könnten dann alle Betriebe innerhalb des umschriebenen Gebiets profitieren, die überwiegend Artikel aus den oben genannten Warengruppen anbieten. Auch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hat auf unsere diesbezügliche Anfrage vom 16.7.2021 unter Bezugnahme auf § 23 LadSchlG mitgeteilt, dass man dem Anliegen, nur bestimmten Einzelhandelsbetrieben (Souvenirläden) in einem definierten Gebiet die Sonntagsöffnung zu ermöglichen, auch nicht über eine Ausnahme im öffentlichen Interesse nachkommen könne.
Sowohl die Sonntagsöffnung von Souvenirgeschäften als auch das Ermöglichen von weiteren verkaufsoffenen Sonntagen waren in den letzten Jahren vermehrt Gegenstand von Anträgen aus der Mitte des Stadtrates sowie Anlass für Beschlussfassungen durch den Stadtrat. Trotz dieser Initiativen hat sich in den letzten Jahren nichts an der für München geltenden Rechtslage verändert.
Auf Ihren Antrag hin hat das Kreisverwaltungsreferat am 1.2.2023 zu einem Austausch zu den oben genannten Punkten eingeladen. Teilgenommen haben neben Vertreter*innen von Verdi und dem Innenstadtkreis der Betriebsräte in München auch das Erzbischöfliche Ordinariat, der Handelsverband Bayern, CityPartner München e.V. sowie das Referat für Arbeit und Wirtschaft (RAW).In einem regen Austausch wurde die gegenwärtige Situation des innerstädtischen Handels beleuchtet sowie mögliche Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Münchner Innenstadt thematisiert. Es bestand breiter Konsens, dass es einer Vielzahl an Maßnahmen bedarf und die Sonntagsöffnung hier nur ein kleiner Baustein in einem Gesamtkonzept sein kann. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat sich bei den Arbeitnehmervertretungen allerdings das Meinungsbild nicht verändert, was den Umgang mit den Ladenöffnungszeiten betrifft. Einig war man sich dahingehend, dass eine Änderung der Ladenschlussverordnung nur dann in Frage käme, wenn unter den Beteiligten diesbezüglich Einigkeit herrsche. Demnach fehlt es aktuell an einer Basis für eine Änderung der geltenden Ladenschlussverordnung. Eine neuerliche Befassung des Stadtrates ist vor diesem Hintergrund nicht zielführend.
Auch wenn der erneute Austausch zwischen den beteiligten Akteur*innen zum Thema Sonntagsöffnung zu keiner Veränderung des Meinungsbilds geführt hat, betont das Referat für Arbeit und Wirtschaft, dass der Antrag der CSU ausdrücklich unterstützt wird, und begrüßt grundsätzlich alle Maßnahmen, die den stationären Münchner Einzelhandel und die Attraktivität der Münchner Innenstadt stärken. Der Einzelhandel und insbesondere die Geschäfte in der Münchner Innenstadt leiden bekanntermaßen unter den aktuellen Krisen, dem Strukturwandel im stationären Handel und den daraus folgenden Umsatzeinbußen. Die Stadt sollte daher alle Möglichkeiten ergreifen, um die Innenstadt attraktiv zu erhalten und die ansässigen Geschäfte zu unterstützen.
Das vorliegende Antwortschreiben wurde mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft abgestimmt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.